Fast sieben Minuten lang habe Patrick Schröder, eines der bekanntesten Gesichter der Oberpfälzer Neonazi-Szene, auf der Demonstration der Impfkritiker und Maßnahmenverweigerer am vergangenen Montag in Amberg gesprochen. Als Hauptredner soll dort auch der Kreisvorsitzende der Regensburger AfD, Dieter Arnold, aufgetreten sein. Und das nicht zum ersten Mal, wie das Oberpfälzer Bündnis für Toleranz und Menschenrechte (kurz OBTM) herausgefunden hat. Arnold habe bereits vor zwei Wochen eine Demonstration in Amberg als Bühne genutzt. Darauf machte das OBTM nun in einer Mitteilung an die Presse aufmerksam.
"Wir haben Videos und Bilder von der Demo bei Telegram gesehen, analysiert und sind nun tätig geworden. Denn dort wurde auch die komplette Rede von Dieter Arnold geteilt und die von Patrick Schröder", erzählt Michael Sandner vom Oberpfälzer Bündnis. Den mehreren hundert Zuhörern habe sich Arnold in Amberg als „besorgter Bürger“ präsentiert und dabei die Menge immer wieder mit Durchhalteparolen aufgepeitscht. Schröder, ehemals NPD-Aktivist und heute mit einem eigenen, rechtsextremen Netzwerk aus Online-Videoportal, Webradio und als Gründer eines rechten Modelabels aktiv, hätte die ihm in Amberg gebotene Bühne ebenfalls genutzt, um gegen Politiker und Medien zu hetzen.
Damit würde sich die Szene in Amberg nun genau so entwickeln, wie es das Oberpfälzer Bündnis vorausgesagt hatte: "Rechtspopulistische und rechtsextreme Gruppierungen unterwandern zielgerichtet den Protest", heißt es in der Presseinfo. Weiter wird darin erklärt: "Das Vorgehen ist nicht neu, scheint aber nun auch in Amberg zu funktionieren: Unbedarfte Organisatoren bieten eben leider nicht nur Menschen aus der politischen Mitte ein Podium, und eine Möglichkeit, ihre Gefühle und Ängste zu artikulieren, sondern auch rechten Stimmungsmachern."
Strohmänner für Rechtsextreme
Ordnungsgemäß angemeldet waren die Demonstrationen und Kundgebungen, bestätigt Susanne Schwab, die Pressesprecherin der Stadt Amberg. Wer auf diesen Veranstaltungen letztlich aber spricht, das wüssten weder Polizei noch Behörde. "Wir befürchten, dass selbst die Anmelder der Demos teilweise nicht wissen, für wen sie da als Strohmänner fungieren", schildert Sandner. "Sie sind sich möglicherweise gar nicht bewusst, mit welchen Potenzialen sie da spielen. Das ist das Gefährliche an der Sache."
Patrick Schröder stellte sich dem OBTM zufolge bei der Kundgebung in Amberg als „Patrick aus Weiden“ vor, seine politischen Aktivitäten erwähnte er mit keinem Wort. Stattdessen habe er die Menge zu „Lügenpresse“-Rufen motiviert, gegen die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel gehetzt und den Kampf gegen Corona ins Lächerliche gezogen. Dieter Arnold habe sich den Demonstranten am Montag als Ex-Soldat, Vater und Unternehmer präsentiert. "Er inszenierte sich in Amberg als unbeugsamer Widerstandskämpfer und betonte, wie gut ihm Amberg gefalle – einen Hinweis auf seine Tätigkeit für die AfD, immerhin war er in seinem Wahlkreis Bundestagskandidat, blieb er schuldig", schreibt das Bündnis für Toleranz und Menschenrechte.
Warnung vor politischen Rattenfängern
Wer Schröder und Arnold also nicht kannte, konnte sie gar nicht einordnen und verortete sie in der Protestbewegung. Genau hier liegt laut OBTM das Problem. "Rechtsextreme und AfD-Politiker sammeln hier Sympathien und verschieben so die Grenzen des Tolerierbaren immer weiter nach rechts." Die überwiegende Mehrheit der Demonstranten dürfte kaum gewusst haben, wem sie da zujubelt. "Unserer Meinung nach wird versucht, diese Demonstrationen strukturell als Trojanisches Pferd zu nutzen", sagt Michael Sandner. "Natürlich dürfen die Menschen demonstrieren, aber sie sollten wissen, wem sie da nachlaufen, und nicht politischen Rattenfängern in die Fänge geraten."
Hans Lauterbach, der Sprecher des OBTM, erzählt, dass AfD-Politiker Dieter Arnold in Amberg ganz offenkundig "Umsturzfantasien" verbreitet hätte. In seiner Rede habe er immer wieder gefordert, die "Regierung muss weg" oder betont, er lasse sich von niemandem den Mund verbieten, "auch nicht von der Polizei oder sonst wem". Neonazi Patrick Schröder soll sich nach Einschätzung des Oberpfälzer Bündnisses um einen möglichst bürgerlichen Anstrich bemüht und auf die Seite der Ungeimpften gestellt haben.
Zeichen in Gesellschaft setzen
„Wir verstehen Menschen, die sich mit all den Auflagen in der aktuellen Situation unwohl fühlen, die sich einen schnelleren Abbau der Maßnahmen wünschen. Und auch eine ergebnisoffene Debatte um die Impfpflicht befürworten und fordern wir", macht Lauterbach deutlich. "Was wir aber verurteilen, sind gezielte Falschaussagen, Desinformation und vor allem die Unterwanderung dieser Demonstrationen von Rechtsaußen. Wir fordern die Politiker in den Rathäusern, Stadt- und Gemeinderäten, die Vertreter von Kirchen, Verbänden und Vereinen und die Zivilgesellschaft dazu auf, dieser Entwicklung bewusst und entschlossen entgegenzutreten." Die Gefahr sei real und nicht mehr zu unterschätzen.
"Dass ein Neonazi wie Patrick Schröder hier eine bürgerliche Bühne bekommt, spricht Bände. Jetzt liegt es an uns allen, in verantwortungsvolle Diskussionen und Gespräche zu gehen und auch die abzuholen, auf die es die AfD und andere rechte Gruppen abgesehen haben: Die Menschen aus der Mitte der Gesellschaft“, heißt es in der Presseinfo weiter. Eine Möglichkeit, öffentlich Stellung zu beziehen, sieht das Oberpfälzer Bündnis für Toleranz und Menschenrechte in der „Amberger Erklärung“, die inzwischen von über 3800 Menschen unterzeichnet wurde.
"Wir befürchten, dass selbst die Anmelder der Demos teilweise nicht wissen, für wen sie da als Strohmänner fungieren."
"Dass ein Neonazi wie Patrick Schröder hier eine bürgerliche Bühne bekommt, spricht Bände.“
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