An den Gesundheitsämtern in der nördlichen und mittleren Oberpfalz liegt es nicht, dass die aktuellen Coronazahlen des Robert-Koch-Instituts wohl nur mit gewisser Vorsicht zu genießen sind. Die Ämter in Tirschenreuth und Schwandorf, für Weiden und Neustadt/WN sowie Amberg und Amberg-Sulzbach waren auch über die Feiertage besetzt und haben das Landesamt für Gesundheit und darüber das RKI mit aktuellen Fallzahlen aus der Region versorgt. Das zeigt eine Nachfrage bei den Ämtern zum Anfang des neuen Jahres.
"Das Gesundheitsamt Amberg arbeitet und meldet täglich, also auch an Feiertagen und Wochenenden, und hat diesen Sieben-Tage-Rhythmus seit Beginn der Pandemie", erklärt Amtsleiter Dr. Roland Brey. Aus den anderen Ämtern fällt die Rückmeldung ganz ähnlich aus. "Das Gesundheitsamt ist täglich besetzt, auch an Sonn- und Feiertagen, an Silvester und an Neujahr. Verzögerungen im Bereich der Labore sind uns aktuell nicht bekannt", meldet etwa Landratsamtssprecher Hans Prechtl für das Gesundheitsamt Schwandorf. Und auch bei den Ämtern Neustadt/Weiden und Tirschenreuth gebe es derzeit keinerlei Rückstau an noch nicht gemeldeten Fällen.
25 Prozent weniger Tests
Dass die Zahlen den tatsächlichen Stand des Infektionsgeschehens in der Region widerspiegeln, bedeutet dies aber noch lange nicht. Auch darauf weisen die Leiter der Gesundheitsämter allesamt hin. Die Feiertage wirken sich auf das Testgeschehen aus, auf das die Ämtern sehr wenig Einfluss haben: Wo weniger gearbeitet wird, wird auch weniger getestet. Das zeigen beispielsweise Zahlen aus dem Landkreis Tirschenreuth. In den dortigen Testzentren seien in den Kalenderwochen 49/50, also vor den Feiertagen, 11 739 Tests absolviert worden, davon 1590 PCR und 10 149 Schnelltests, informiert Dr. Susanne Seidl-Pillmeier. Laut der stellvertretenden Leiterin des Gesundheitsamtes sei die Testzahl mit den Festtagen in KW 51/52 um mehr als 25 Prozent gesunken. Insgesamt gab es dann nur mehr 8627 Tests. Hinzu kommen Arztpraxen, die derzeit im Weihnachtsurlaub sind, und keine Testungen übernehmen. Auch, wer über die Feiertage nicht zur Arbeit geht, lässt sich vermutlich seltener testen, schon alleine deshalb, weil der für Ungeimpfte obligatorische Test am Arbeitsplatz entfällt.
Immerhin meldet das Landratsamt Schwandorf auch, dass zu den Feiertagen die Testangebote bei verschiedenen Hilfsorganisationen gut nachgefragt worden seien.
Schultests wiegen mehrfach
Besonders zur Verzerrung dürften aber die ausgefallenen Testungen in den Schulen beigetragen haben. Dort wird besonders häufig kontrolliert, Schüler sind die "am besten getestete Bevölkerungsgruppe", sagt Roland Brey. Zudem überwachen die Tests in den Schulen immer auch indirekt die Eltern der Kinder mit. Schließlich lassen die sich auch testen, sobald ein Kind einen positiven Test mit nach Hause bringt. "
Untererfassung ist wahrscheinlich
Auch wenn es nicht möglich ist, die Folgen dieser feiertagsbedingten Änderungen quantitativ abzuschätzen, dass sie die gemeldeten Zahlen beeinflussen, scheint doch klar zu sein, genau wie die Richtung der Beeinflussung: Die Effekte können "die Fallzahl im Sinne einer Untererfassung beeinflussen, es ist somit davon auszugehen, dass das tatsächliche Infektionsgeschehen höher ist", fasst Dr Seidl-Pillmeier zusammen."Das Ausmaß der Abweichung kann nicht beurteilt werden", erklärt dszu Dr. Thomas Holtmeier.
Der Leiter des Gesundheitsamtes Neustadt/Weiden verweist zudem auf die Zahlen des LGL, das für ganz Bayern tagesaktuell die Zahlen der absolvierten PCR-Tests angibt. Die Kurve zeigt deutlich, wie die Testzahlen in der zweiten Dezemberhälfte zurückgehen, vor allem seit Heiligabend.
Allerdings lässt sich beim LGL auch die Rate der positiven Testergebnisse ablesen und diese ist seit dem 24. Dezember nur leicht angestiegen. In der Regel kann man davon ausgehen, dass die sogenannte Positivrate steigt, wenn es viele unerkannte Infektionen gibt, weil sich nur noch Menschen testen lassen, bei denen Krankheitssymptome den Verdacht auf einen Infektion nahe legen. Dass der entsprechende Wert nicht stärker gestiegen ist, immer noch deutlich unter dem Niveau von Mitte Dezember liegt, könnte man so interpretieren, als wäre die Dunkelziffer zumindest nicht völlig explodiert.
Omikron schwappt in die Region
Auch wenn das für die Situation bis zum Jahreswechsel zumindest kein schlechtes Signal ist: Die Experten von den Gesundheitsämtern der Region rechnen dennoch damit, dass auch die ausgewiesenen Fallzahlen spätestens ab nächster Woche deutlich ansteigen werden: Für die Erklärung reicht ein Wort: Omikron.
"Wir gehen davon aus, dass nach Schulbeginn ein starker Anstieg zu verzeichnen sein wird", erklärt zum Beispiel Roland Brey für die Bereiche Amberg und Amberg-Sulzbach. Dann gehen die Testzahlen wieder nach oben und damit dürfte sich auch die Auswirkung der neuen Virusvariante deutlicher zeigen. "Omikron ist bereits angekommen, die Nachweise steigen von Tag zu Tag und führen zu einer Trendumkehr", erklärt Brey. Dabei zeigt sich, dass sich die Ansteckungen immer öfter hier vor Ort abspielen. Anfangs seien fast alle entdeckten Fälle noch von einer Auslandsreise "mitgebracht" worden.
Verzögerung beim Nachweis
Thomas Holtmeier verweist außerdem darauf, dass die Omikron-Fallzahlen den nachgewiesen Infektionen hinterherhinken. Um die neue Variante zweifelfrei festzustellen, sei die sogenannte Sequenzierung einer positiven Probe nötig. Ein Omikron -Nachweis sei deshalb in der Regel auf eine Ansteckung ein bis zwei Wochen zuvor zurückzuführen, erklärt Holtmeier.
Dass sich die Verbreitung der Omikron-Variante beschleunigt zeigt auch das Geschehen am Gesundheitsamt Schwandorf: Am 30. Dezember gab das Amt für den Landkreis noch 10 nachgewiesene Omikronfälle an – am 3. Januar waren es bereits 26 solcher Fälle. "In den sieben Tagen vom 24. bis 30. Dezember betrug der Anteil der Omikron-Fälle an allen Fällen dieser sieben Tage 6,6 Prozent", teilt Hans Prechtl mit. Und: "Dieser Anteil wird deutlich ansteigen." Auch er verweist auf den Zeitverzug beim Nachweis der neuen Variante.
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