Amberg
03.01.2019 - 16:20 Uhr

Nach Prügelattacke von Jugendlichen: So erleben Flüchtlingshelfer die Situation

Die vier jugendlichen Asylbewerber, die auf Passanten in Amberg eingeschlagen haben, sorgen bundesweit für Schlagzeilen. Wie nehmen Sozialarbeiter und Ehrenamtliche, die sich in der Asylhilfe engagieren, die entbrannte Diskussion auf?

In ihren Beratungssprechstunden erlebt Sozialpädagogin Anne Kuchler oftmals Verzweiflung bei den jungen Asylbewerbern. Bild: spw
In ihren Beratungssprechstunden erlebt Sozialpädagogin Anne Kuchler oftmals Verzweiflung bei den jungen Asylbewerbern.

Der Ruf der Stadt Amberg leide womöglich darunter, was am Wochenende geschehen ist. "Das ist so schade, denn unser Integrationsnetzwerk arbeitet vorbildlich. Gerade die Stadt hat so viele Maßnahmen unternommen, damit Integration gelingt", bedauert der Amberger Caritas-Geschäftsführer, Günther Koller. Soll das jetzt nichts mehr wert sein? Bleibt die Attacke der vier jugendlichen Asylbewerber, die nicht hier untergebracht waren, am Image der Stadt haften? "Hoffentlich nicht. Hoffentlich ist das Ansehen unserer Arbeit nicht in Mitleidenschaft gezogen worden. Denn ein zweites so gut funktionierendes Netzwerk zu finden, ist schwer."

Amberg03.01.2019

Seine Kollegin, Sozialpädagogin Anne Kuchler, hat an diesem Tag bereits ein Interview gegeben, wie sie über die Auswirkungen der prügelnden Asylbewerber denkt. Sie weiß, wie es Jugendlichen geht, wenn sie hier kaum mehr eine Perspektive haben. Wenn die Abschiebung in ein mal sicheres, mal wieder unsicheres Land wie Afghanistan droht. Vor 25 Jahren hat sie ehrenamtlich die Flüchtlingshilfe in Amberg mitgegründet.

Enormer psychischer Druck

Kuchler bietet eine Sprechstunde für Flüchtlinge an. Dort hilft sie beim Beantworten von Behördenpost. Sie greift unter die Arme, wenn ein Anwalt gebraucht wird. Und sie bekommt mit, unter welchem enormen psychischen Druck vor allem junge Asylbewerber stehen. "Man erwartet von ihnen, dass sie sich schnell integrieren. Auf der anderen Seite wird den Jungen oft mit einer ablehnenden Haltung begegnet. In der Beratung erlebe ich oft Verzweiflung." Das sei keine mögliche Entschuldigung, dass die vier wahllos auf Passanten eingeschlagen haben. "Wie der Oberbürgermeister schon gesagt hat: Das muss strafrechtliche Konsequenzen haben."

Drei E-Mails hat Kuchler in den vergangenen Tagen erhalten: Teilweise mit Klarnamen gratulieren ihr Fremde für ihre "prügelnden Goldstücke, die Sie ins Land geholt" hat. "Das interessiert mich nicht", sagt sie mit fester Stimme. Vielmehr ärgere sie, dass oft genug Politiker "wider besseren Wissens Falschinformationen verbreiten".

Keine Pauschalisierung

Auf das Schärfste verurteilt die Bürgerinitiative "Amberg hilft Menschen" die Vorkommnisse: "Selbstverständlich müssen diese Straftaten mit aller Härte geahndet werden", erklärt Werner Konheiser. Dennoch warnt er vor Pauschalisierungen und Instrumentalisierung: "Die große Mehrheit der Asylbewerber in Amberg verhält sich friedlich. Wir dürfen diesen Vorfall vor allem nicht von Populisten hochspielen lassen."

Mittlerweile sei die Arbeit, die Konheisers Bürgerinitiative ehrenamtlich leiste, weniger geworden im Vergleich zu den Jahren 2015 und 2016. Trotzdem habe er noch immer Kontakt zu den rund 250 Flüchtlingen, die er in dieser Zeit bei der Wohnungssuche oder Behördengängen begleitet hat. "Mir ist keiner bekannt, der straffällig oder gar gewalttätig geworden ist."

Ausländische Familien seien bei der Ankunft hier in Deutschland nie ein Problem gewesen, erinnert sich Konheiser. "Sie haben schnell eine eigene Unterkunft bekommen. Inzwischen sind sie gesellschaftlich gefestigt, in Arbeit, fahren teilweise sogar Auto." Anders sehe es bei den Alleinstehenden aus. "Schon vor zwei Jahren haben wir davor gewarnt: Wenn Alleinreisende zusammengepfercht werden und keine eigene Bleibe haben dürfen, wird eine Art Lagerkoller entstehen. Dass irgendwann in der Perspektivlosigkeit Alkohol oder Drogen dazukommen könnten, unterscheidet Flüchtlinge nicht von Deutschen."

Nach der nun bundesweit bekannten Tour der vier Jugendlichen haben auch Konheiser und seine Mitstreiter wieder beschimpfende Mails und Postings in den Sozialen Medien empfangen. "So einer wie Du richtet unseren Staat zugrunde" heißt es da. Darunter seien Extremrechte, die Konheiser namentlich auch bekannt sind, aber auch viele aus dem bürgerlich-konservativen Lager. "Die halten sich aber meist noch zurück, weil sie sich vor den strafrechtlichen Konsequenzen fürchten." Wie allerdings eine Nachricht "So einer wie Du gehört weg" zu verstehen ist, weiß auch Konheiser.

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Kommentare

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Rene Kinderlein

"Die große Mehrheit der Asylbewerber in Amberg verhält sich friedlich. Wir dürfen diesen Vorfall vor allem nicht von Populisten hochspielen lassen." Diesen Satz muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Es entsteht der Eindruck als wäre es kein Problem wenn weniger als 50% der Wirtschaftsmigranten (nahezu keiner fällt unter die Genfer Konvention) gewalttätig wären. Wenn viele hunderttausende allein reisende junge Männer einer fremden Kultur ins Land kommen und sich von denen nur wenige % gewalttätig zeigen haben wir die Situation, welche sich nicht nur in Amberg, sondern bundesweit zeigt. Ziehe dazu auch die Berichterstattung im ONETZ zu Silvester. Die einheimischen trauen sich abends nicht mehr raus. Wenn man sich die Geschichte so anschaut war das einfallen von vielen jungen Männern einer fremden Kultur in ein Land immer eine Invasion oder Eroberung. Ich persönlich wünsche mir, dass sich alle Imame in Deutschland öffentlich von der islamischen Gewalt distanzieren.

04.01.2019
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