Amberg
08.02.2019 - 16:53 Uhr

Von Robotern pflegen lassen?

Leben mit Robotern - Ein bisschen klingt das nach Science-Fiction. Doch es ist Realität. Vor allem im Gesundheitssektor kann die Technik sehr viel bewirken. Aber da ist noch Luft nach oben, denken diejenigen, die täglich damit zu tun haben.

Katharina Wecker und Sandra Scharl meistern nicht nur die täglichen Herausforderungen auf der Intensivstation zusammen, sie sind auch richtig gute Freundinnen. Bild: Petra Hartl
Katharina Wecker und Sandra Scharl meistern nicht nur die täglichen Herausforderungen auf der Intensivstation zusammen, sie sind auch richtig gute Freundinnen.

Katharina Wecker (25) und Sandra Scharl (28) arbeiten auf der Intensivstation. Seit eineinviertel Jahren sind sie examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerinnen. Ihre Patienten werden oft nur noch von Maschinen am Leben gehalten. Die Zukunft sieht aber noch extremere Maßnahmen vor: Roboter in der Pflege - ist das unsere Zukunft?

Körperlich anstrengende Tätigkeiten, wie einen Bettlägrigen umdrehen, oder einfachere Dinge, wie einen älteren Menschen daran erinnern, seine Medikamente zu nehmen, ein Glas Wasser einschenken oder Gedächtnisübungen, könnten in Zukunft auch Roboter übernehmen. Doch ist das für die Krankenschwestern vorstellbar? Auf der Intesivstation sind sie je nach Schicht für einen bis maximal vier Patienten verantwortlich. "Wir haben in drei Zimmern zum Beispiel Kameras, weil sie nicht so gut einsehbar sind. Das ist ja auch schon technische Hilfe. Wenn ein Patient aufsteht, kann ich sofort reagieren und nicht erst, wenn er sich schon die lebenswichtigen Kabel aus Versehen rausgezogen hat", erklärt Sandra Scharl.

Klingelmatten gibt's schon

Für ihre Arbeit können sich die jungen Frauen so etwas wie Pflege-Roboter nicht so recht vorstellen. Auf der Normalstation oder "draußen", wie die beiden es nennen, schon eher. Die Schwestern dort haben um die 15 Patienten, nachts sogar bis zu 40, und jeder von ihnen hat andere Bedürfnisse. Eigentlich unmöglich, jedem Gerecht zu werden. Die 25-Jährige meint dazu: "Vor allem für Patienten, die sturzgefährdet sind, die aufstehen, weil ihnen nicht bewusst ist, wie gefährlich das ist, wäre eine Art Sensor toll, der anzeigt, wann jemand aufwacht. Dann weiß die Schwester, zu dem muss ich sofort schauen." Stück für Stück werden technische Geräte zur Unterstützung angeschafft. Klingelmatten gibt es im Klinikum schon. Und es gibt noch ein Highlight, von dem die Schwestern erzählen: ein bewegliches Bett. "Unsere Thekla. Damit kann man den Patienten in die Sitzposition bringen und sogar zum Stehen. Das ist eine super Arbeitserleichterung", erzählt Sandra. Manchmal träumen sie von einem Wasch-Roboter. "Der wäre cool", schwärmt Wecker. Doch wirklich ernst gemeint ist das nicht, fügt ihre 28-jährige Kollegin hinzu. "Das Waschen ist sehr wichtig für das Zwischenmenschliche, und um zu sehen, welche Fortschritte der Patient zum Beispiel in der Mobilität macht, oder um mal wieder was von ihm zu erfahren. Das kann eine Maschine nicht." Eine Sache gibt es aber, auf die die Freundinnen hoffen: Sie wünschen sich, dass die Bürokratie im Krankenhaus durch die Digitalisierung und auch durch Robotertechnik erleichtert wird. Im Moment laufe viel Papierkram noch handschriftlich ab. Das koste Zeit. Zeit, die die Schwestern viel lieber in ihre Patienten und deren Angehörigen investieren würden.

Mehr Zeit der Schlüssel

Wecker: "Gerade in einem Bereich wie der Intensivpflege, in dem es um Leben oder Tod geht und die Pflegekräfte das Sprachrohr des Patienten sind, wäre mehr Zeit ein sehr wichtiger Faktor. Sodass man sich einfach zu den Angehörigen stellt, ihnen erklärt, was da jetzt abläuft oder zusammen eine Handmassage beim Patienten macht, das tut allen Beteiligten gut." Eine konkrete Idee haben sie auch: Einen Apothekenschrank, der den Bestand an Medikamenten erkennt und diese rechtzeitig, automatisch nachbestellt. "Wenn man bedenkt, dass schon jetzt ein Chirurg mit Hilfe eines Roboters aus der Ferne Eingriffe vornehmen kann, ist in der Pflege sicher noch Luft nach oben", denkt Wecker.

Auch ihr Kollege Robert Bauer, Abteilungsleiter und Fachkrankenpfleger für Anästhesie und Intensiv, glaubt, dass in 15 Jahren Technik die Pflege stark entlasten kann, vor allem im Bereich der Logistik, bei Bestellungen, Versorgung und der Überwachung und Kontrolle der Patienten. Mit den zahlreichen Möglichkeiten kämen aber auch Probleme. "Wir werden durch den technischen Fortschritt länger leben können, aber in vollen Pflege- und Seniorenheimen", schätzt der 39-Jährige. Abseits des technischen Aspekts denkt Bauer, dass die Anerkennung und Wertschätzung der Öffentlichkeit gegenüber den Pflegeberuf noch besser werden wird.

Die jungen Krankenschwestern sehen mehr als nur Roboter in der Zukunft. Sie denken da eher an eine Kombination aus Fachkräften und Helfern, ähnlich wie in den USA. Die weniger gut ausgebildeten Hilfskräfte könnten die Examnierten unterstützen - besser als das Maschinen je könnten.Alle Teile der Serie unter onetz.de/themen/amberg-2034

Zukunftsserie:

Pflege, Gesundheit und Alter 2034

In unserer Zukunftsserie Amberg 2034 wagen wir eine Prognose, wie das Leben in 15 Jahren aussehen könnte. Dieses Mal geht es um die Themen Pflege, Gesundheit und Altwerden. Laut Statistik des Bayerischen Landesamts gibt es in 15 Jahren in der Stadt Amberg bei geringerer Einwohnerzahl von voraussichtlich 40 200 (im Vergleich 2019 laut Bundesamt 41 800) mehr Menschen über 75 nämlich 6100 (hingegen 2019 laut Prognose 5200). Amberg wird, wie ganz Deutschland, immer älter. Damit wächst auch der Druck auf Pflegeheime und Krankenhäuser. Dank des technischen Fortschritts könnten die Pflegekräfte aber nicht nur entlastet werden, es besteht auch die Möglichkeit, dass Senioren länger in ihrem Zuhause selbstständig leben können. (anv)

Ein Pflege-Roboter schenkt einem körperbehinderten Mann ein Glas Wasser ein. Bild: agentur_dpa
Ein Pflege-Roboter schenkt einem körperbehinderten Mann ein Glas Wasser ein.
Eine Seniorin steuert ihr Zuhause per App. Bild: agentur_dpa
Eine Seniorin steuert ihr Zuhause per App.
Wie es sein könnte – eine fiktiver Tag im Leben einer Seniorin 2034:

Heim-System für Senioren

Amberg. (anv) Brigitte ist eine moderne, unabhängige Frau – und sie ist 84 Jahre alt. Sie wurde 1950 in Amberg geboren. Seit 14 Jahren ist sie in Rente. Auch wenn sie immer Sport getrieben hat, ist sie körperlich nicht mehr so fit. Ihr Rücken macht ihr zu schaffen. Kein Wunder, bei 58 Jahren am Schreibtisch.

Von ihrem Mann ist sie schon seit Jahrzehnten geschieden. Sie wohnt in einer hübschen Zwei-Zimmer-Wohnung im Stadtzentrum zur Miete. Der ehemaligen Bürokauffrau ist es sehr wichtig, in ihren eigenen vier Wänden alt zu werden. Mit über 3,6 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland sind die Heime ohnehin überlastet. Dort zu wohnen, will die Ambergerin so lange es geht vermeiden. Sie zückt ihr Smartphone: Rollos rauf, Lichter aus. Sogar die Heizung steuert sie per Klick oder per Sprachbefehl. Ihre Wohnung ist komplett vernetzt. Ein Smart-Home nannte man das 2019 und es war eher was für Technikversierte – im Jahr 2034 ist es beinahe Standard.

Das digitale Hausmädchen

Brigittes Heim-System ist ihr persönliches Hausmädchen. „Betty, der Käse ist alle, setzte das bitte auf die Liste“, sagt Brigitte nach einem Blick in den Kühlschrank. „Hundert Gramm Emmentaler deiner favorisierten Marke sind auf der Einkaufsliste. Hast du noch einen Wunsch?“, fragt eine freundliche Frauenstimme, die aus dem Nichts kommt. „Nein, im Moment nicht.“ – Die Rentnerin ist sehr froh über ihre Betty.

Im vergangenen Jahr stürzte sie schwer. „Ich bin über ein Kabel gestolpert und konnte nicht mehr aufstehen. Mein Knöchel war gebrochen. Mit der Sprachsteuerung habe ich den Notarzt verständigt“, erinnert sich Brigitte. Einen Wohnungsschlüssel hat die Seniorin gar nicht. Stattdessen gibt es einen Personen-Scanner an der Haustüre. Ihr Sohn, die Nachbarin und sie können die Wohnung betreten. Notärzte, Feuerwehren und die Polizei habe einen Universal-Schlüsselcode, mit dem sie im Ernstfall Zugang haben. Einer von Brigittes Freundinnen hat so ein Heim-System schon mal das Leben gerettet. Ein Sturz-Sensor registrierte den Unfall, bei dem sie bewusstlos wurde und verständigte den Notarzt.

„Betty, bitte drucke meine Einkaufsliste aus.“ Nach wenigen Sekunden hält sie den Zettel in der Hand. „Natürlich könnte ich die Sachen auch bestellen. Aber es tut gut, rauszukommen. Wenn ich mal krank bin, bestelle ich mir alles ins Haus“, erzählt Brigitte. Ihre Unabhängigkeit weiß sie zu schätzen. Zum Einkaufen kann sie bequem zu Fuß gehen.

Mit E-Bus zum Einkaufen

Wenn sie etwas außerhalb bei den Franzosenäckern shoppen gehen will, nutzt sie einen der vielen Elektro-Busse. Die Fahren autonom und werden aus einer Kombination von Solarenergie und sauberem Strom betrieben. Wieder zu Hause angekommen, ist Brigitte erstmal erschöpft. „Betty, was könnte ich mit meinen Einkäufen von heute denn kochen?“, fragt die ältere Dame. „Wie wäre es mit veganen Spaghetti Bolognese? Die magst du doch so gerne.“ Eine super Idee, findet Brigitte. Obwohl sie immer gerne Fleisch gegessen hat, braucht sie das nicht mehr – dank Tofu. „Nur so konnte die Massentierhaltung in Deutschland abgeschafft werden.“ Am Abend hat sie sich zum Skypen mit ihrer Enkeltochter verabredet, die macht gerade ein Auslandsjahr in den USA. „ Es ist so schön, dass ich sie sehen kann“, freut sich Brigitte. Auch mit Freunden skypt sie regelmäßig. „So bin ich nie alleine und muss im Dunkeln nicht mehr raus.“

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.