Von St. Bernardin zum Stadttheater: Eine Reise durch Ambergs Geschichte

Amberg
10.09.2022 - 15:29 Uhr
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Das Amberger Stadttheater hat eine lange und sehr wechselvolle Geschichte. Und eigentlich sollte das markante Gebäude am Schrannenplatz längst dem Neubau einer Bank gewichen sein. Warum es anders kam, erzählt ein historisches Foto.

Dass das Amberger Stadttheater nicht immer Theater gewesen ist – man sieht es ihm an. Ursprünglich handelt es sich bei dem markanten Gebäude am Schrannenplatz um eine Kirche. Genauer gesagt: Um die Kirche des dazugehörigen Franziskanerklosters, die St. Bernardin geweiht war. 1464 wurde mit dem Bau des Chorteils der Kirche begonnen, in dem heute unter anderem das Casino-Wirtshaus zu finden ist. Anschließend folgte das Langhaus – das eigentliche Stadttheater, das 1482 fertig war. Interessanterweise ausgestattet mit einem hölzernen Tonnengewölbe, wie es normalerweise im holländischen Raum üblich gewesen ist.

Das Kloster, das zwischen der alten und der neuen Stadtmauer errichtet wurde, gedieh zunächst prächtig. Schnell bedeckte es samt Nebengebäuden, Zier- und Gemüsegarten sowie Brauerei eine Fläche, die heute dem Stadttheater samt Anbau, der Turnhalle der Decker-Schulen, Parktheater, Theatergarage sowie dem weitläufigen Gelände der Brauerei Bruckmüller samt Gaststätte und Biergarten entspricht. Doch die erste Blüte war nur von kurzer Dauer. Schon 1555 mussten die letzten Franziskaner-Mönche auf Befehl des Pfalzgrafen Wolfgang das Kloster und die Stadt verlassen. Im nunmehr evangelischen und später calvinistischen Amberg war kein Platz mehr für den römisch-katholischen Orden.

Die Franziskaner kehren zurück

Das Franziskanerkloster blieb erst einmal ungenutzt, irgendwann zog hier ein sogenanntes Pädagogium ein, eine religiös geprägte Schule. Die nächste Zeitenwende folgte: 1621 besetzten während des Dreißigjährigen Krieges bayerische Truppen des Herzogs Maximilian die Stadt. Maximilian war im Gegensatz zu seinem evangelischen Verwandten und Kürfürsten von der Pfalz, Friedrich IV, dem Winterkönig, streng katholisch. Das lutherische Amberg wurde von nun an katholisch gemacht. 1626 bezogen die Minoriten, also die Franziskaner, wieder ihr altes Kloster, ab 1667 gingen sie daran, den Kirchenraum von St. Bernardin dem Zeitgeist gemäß im barocken Stil umzubauen. Die ursprünglich gotischen Fenster blieben nur im Chor bestehen, die im Langhaus bekamen ihr heutigen Aussehen verpasst: ein Rechteck mit einem darüber liegenden Kreisrund.

Das Franziskanerkloster nahm einen zweiten Aufschwung – der ein paar Jahrhunderte weiter in der Geschichte sehr jäh endete. Am 4. Oktober 1802 übernahm im Zuge der Säkularisierung – also der Umwandlung von kirchlichem in staatliches Eigentum – der Staat das Kloster. Die Franziskaner wurden vertrieben, die Gebäude ausgeräumt. So kamen rund 1000 Bände der stattlichen Bibliothek nach München, 4000 Bücher wurden für drei Kreuzer das Stück verschleudert. Und 1000 der Bände landeten schließlich in Papiermühlen. Die wertvolle Orgel der Kirche wurde nach Seligenporten verkauft, die kunstvolle Uhr, die Frater Julius Daigl 1769 geschaffen hatte, erwarb die Stadt Weiden für ihr Rathaus.

Ab 1803 Stadttheater

1803 wurde das Koster schließlich für 25.000 Gulden an den Melber (Mehlhändler) Thomas Bruckmüller verkauft. Die Kirche blieb bei der Stadt Amberg und wurde in ein Theater umgewandelt. Dazu musste zunächst einmal die Totengruft im Chor ausgeräumt werden, 90 Körper kamen nach St. Katharina. Die zahlreichen Grablegen im Langhaus hingegen blieben unberührt. Nun wurden auch die hohen gotischen Spitzbogenfenster im Chor verkleinert. Dieser wurde durch eine Zwischendecke zweigeschossig aufgeteilt. Für den unteren Raum, der heute das Casino-Wirtshaus ist, brach man die runden Fenster aus dem Mauerwerk, die heute noch zu sehen sind. Zusätzlich stemmte man im Langhaus im Erdgeschoss weitere Fenster heraus, weil das Almosenamt der Stadt Amberg, dem das Theater gehörte, durch die Vermietung an Geschäfte die Rendite aus dem Theater etwas erhöhen wollte.

11.500 Gulden investierte man in das "Nationaltheater Amberg", das damals wohl eines der modernsten Häuser im gesamten Königreich gewesen ist. In den kommenden Jahrzehnten wurde das Amberger Stadttheater dann immer wieder modernisiert und moderat umgestaltet. Unter anderem mussten eine Heizung und moderne Beleuchtung eingebaut werden. Die Bühne befand sich übrigens zu dieser Zeit noch auf der Ostseite des Theaters, also am heutigen Zugang zu den Zuschauerräumen. Das wollten die nationalsozialistischen Stadtväter 1938 ändern. Der Plan war, das Stadttheater in eine Mischung aus Schauspielhaus und Kino umzuwandeln und die Bühne um 180 Grad zu drehen – dorthin, wo sie sich heute befindet. Aus den Plänen wurde bekanntlich nichts, stattdessen entstand in unmittelbarer Nachbarschaft das Park-Theater, das heute Pizzeria ist.

Kurze Blüte nach dem Krieg

Nach dem Krieg erlebte das Amberger Stadttheater noch einmal ein große Blüte. Es bildete sich sogar ein eigenes Ensemble, das am Ende 126 Mitglieder hatte. Bekannte Namen sind hier Joachim Kubeng oder Georg Höllger, Günther Jerschke aber auch Hans Toschke, der Jahrzehnte später eine tragende Rolle in den Romanen von Eckhard Henscheid übernehmen sollte. Die Währungsreform bedeutete 1949 das Ende dieser kurzen Ära. 1953 schließlich wurde das Stadttheater gesperrt, es fehlte eine wichtige Brandmauer, welche sich die Stadt Amberg nicht leisten konnte. Der Widerstand gegen eine Sanierung wuchs, Stadtrat, Stadtverwaltung, Theaterfreunde und Teile der lokalen Presse sprachen sich dagegen aus. Am 10. Februar 1969 beschloss der Stadtrat schließlich den Verkauf des Theaters an eine Bank und genehmigte gleichzeitig den Abbruch des Langhauses. Ein neues Theater sollte vielleicht irgendwann auf der Kräuterwiese entstehen. Die Bank plante anstelle des alten Theaters eine moderne Filiale im Stile des Gewerkschaftshauses gegenüber.

Gegen diesen Beschluss formierte sich eine zunächst kleine, dann immer größer werdende Gruppe von Menschen, die gegen den Abbruch kämpfte. An der Spitze stand der damalige Stadtheimatpfleger Otto Schmidt, der wirklich jeden Hebel in Bewegung setzte, um dieses historische Erbe der Stadt Amberg doch noch vor der Spitzhacke zu bewahren. Ein Umdenken setzte zwangsläufig ein, als das Landesamt für Denkmalpflege und die Regierung der Oberpfalz auf Drängen von Otto Schmidt und seiner Mitstreiter Einspruch gegen den Abriss einlegten. Ab 1971 wurde nun an der Wiederherstellung des Theaters gearbeitet. Die eigentlichen Arbeiten dauerten dann knapp ein Jahr. Am 12. Oktober 1978 konnte das alte und gleichzeitig neue Amberger Stadttheater wiedereröffnet werden.

Theater muss erneut modernisiert werden

Unser historisches Bild aus dem Archiv der Amberger Zeitung zeigt den Zustand des Theaters vor Beginn der Renovierungsarbeiten. Entstanden sein dürfte es um das Jahr 1970 herum. Für die Datierung eignen sich wieder einmal hervorragend die vor dem Theater geparkten Automobile. So steht ganz rechts am Theatergebäude ein Opel Commodore Coupe der Baureihe A. Hergestellt wurde das Fahrzeug zwischen 1967 und 1971. Das Foto muss also nach 1967 und vor Beginn der eigentlichen Sanierung am Anfang der 1970er Jahre gemacht worden sein. Da es zudem vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege aufgenommen worden ist, liegt der Schluss nahe, dass es in diesem Zusammenhang entstanden ist. Im Putz des Chores sind übrigens über den viereckigen Fenstern auch noch die Spitzbögen zu sehen, die zu den ursprünglichen gotischen Fensterlaibungen gehört haben. Derzeit steht das Stadttheater übrigens erneut zur Sanierung an. Das Gebäude soll unter anderem barrierefrei werden. Doch die enormen Summen, die dafür aufgewendet werden müssten, haben das Projekt derzeit wieder etwas in den Hintergrund rutschen lassen.

Hintergrund:

Eine kurze Geschichte des Amberger Stadttheaters

  • 1464 Baubeginn von St. Bernardin, Kirche des Amberger Franziskanerklosters
  • 1482 Fertigstellung von St. Bernardin
  • 1555 Erste Vertreibung der Franziskaner aus Amberg - das Kloster wird Pädagogium
  • 1626 Rückkehr der Franziskaner nach Amberg und erneute Übernahme des Klosters
  • 1667 barocke Umgestaltung von St. Bernardin
  • 1802 Zweite Vertreibung der Franziskaner aus Amberg im Zuge der Säkularisierung
  • 1803 Verkauf des Klosters an Thomas Bruckmüller - die Kirche wird städtisches Theater
  • 1938 Erste Pläne zur Umgestaltung des Theaters in eine Mischung aus Schauspielhaus und Kino
  • 1953 Sperrung des Stadttheaters wegen einer fehlenden Brandschutzwand
  • 1969 Stadtrat beschließt den Verkauf und genehmigt Teilabriss des Theaters
  • 1970 Landesamt für Denkmalpflege und Regierung der Oberpfalz legen ihr Veto ein
  • 1971 Planungsbeginn für die Sanierung des Theaters
  • 1978 Wiedereröffnung
 
 

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