Amberg
11.03.2022 - 16:46 Uhr

Stadt Amberg antwortet auf die wichtigsten Fragen der Ukraine-Flüchtlinge

Andrea Schröther ist das Gesicht der Koordinierungsgruppe für Ukraine-Flüchtlinge bei der Stadt Amberg. Sie gibt die Antworten auf die wichtigsten Fragen, die sich den Neuankömmlingen und ihren Gastgebern nun stellen.

Wie viele Ukrainer haben sich bei der Stadt Amberg bereits angemeldet?

Laut Andrea Schröther von der Koordinierungsstelle für Flüchtlinge aus der Ukraine sind es derzeit etwa 50. Die Zahl sei aber noch höher, da sich viele auf eigene Faust auf den Weg gemacht hätten und privat untergekommen seien – bei Verwandten, Freunden oder Bekannten: „Ohne dass die Stadt das weiß.“ Eine Schätzung sei deswegen unmöglich: „Das können wir schlecht sagen.“ Jeder dürfe erstmal 90 Tage bleiben, ohne bei der Stadt Bescheid geben zu müssen. Wer sich nicht meldet, kann aber auch keine Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Einige wollen das laut Schröther aber auch nicht, weil sie nun bei Leuten leben, für die der finanzielle Mehraufwand problemlos machbar ist.

Dürfen sich Ukrainer frei bewegen?

„Ja, sie dürfen dort hingehen, wohin sie wollen“, sagt Andrea Schröther. Niemand müsse sich an Stadt- oder Landkreisgrenzen halten. Eine Mutter mit zwei Kindern habe sich zum Beispiel bereits wenige Stunden nach ihrer Ankunft in Amberg auf den Weg nach Stuttgart gemacht.

Ab wann sind die Schutzsuchenden krankenversichert?

Die Neuankömmlinge melden sich bei der Ausländerbehörde am Hallplatz. Von dort werden sie an das Sozialamt verwiesen. Mit dieser Meldung erhalten sie dann einen Basis-Schutz für medizinische Leistungen

Welche Sozialleistungen können die Flüchtlinge in Anspruch nehmen?

Sozialleistungen fließen laut der Koordinierungsstelle in Amberg „relativ schnell“. Zuschüsse gebe es für alle Dinge des täglichen Bedarfs und für Unterkunft. Ähnlich wie bei Hartz IV: „Den Anspruch hat jeder, der die Voraussetzungen erfüllt.“ Der Ablauf sei wie der bei der Krankenversicherung. Aber: „Wer keinen Mietvertrag hat, hat auch keine Anspruch auf Wohnleistungen.“

Wer schließt den Mietvertrag ab?

Wer eine Wohnung benötigt, weil er nicht dauerhaft kostenlos bei Freunden oder Bekannten wohnen kann, kann Unterstützung bekommen. Wer sich privat eine Wohnung sucht, kann mit der ausgefüllten Mietbescheinigung zum Sozialamt kommen. In der Mietbescheinigung sind Angaben zur Wohnung zu machen. Im Sozialamt erfolgt eine Prüfung, ob die Miete und die Nebenkosten übernommen werden können. Wenn dem so ist, kann der Mietvertrag unterschrieben werden. Aber auch die Stadt kann Mietverträge mit Vermietern schließen und dann den Menschen zur Verfügung stellen.

Welche finanziellen Hilfen gibt es für Mieter aus der Ukraine?

Laut Andrea Schröther gibt es folgende Orientierungsgrößen. Bei einer Einzelpersonen geht die Behörde bei einer Brutto-Kaltmiete (mit Nebenkosten) von maximal 392 Euro Zuschuss aus. Bei zwei Personen sind es maximal 474 Euro. Hinzu kommen Heizkosten-Zuschüsse.

Wie groß dürfen die Wohnungen sein, um in den Genuss der Hilfen zu kommen?

Die Größe sei vorerst zweitrangig. Entscheidend sei der Preis. Wenn beispielsweise ein Eigentümer eine 150 Quadratmeter große Wohnung vermietet und 474 Euro dafür verlangt, „dann ist das auch okay“. Als Richtwert gelten laut Schröther 50 Quadratmeter für eine Einzelperson. Für jede weitere Person kämen 15 Quadratmeter hinzu. Macht bei einer Mutter mit zwei Kindern 80 Quadratmeter.

Tritt die Stadt selbst auch als Mieter auf?

Diese Möglichkeit gibt es laut Andrea Schröther. Die Stadt kann bei einer Laufzeit des Mietvertrages von sechs Monaten mit Option auf eine Verlängerung selbst als Mieter auftreten und entscheiden, wer einzieht. Andrea Schröther formuliert es so: „Die Stadt ist quasi dann die Mutter, die die Wohnung mietet und sagt, welches Kind einzieht.“ Bei dieser Entscheidung sei der Eigentümer außen vor. Die Stadt überweist das Geld direkt an den Eigentümer. Unterschreibt ein Flüchtling den Mietvertrag, geht das Geld an ihn. Er muss dann an den Vermieter überweisen.

Auf unterschiedlichen Wegen wird gerade um Wohnraum gebeten. Gibt es einen zentralen Überblick?

Schröther: „Nein! Stadt ist Stadt und Landkreis ist Landkreis.“ Beim Meldewesen seien das zwei unabhängige Behörden. Private Initiativen fließen in die Statistik nicht mit ein. Es sei denn, diese Daten und Listen werden der Stadt oder dem Landkreis gemeldet. Das sei kein Muss, wäre aber wünschenswert. Die Initiative „Zamhalt’n“ von Michael Sandner zum Beispiel verfahre so und gebe die Angebote an die Stadt weiter: „Wir gleichen die Listen ab.“ Gleiches gilt für die Freiwilligenagentur. Es wäre sehr sinnvoll, wenn sich auch andere Initiativen daran beteiligen würden: „Wer Wohnungsangebote hat, soll sich bei der Koordinierungsstelle melden, um möglichst viele Einträge auf einer zentralen Liste zu haben.“

Bereitet sich Amberg auf Notunterkünfte vor?

Andrea Schröther: „Ja, das müssen wir. Das ist die klare Ansage der Regierung der Oberpfalz.“ Alle Landkreise und kreisfreien Städte müssen Notunterkünfte zur Verfügung stellen. „Da müssen wir uns drauf einstellen.“ Das sei auch dringend notwendig: „Wir gehen von vielen weiteren Flüchtlingen aus, die nach Amberg kommen.“ Konkrete Standorte stünden aber noch nicht fest.

Müssen Kinder und Jugendliche aus der Ukraine in die Schule?

Laut Angaben von Andrea Schröther besteht 90 Tage nach der Ankunft ein Anspruch auf Beschulung. Mehr könne jetzt noch nicht gesagt werden. Die Koordinatorin erwartet in der nächsten Woche eine Entscheidung, „wie damit umzugehen ist“. Zuerst müsse der Bestand erfasst und kalkuliert werden, wie viele Klassen wo eventuell neu gegründet werden müssen.

Wie sieht es mit Kindergarten- und Krippenplätzen aus?

Auch hier lasse sich noch nichts Definitives sagen. Abhängig sei die Unterbringung von den jeweiligen Trägern und den freien Plätzen. Auch hier werden weitere Infos frühestens nächste Woche erwartet.

Wie kommen die Flüchtlinge an Möbel, wenn die neue Wohnung leer ist?

Niemand muss sich laut Andrea Schröther auf eigene Kosten Mobiliar anschaffen. Auch nicht der Vermieter: „Die Stadt übernimmt die Kosten für eine Grundausstattung.“ Grundlage dafür sei das Asylbewerber-Leistungsgesetz. Über das Sozialamt gibt es Bezugsscheine, die bei der Diakonie oder beim Werkhof einzulösen sind.

Dürfen die Ukrainer arbeiten?

Andrea Schröther: „Ja, sie dürfen grundsätzlich arbeiten.“ Jede Beschäftigung, von der Selbstständigkeit über den Mini-Job bis zum unbefristeten Arbeitsvertrag, müsse aber von der Ausländerbehörde genehmigt werden. Bisher seien in der Kürze der Zeit aber noch keine Arbeitsverhältnisse zustande gekommen.

Werden Deutsch-Kurse angeboten?

Die Antwort: „Es ist noch nicht geklärt, welche Möglichkeiten da bestehen.“ Das Kolping-Bildungswerk habe aber bereits Kontakt aufgenommen. Andrea Schröther: „Wir hoffen auf eine schnelle Lösung.“ Zuständig sei hier das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

Dürfen Flüchtlinge das Angebot der Amberger Tafel nutzen?

Diese Frage beantwortet Tafel-Vorsitzender Bernhard Saurenbach: „Ja, natürlich dürfen sie.“ Hier bedürfe es bei der Ausgabe der Berechtigungsscheine keiner großen Bürokratie: „Ausweis oder Pass reichen.“

Wer beantwortet weitere Fragen?

Im Moment ist das die Koordinierungsstelle, die unter 09621/10 21 21 erreichbar ist. Laut Andrea Schröther will die Stadt aber ein Bürgertelefon für Antworten auf viele Fragen im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise einrichten. Ein Starttermin stehe aber noch nicht fest.

Amberg05.03.2022

„Wer Wohnungsangebote hat, soll sich bei der Koordinierungsstelle melden.“

Andrea Schröther

Andrea Schröther

 
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