Noch nicht einmal fünf Jahre ist es her, dass das ehemalige Wagenhaus der Kurfürsten am Amberger Paulanerplatz von einer ungenutzten Brauerei (Schießl) in ein hochmodernes Stadtarchiv umgebaut worden ist. Besonders stolz war man bei der Stadt Amberg darauf, dass man nach dem Haus-im-Haus-Prinzip praktisch einen kompletten Neubau in eine historische Außenschale gesetzt hat. Das ließ man sich damals gut 6,7 Millionen Euro kosten – auch in der Hoffnung, damit ein sicheres Domizil für die schriftliche Geschichte Ambergs geschaffen zu haben. Weit weg von der Vils, die im alten Archiv an der Schiffgasse in der Vergangenheit bei Hochwasser immer eine feuchte Bedrohung der Archivbestände gewesen war.
Ausgerechnet Wasser – aus der undichten Verpressung einer Leitung im Dachgeschoss – bedrohte dann in der Nacht von 15. auf den 16. Februar 2021 die wertvollen Archivalien. Rund 30 Kubikmeter traten damals aus, der größte Teil davon floss in den alten Brauereikeller, wo es ohne Schaden angerichtet zu haben, abgepumpt werden konnte. Trotzdem zeigte sich in dieser Nacht, dass das Gebäude im Gebäude nicht einhundertprozentig dicht war. Wasser sickerte durch einige Stellen der Betondecke und schädigte historische Bücher im Magazin. Ein Vorfall, der sich auf keinen Fall wiederholen sollte.
Konzept ausgearbeitet
Aus diesem Grund machten sich zwei Ingenieurbüros daran, ein Konzept zu erarbeiten, wie die problematischen Stellen dicht zu bekommen waren und eventuell eindringendes oder austretendes Wasser schnell in den alten Keller abgeleitet werden kann. Als äußeres Zeichen dafür, dass sie offenbar eine Lösung gefunden haben, ist derzeit das Stadtarchiv wieder teilweise eingerüstet. Was heißt, dass die Arbeiten bereits begonnen wurden. Dafür wurden rund 900.000 Euro bereits in den Haushalt 2022 eingestellt, um die Aufträge noch im alten Jahr vergeben zu können. Wobei ursprünglich gut 670.000 Euro veranschlagt waren. Wegen der Teuerung im Bausektor und der Tatsache, dass sich für einzelne Gewerke (Spengler, Maler, Lüftung) überhaupt kein Bieter in der öffentlichen Ausschreibung fand, musste die Summe im Juli 2022 auf 895.462 Euro aufgestockt werden.
Nach Auskunft von Susanne Schwab, der Pressesprecherin der Stadt Amberg, liegt die tatsächliche Schadenssumme inklusive Ertüchtigung bei derzeit rund 800.000 Euro. Ihrer Aussage nach dient das vor dem Archiv aufgebaute Gerüst vor allem als Zugangserleichterung für die Handwerker und ihr Material zur Betondecke des Haus-in-Haus, die abgedichtet werden muss. "Damit sie die Arbeit im Archiv nicht stören." Und natürlich geht es auch um Dreck und Staub, mit dem die zum Teil sehr wertvollen Archivalien auf keinen Fall in Berührung kommen sollten.
Wer bezahlt den Schaden?
Wobei zunächst einmal die Frage offen blieb, wer am Ende dafür wird bezahlen müssen. Denn natürlich liegt es im Interesse der Stadt Amberg, den Handwerksbetrieb oder seine Versicherung zur Verantwortung zu ziehen, der mit der offenbar falsch verpressten Muffe die Ursache des Übels war. Bislang ist in dieser Sache kein Urteil ergangen, die Stadt muss also finanziell in Vorleistung gehen. In der Hoffnung, das ausgelegte Geld tatsächlich irgendwann zurückzubekommen.
Nichtsdestotrotz drehte die Stadt im Sommer 2022 an drei Stellschrauben, um wenigstens den entstandenen Schaden ersetzt zu bekommen. So ermittelte der Gebäudeversicherer der Stadt Amberg die Regulierungssumme. Weiter wurde eine Schadensersatzklage gegen den vermeintlichen Verursacher vorbereitet. Die wird laut Susanne Schwab demnächst erhoben. Zusätzlich beantragte die Stadt bei der Regierung der Oberpfalz eine entsprechende Nachförderung der förderfähigen Kosten aus der Städtebauförderung. Und tatsächlich wird die Maßnahme über die Städtebauförderung hinsichtlich der „Ertüchtigung der Haustechnik zur Abwehr von Schäden“ bezuschusst.
Kein Buch ist verlorengegangen
Trotz allem kam das Stadtarchiv am Ende noch relativ glimpflich davon. Keines der vom Wasser durchweichten Bücher ist letztlich so beschädigt geworden, dass es nicht mehr benutzt werden kann. Das Zentrum für Bucherhaltung in Leipzig hat die betroffenen Bände gefriergetrocknet und so vom Wasser befreit. Trotzdem blieben natürlich unübersehbare Schäden zurück: Wasserflecken und - streifen sowie aufgequollene Einbände und Seiten. Das ist zwar nicht schön, doch können die Bücher trotzdem weiter genutzt werden und ihre eigenen Geschichten aus der Geschichte erzählen. Nichtsdestotrotz will Archivleiter Andreas Erb in Zukunft noch mehr – wenig bis kaum genutzte – Archivalien als bisher wasserdicht verpacken lassen.
Ausgerechnet Wasser dringt ins Stadtarchiv ein
- 7. Februar 2018: offizielle Eröffnung des "neuen" Stadtarchivs im alten Schießlstadl
- 16. Februar 2021: Durch eine undichte Verpressung treten rund 30 Kubikmeter Wasser im Dachgeschoss des Archivs aus
- 18. Februar 2021: Rund 40 Bücher aus dem Stadtarchiv werden nach Leipzig ins Zentrum für Bucherhaltung gebracht, weil sie Wasserschäden davongetragen haben
- März 2021: Der langjährige Leiter des Stadtarchivs, Johannes Laschinger, geht in den Ruhestand
- April 2021: Andreas Erb übernimmt die Leitung des Archivs
- Mai 2021: Die beschädigten Archivalien sind aus Leipzig zurück in Amberg
- Dezember 2021: Bauausschuss beschließt, das Stadtarchiv baulich zu ertüchtigen, um Wiederholung des Vorfalls zu verhindern
- Juli 2022: Stadtrat stellt fast 900.000 Euro für die notwendige Sanierung zur Verfügung
- Dezember 2022: Beginn der Sanierungsarbeiten
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