Tinte, Talk und Terz zum Dritten. Die Erfolgsgeschichte des neuen Kulturformats im Stadttheater Amberg setzt sich fort. Der umfunktionierte Bühnenraum ist sehr gut besetzt und Gastgeberin Nora-Eugenie Gomringer aus Bamberg hat am Donnerstagabend wieder ein abwechslungsreiches Kulturpaket voller interessanter Gäste geschnürt. Mit dabei der Dramatiker Konstantin Küspert, die Funk-Pop-Indie Band "Knights of Caesar" – laut Bayerischer Rundfunk eine der „musikalischen Neuentdeckungen 2021" – sowie die beiden Schauspieler Elisabeth Bühl und Fabian Bauer.
Alle "erlaubten" Plätze an den runden Tischchen sind belegt und die Gäste mit Getränken versorgt. Der Zuschauerraum ist stimmungsvoll beleuchtet. Links steht die gemütliche Talk-Couch auf der die Moderatorin mit dem Literaturgast Platz nimmt. Für die fünf musikalischen Caesarritter ist die rechte Hälfte reserviert. Kabel, elektrisches Equipment, diverse Instrumente benötigen sie für ihren mitreißenden Auftritt, die jungen Musiker aus dem Raum Würzburg und Nürnberg mit zum Teil Oberpfälzer Wurzeln: Valentin Findling (Gesang & Keyboard), Lukas Johr (Gitarre), Lukas Großmann (Keyboard & Synthesizer), Jakob Koch (Bass) und Julian Braun (Drums). Alle haben sie Rhythmus und Leidenschaft im Blut sowie Magie und Temperament in ihrer Musik. Mit ausdrucksvoller Dramatik in der Stimme überzeugten auch die beiden Schauspieler Elisabeth Bühl und Fabian Bauer, die oben im ersten Rang vom Scheinwerferkegel eingefangen werden und Texte des Gastautors vortragen.
Ein szenischer Schreiber
Frau Gomringer hat sich dieses Mal in festliches Schwarz mit Glitzerverzierungen "geschmissen" und stellt ihren Gast Konstantin Küspert (er wählte einen legeren bunten Pullover mit Jeans und orangefarbenen Socken) vor: Geboren in Regensburg, Dramatiker und Autor (auch in Ko-Autorenschaft mit seiner Frau Annalena Küspert), Übersetzer und Dramaturg. Nach dem Studium der Germanistik, Politik und Philosophie an der Universität Wien studierte Küspert Szenisches Schreiben an der Universität der Künste Berlin. Er arbeitete als Schauspieldramaturg am Badischen Staatstheater Karlsruhe und am Schauspiel Frankfurt.
Für seine Stücke zu Themen wie NSU, NSA und moderner Sklaverei erhielt er diverse Auszeichnungen und Nominierungen. Auf die locker gestellten Fragen nach der Bedeutung von Theater meinte der Bühnenautor: Theater sei ein Ort des Wohlfühlens, ein Ort kultureller Bildung, aber auch ein Ort des Ärgerns. Man müsse das Publikum mitnehmen und unterhalten und „mit Ironie, Humor und auch kritischen Themen“ ins Theater holen. Als Dramatiker schätze er die unmittelbare Begegnung mit dem Publikum und finde sie „cool“. Allerdings dürfe man „den Kopf des Autors nicht mit dem Kopf der Figur gleichsetzen!“ Jede Figur habe einen eigenen Charakter mit bestmöglichen Argumenten.
Theater soll lustig sein
Kurzum: Theater solle lustig sein, die Leute mitnehmen, zum Nachdenken anregen und ohne Philosophiestudium verständlich sein! Schade, dass dann doch in der Talkunterhaltung reichlich Germanistenfremdwörter in die Sätze geflochten wurden, was auch einige Besucher negativ anmerkten. Allerdings sehr gut verständlich und auch eindringlich gestalteten die beiden Schauspieler die Mono- und Dialoge aus Werken des Autors wie „Selbstbefragung“ aus „das Ende der Menschheit“ oder der Was-wäre-wenn-Geschichte aus „Sklaven leben“. Was wäre, wenn der Kolonialismus andersherum verlaufen wäre und nicht der Westen, sondern Afrika den Lauf der Geschichte dominiert hätte. Dann säßen die Europäer auf Flüchtlingsbooten, dann würden senegalesische Großkonzerne in den Fanggebieten der Nordseefischer wüten und deutsche Arbeitskräfte asiatische Senioren pflegen.
Nora Gomringer verknüpft charmant-locker die anspruchsvolle Literatur mit der ebenso prickelnd-spannenden Musik der "Knights of Caesar". Die brillieren mit Titeln von „Time“ und „Magic Drink“ bis „Pancake“ und „Mastermind“, Texte, die einmal sozial-, kultur- oder gesellschaftskritisch agieren – oder einfach nur von Liebe erzählen. Applaus ist die Währung, womit Künstler bezahlt werden, war an diesem „runden“ Abend zu hören. Die Amberger gaben sich sehr großzügig.
"Man darf den Kopf des Autors nicht mit dem Kopf der Figur gleichsetzen!"
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