Amberg
02.08.2018 - 12:46 Uhr

Wegweiser ins „Land der Träume“

Schlaflabor des Klinikums St. Marien Amberg hilft bei Problemen in der Nacht – Hauptaugenmerk auf Behandlung von Schlafapnoe

Die Experten des Amberger Schlaflabors gewinnen ihre Erkenntnisse unter anderem durch die Auswertung von Schlafkurven. Gräß/Klinikum St. Marien Amberg
Die Experten des Amberger Schlaflabors gewinnen ihre Erkenntnisse unter anderem durch die Auswertung von Schlafkurven.

Bei Schlafapnoe kommt es immer wieder zu gefährlichen Atem-Aussetzern. Patienten, die unter dieser Volkskrankheit leiden, werden im Schlaflabor des Klinikums St. Marien Amberg zuhauf behandelt. „Diese Atemaussetzer sind meist der Auslöser dafür, dass die Leute zu uns kommen“, weiß Humanbiologin Dr. Andrea Duberow, Stationsleiterin des Schlaflabors. Schnarchen sei ein weiterer gewichtiger Grund, warum die Amberger Schlaf-Experten konsultiert werden.

Die Patienten verbringen nach Auskunft der Experten zwei Nächte im Schlaflabor. Komplett verkabelt und mit einem Computer verbunden, werden während des Schlafs die Gehirnströme gemessen, die Bein-, Augen- und Atem-Bewegungen, außerdem wird ein Elektrokardiogramm (EKG) aufgezeichnet und ausgewertet.

Die Gründe für die nächtlichen Probleme vieler Menschen sind vielfältig. Übergewicht laute eine Ursache, überdies seien Menschen mit Diabetes das „typische Klientel“, wie Dr. Duberow und Dr. Martin Fröbe, Internist, Pneumologe und Schlafmediziner, mitteilen. Auf der Behandlung von Schlafapnoe liege in der Einrichtung in der Vilsstadt das Hauptaugenmerk, berichtet Dr. Fröbe. „Man weiß, dass solche Atem-Aussetzer das Herz-Kreislauf-System belasten.“

Verschiedene Therapien

Stehe die Diagnose fest, komme es darauf an, wie stark das Beschwerdebild ausgeprägt ist, wie oft der Atem aussetzt und wann dies genau passiert, erklärt Dr. Duberow. Therapiemöglichkeiten gebe es dementsprechend unterschiedliche. Zum einen könne die Krankheit mit einer Unterkieferschiene bekämpft werden. Diese vermindert die Verengung der oberen Atemwege, was das Schnarchen verursacht.

Eine weitere Variante ist eine sogenannte Rückenlageverhinderungsweste. Deren Name ist selbsterklärend: Der ergonomisch geformte Protektor verhindert, dass sich der Schlafende auf den Rücken dreht – eine Position, die das Schnarchen erwiesenermaßen begünstigt.

Aussetzer verhindern

Bei vielen Patienten – wie bei Bernhard Knauer (siehe nebenstehender Artikel) wird außerdem die CPAP-Therapie angewandt. CPAP – continuous positive airway pressure – bedeutet, dass dem Schnarcher per Atemmaske „kontinuierlich positiver Atemwegsdruck“ zugeführt wird. Damit sollen ebenso die Verengung der Atemwege – und somit Schnarchen sowie Atemaussetzer – verhindert werden.

Tagesmüdigkeit, ein anderes Phänomen, das im Schlaflabor behandelt wird, sei meist auf gestörten Schlaf zurückzuführen, weiß Dr. Fröbe. Durch den daraus drohenden Sekundenschlaf seien bereits viele schwere Unfälle verursacht worden. Experten zufolge sind ungefähr 25 Prozent der Unfälle auf deutschen Straßen auf plötzlichen Schlaf zurückzuführen.

Zahlreiche schwere Katastrophen stehen wesentlich im Zusammenhang mit Nachtschichten und Übermüdung, ergänzt Dr. Duberow. Einer davon etwa war der Reaktorunfall im Kernkraftwerk „Three Mile Island“ in Pennsylvania im Jahr 1979.

Wenn der Nachtschlaf gestört ist, sei oftmals die Frage nach dem Warum nicht einfach zu klären, sind sich die Amberger Experten einig. Verschiedene Erkrankungen könnten die Störung verursachen – das „Restless-Legs-Syndrom“ (RLS) etwa, ein quälendes Unruhegefühl sowie Kribbeln oder Schmerzen in den Beinen, was unter anderem auch die Nachtruhe der Betroffenen immens stört.

Ebenso könne sich die Lebensweise der Patienten negativ auf das nächtliche Wohlbefinden auswirken: Wer bis spät in die Nacht vor Computer oder Fernseher sitzt, wer von Schichtarbeit betroffen ist, ständig verfügbar sein muss oder wer zu viel Alkohol konsumiert, für den gehen nicht selten vor dem „Land der Träume“ die Türen zu.

„Bei Schichtarbeitern ist es vor einer Nachtschicht zumindest einen Versuch wert, vorzuschlafen, was aber wegen der Veränderung des normalen Rhythmus erschwert ist“, wie Dr. Fröbe ausführt. Beim Schlafen am helllichten Tag sollte es dunkel im Raum sein – und während der Arbeit in den dunklen Stunden des Tages sollte man versuchen, möglichst viel Licht abzubekommen, wenn auch nur künstliches.




Gesunde Ernährung

Ausgewogene und gesunde Ernährung sei natürlich ebenso wichtig, denn „die Nahrungsaufnahme in der Nacht ist rein biologisch eigentlich nicht vorgesehen“, betont Dr. Duberow. Süßigkeiten und kohlenhydratreiche Kost sind deshalb eher nicht zu empfehlen. (puh)

Kurz notiert:

Kliniken kooperieren in der Schlafmedizin

Das Bezirksklinikum Wöllershof, das Klinikum Weiden und das Klinikum St. Marien Amberg kooperieren im Fachbereich Schlafmedizin. In Wöllershof steht das Studienprojekt „Telesom“ im Mittelpunkt.

Dabei erfolgt die sogenannte Polysomnographie zur Überwachung und Untersuchung von Schlafstörungen am Bezirksklinikum Wöllershof unter der Leitung eines qualifizierten Schlafmediziners, der sich am 90 Kilometer entfernten Schlaflabor in Regensburg befindet. Das erspart den Patienten lange Wege. Bei einem guten Verlauf des bayerischen Pilot-Projekts wird geprüft, ob „Telesom“ in die klinische Routine umgesetzt werden kann, um eine wirtschaftliche und flächendeckende schlafmedizinische Diagnostik in Bayern einzuführen.

Während in Wöllershof Schlafstörungen, denen ein psychischer Ursprung zugrunde liegt, diagnostiziert werden, sind im bereits bestehenden Amberger Schlaflabor und dem Weidener Schlaflabor, das ab 2019 in Betrieb geht, die somatisch begründeten Schlafstörungen beheimatet. Auf diese Weise steht Patienten das jeweils beste Therapieangebot zur Verfügung.

 
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