Corona und Advent - Amberg erlebt heuer tatsächlich eine "staade Zeit": Kein geschäftiges Treiben auf dem Marktplatz, kein Karaoke mit Jingle Bells, keine Nachtschwärmer in den Gaststätten. Nur in der Basilika St. Martin, da brennt an diesem Abend Licht. Immer, wenn jemand an der schweren Kirchentür zieht, dringt Musik nach draußen.
Auf der Empore steht Dritter Bürgermeister Franz Badura (52) mit seiner Trompete. Ein paar Meter hinter ihm sitzt am Spieltisch der Orgel Regionalkantor Bernhard Müllers (ebenfalls 52). Die beiden brauchen sich scheinbar nicht abzusprechen, sie verstehen sich ohne Blickkontakt. Eine halbe Stunde lang improvisieren sie Melodien traditioneller Adventslieder und sie bescheren den Menschen, die nach und nach zur Abendmesse eintrudeln, Gänsehaut-Momente. "Maria durch den Dornwald ging" ist eine dieser adventlichen Weisen, die sonst im schrillen X-Mas-Trubel untergehen. Dabei bewegt ihr melancholisches Motiv die Menschen seit mehr als 400 Jahren - das Lied ist fast so alt wie die Martinskirche. Heuer, in Coronazeiten, erfährt es ungewohnte Aufmerksamkeit.
Den Ambergern, die in die Martinskirche gekommen sind, bescheren Badura und Müllers vor dem Gottesdienst ein erstklassiges Konzert, eines ohne große Ankündigung und ohne Eintrittskarten. Bei "Macht hoch die Tür, die Tor macht weit", sind die Register der Orgel fein abgestimmt auf den weichen Klang der Jazztrompete. Für das Blasinstrument gibt es am Ende noch eine besondere Aufgabe: es darf eines der bekanntesten Lieder der Vorweihnachtszeit ein bisschen verjazzen: "Wir sagen euch an, den lieben Advent". Beschwingt erwarten die Zuhörer danach, dass die Messe mit Stadtpfarrer Thomas Helm beginnt.
Badura und Müllers sind ein eingespieltes Team. Die langjährigen Weggefährten haben unzählige Gottesdienste gemeinsam gestaltet und waren auch schon bundesweit unterwegs: sie sind in der Thomaskirche in Leipzig, im Französischen Dom in Berlin und am Sitz des Bundespräsidenten, dem Schloss Bellevue, aufgetreten. Rang und Namen, Glanz und Glitzer braucht es an diesem Abend in der Martinskirche nicht. Die Musik steht für sich und glänzt heller als der Christbaum draußen am Marktplatz.
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