Amberg
05.09.2023 - 11:14 Uhr

Zeitungszusteller erzählen von Freude und Ärger bei ihrer nächtlichen Arbeit

Die Zeitung am Morgen gehört für viele Menschen dazu. Damit sie rechtzeitig auf dem Frühstückstisch liegt, sind etwa 800 Austräger im Verbreitungsgebiet von Oberpfalz-Medien nachts unterwegs. Drei von ihnen erzählen von ihrer Arbeit.

Gegen 22.30 Uhr am Abend kommen die Fahrer vom Druckhaus in Weiden und laden Zeitungspakete in der Vilsstraße 7 in Freihung ab. Hans-Jürgen Berkhahn packt die druckfrischen Amberger und Sulzbach-Rosenberger Zeitungen in seinen Pkw und fährt los. Sechs Mal in der Woche macht der 75-Jährige seine nächtliche Tour als Zusteller von Oberpfalz-Medien durch Freihung, Elbart und Hahnbach, und das seit Jahren. Berkhahn ist Witwer, auch seine Frau Gabriele war Zeitungsausträgerin. Rund 200 Zeitungen hat der Rentner in die Briefkästen zu stecken, in „seinen“ Ortschaften überwiegend die Amberger Ausgabe. Mehr als 50 Kilometer legt er Nacht für Nacht dabei zurück.

An die Nachtarbeit hat sich Hans-Jürgen Berkhahn gewöhnt. „Drei bis dreieinhalb Stunden brauche ich für die Zeitungen“, rechnet er vor, „mittwochs, wenn Prospekte dabei sind, können es schon mal fünf und mehr Stunden werden.“ Auch das Wetter spielt dabei eine Rolle. Schnee und Eis, gar Eisregen können schon nächtliche Überstunden verursachen. „Wenn gar nichts mehr geht auf den Straßen, ruf ich bei der Zeitung an und warte, bis gestreut oder geräumt worden ist“, beschreibt er seine Arbeit bei extremem Winterwetter. Und fügt an, dass die meisten Leser Verständnis hätten, wenn in so einer Situation der Briefkasten zunächst einmal leer ist.

Geschützt unter der Jacke

Mit den ihm anvertrauten Zeitungen geht Berkhahn sorgsam, ja liebevoll um. „Ich nehme sie auf den Arm, bei Regen sogar in meine Jacke“, schmunzelt er. Der Vater von fünf erwachsenen Kindern, Opa von neun Enkeln und beste Freund seines Hundes Demen fühlt sich fit, macht seine nächtliche Arbeit gern und das, sagt er, "wenn's geht, noch 20 Jahre".

Wenn bei Anneliese Schmidt im Torbogen der Hauptstraße 53 in Hirschau gegen 23 Uhr die Zeitungspakete abgeladen werden, hat sie zwei Stunden geschlafen und dann einen starken Kaffee getrunken. Sie hat rund 170 Zeitungen pro Nacht auszutragen und zwar in Hirschau, in Hahnbach und in Luppersricht. Die Amberger Zeitung liegt auf dem Beifahrersitz, die Sulzbach-Rosenberger auf dem Boden ihres Autos. „Da darf ich nichts verwechseln“, sagt sie, „sonst gibt’s Ärger.“ Etwa 50 Kilometer fährt sie jede Nacht, muss zwischendurch kleine Pausen machen, die Schuhe wechseln, etwas trinken.

Ärger über unberechtigte Kritik

Die 54-jährige Anneliese Schmidt, Witwe und Mutter von fünf Kindern, ist seit gut sechs Jahren Zeitungsausträgerin. Sie hat mehrere Jobs gehabt in ihrem Leben, war etwa in einer Bäckerei, bei McDonald's und in einer Hotel-Küche in Österreich. Bei ihrer jetzigen Arbeit hat sie meist schöne, manchmal aber auch ungute Erlebnisse. Dass auf ihrer nächtlichen Tour schon ihr Auto gestreikt hat oder Betrunkene ein Zeitungspaket stibitzt haben, hat sie verkraftet. Schmerzlich dagegen empfindet sie unberechtigte Kritik: „Ich bin bekannt für Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit, aber manchmal gibt es halt höhere Gewalt.“ Die pure Freude dagegen sind für Anneliese Schmidt die vielen kleinen Geschenke und Dankesworte ihrer „Kunden“ an Weihnachten: „Die bringen mich oft zum Weinen.“

Nach rund vier Stunden geht für die Zeitungsausträgerin ihre Tour zu Ende. Erleichtert fährt sie heim: es waren keine Rehe, Katzen und Hasen unterwegs auf den Straßen in dieser Nacht, keine Gefahr, kein Unfall. Gleich ins Bett geht sie nicht frühmorgens um drei. „Etwas trinken, einen Happen essen, ins Handy schauen und auch nach meinen Nymphensittichen", so lässt sie die Nacht ausklingen und den neuen Tag beginnen.

Freude über Aufmerksamkeiten

Alexander Wendel ist Zeitungsausträger in Sulzbach-Rosenberg. Er belädt sein Auto kurz vor Mitternacht am Anlieferungsort Luitpoldplatz. Knapp 300 Zeitungen der Sulzbach-Rosenberger Ausgabe hat er Nacht für Nacht zu verteilen, auch für einen 36 Jahre jungen Mann keine leichte Arbeit. „30 Kilometer mit dem Auto werden es schon“, überschlägt er seine Tour, die hinaus bis Gallmünz geht. Dazu kommen dann noch die Wege, die er zu Fuß zurücklegen muss. „Vier Stunden werden es immer, wenn nicht noch Vertretungen dazukommen“, schildert er seine Arbeitszeit.

Auch Alexander hat die gleichen Probleme wie seine Kolleginnen und Kollegen: Nässe, Schnee und Glatteis erschweren das Austragen, können zu verspäteter Zustellung führen, manchmal auch zu Unverständnis seiner „Kunden“. Dass das Auto nicht mehr anspringt, kennt auch er, und wenn Betrunkene in Gruppen zusammenstehen, geht er ihnen lieber aus dem Weg.

Trotzdem liebt er seine nächtliche Arbeit, die seit 2014 sein Hauptberuf ist. Schade findet Alexander, dass er die Menschen, denen er die Zeitung bringt, meist nicht kennenlernt, ist aber sicher: „Ihre Briefe und kleinen Geschenke in der Weihnachtszeit, sei es Geld, ein Glas Honig oder Schokolade, sagen mir, dass sie zufrieden sind mit mir."

Wenn er seine Tour um Mitternacht beginnt, hat Alexander Wendel nicht „vorgeschlafen“. Ins Bett geht er nach getaner Arbeit am frühen Morgen. Er ist Single, lebt allein und kann seinen Tag nach eigenem Rhythmus gestalten. Erholung findet er in der Natur, beim Wandern und in den Bergen.

Amberg18.07.2023
Hintergrund:

Das wünschen sich die Zeitungsausträger:

  • Leere Briefkästen, damit die Zeitung Platz hat
  • Keine vollen Mülleimer, die die Briefkästen verstellen
  • Nachsicht, wenn wetterbedingt die Zeitung später kommt
 
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