Mehr als 200 Meter lang ist die Reihe der Aktenordner, die das Amberger Staatsarchiv über den Kampf gegen die WAA in Wackersdorf gesammelt hat. Jetzt stellte die Leitung des Staatsarchivs ihre Sammlung der Öffentlichkeit vor und lud dabei gleich die wichtigsten Protagonisten des Widerstands zu einem Zeitzeugengespräch ein. Die zahlreichen Zuhörer erfuhren unglaubliche Anekdoten aus dieser Zeit des Widerstands.
Gleich vorneweg: In drei Monaten wird die Symbolfigur des Widerstands gegen den Bau der WAA, der Schwandorfer Alt-Landrat Hans Schuierer, 95 Jahre alt. Trotzdem wird er nicht müde, besonders den jungen Menschen vom Kampf gegen die WAA zu erzählen, und ist immer wieder in Schulen mit Vorträgen unterwegs. Deshalb war es auch selbstverständlich, dass Schuierer als Zeitzeuge dabei war, als jetzt das Staatsarchiv die Öffentlichkeit über seinen enormen Fundus an Unterlagen aus dieser Zeit informierte.
3800 Aktenordner der Polizei
Dr. Till Strobel, Archivoberrat am Amberger Staatsarchiv, listete den zahlreichen Zuhörern am vergangenen Dienstagabend den erstaunlich umfangreichen Bestand an Unterlagen auf. In tausenden Aktenordnern, die zusammen eine Schlange von über 200 Metern Länge ergeben würden, werden alle Dokumente zur WAA von ganz unterschiedlichen Behörden und Institutionen hier gelagert. Zum Beispiel stammen aus dem Landratsamt Schwandorf über 800 Aktenordner, unter anderem über „Lex Schuierer“, ein Gesetz, mit dessen Hilfe damals dem Landrat die Zuständigkeit entzogen wurde.
3800 Aktenordner hatte die Polizeidirektion Niederbayern/Oberpfalz mit Ermittlungsunterlagen gefüllt, mehr als 3300 Verfahren archivierte die Staatsanwaltschaft Amberg als zuständiges Gericht. Schließlich hatte auch die Bürgerinitiative gegen die WAA nach ihrer Auflösung ihre Unterlagen dem Staatsarchiv übergeben. Wolfgang Nowak, viele Jahre der Schriftführer der BI, hatte seinen Speicher leergeräumt – 37 Meter war die Reihe der Aktenordner lang. „Was von Anfang an für die Öffentlichkeit gedacht war, ist jetzt endlich von der Öffentlichkeit einsehbar“, erklärte Strobel.
Als bei der Veranstaltung im Staatsarchiv dann der Schwandorfer Alt-Landrat Hans Schuierer, außerdem Wolfgang Nowak und Alfred Wolfsteiner, die beiden ehemaligen Vorstandsmitglieder der BI, über ihre Erlebnisse erzählten, zeigte sich sehr schnell, dass im Auditorium viele Zeitzeugen saßen, die ebenfalls Teil des Widerstands gegen die WAA waren und ihre persönlichen Erinnerungen über diese Zeit schildern konnten.
Symbolfigur Schuierer
Hans Schuierer, von 1972 bis 1996 Landrat in Schwandorf, gilt auch heute noch als Symbolfigur für den friedlichen Widerstand gegen die WAA. Anfangs war Schuierer ja begeistert von den Plänen, in der vom Ende des Braunkohlenabbaus gebeutelten Region Arbeitsplätze zu schaffen. „3600 Arbeitsplätze hatte man uns versprochen“, sagt er. Als aber Schuierer bei einer Vorstellung der Pläne durch die DWK nachfragte, warum der Kamin der Aufbereitungsanlage 200 Meter hoch sei und er daraufhin die Antwort bekam: „Damit sich die radioaktiven Stoffe auf eine größere Fläche verteilen können“, wurde er zum Widerstandskämpfer gegen die WAA.
Auch heute noch ist der Alt-Landrat überzeugt, dass es der Widerstand der Bevölkerung gewesen sei, der 1989 entscheidend zur Einstellung des Baus der WAA beigetragen habe. „Demokratie muss erkämpft werden“, sagt er. Diese Überzeugung versucht er noch heute gemeinsam mit seinen Mitstreitern in den Schulen an die jungen Menschen weiterzugeben – im Alter von jetzt bald 95 Jahren.














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