Bei einem Pressegespräch vor dem Werkstor des Automobilzulieferers ZF in Auerbach erläuterten am Freitag Gewerkschaftssekretär Scherr und Matthias Heinl, der Leiter des Vertrauenskörpers am Standort, ihre Position im abzusehenden Arbeitskampf. Während die Gewerkschaft eine Entgelterhöhung im Volumen von vier Prozent fordert sowie verschiedene Formen der Beschäftigungssicherung, unter anderem für Azubis und dual Studierende, ist das „sogenannte Angebot“ der Arbeitgeber laut Scherr eine Nullrunde, eventuell noch mit einer Einmalzahlung und erst im zweiten Halbjahr tabellenwirksamen Erhöhungen.
Ärger wegen Urlaubsgeld
Besonders ärgert sich der Gewerkschaftssekretär über das Ansinnen, Urlaubs- und Weihnachtsgeld kürzen zu können und das nur in Verhandlungen auf betrieblicher Ebene festzulegen. Zum Hintergrund dieses Arbeitgeber-Vorschlags bemerkte er: „Der Betriebsrat kann nicht zum Streik aufrufen, das kann nur die Gewerkschaft.“ Sein Eindruck ob des Angebots des Tarifpartners: „Die unterschätzen uns. Sie gehen davon aus, dass wir aufgrund von Corona nicht arbeitskampffähig sind.“
ZF mit seinen 1300 Mitarbeitern und dem hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrad wäre ein Arbeitskampfbetrieb, wenn es zum Erzwingungsstreik kommen sollte. Am 2. März endet die Friedenspflicht. Dann wären Warnstreiks möglich. Die sollen erst einmal so aussehen, dass die Beschäftigten mit ihrer Schicht eine Stunde früher Schluss machen.
Überrascht vom Vorschlag
Laut Matthias Heinl sind die ZF-Mitarbeiter sehr enttäuscht über die Vorstellungen der Arbeitgeber, die einen massiven Eingriff in den Tarifvertrag darstellten. Den schätze man im Auerbacher Werk sehr, da man ihn erst nach der Übernahme von Cherry durch ZF bekommen habe. „Deshalb waren die Kollegen auch sehr überrascht, dass sie so etwas in ihrem Berufsleben noch einmal erleben müssen.“ Denn im ersten Jahr der Pandemie hätten sie in großem Umfang Urlaubstage, Stunden und Flexibilität eingebracht, um die wirtschaftlichen Auswirkungen zu dämpfen.
Die Gewerkschaft habe im vergangenen Jahr Pandemie-bedingt einem Abschluss ohne Erhöhung zugestimmt, ergänzte Scherr. Jetzt seien aber die Auftragsbücher der Branche voll, und das sollten auch die Beschäftigten merken. Nach Einschätzung von Heinl schlagen sich die im Bereich der Elektromobilität wichtigen Produkte von ZF in den Aufträgen nieder: „Die Standorte laufen, wir haben Mehrarbeit.“
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