Mit der Veranstaltung „Paulusbrunn erwacht zum Leben“ haben der „Bayerisch-tschechische Verein für Freundschaft und Zusammenarbeit“ aus Tachov und der Bärnauer Verein „Via Carolina - Goldene Straße“ ein neues Kapitel in der bayerisch-tschechischen Geschichte geschrieben: Mehr als 1000 Besucher von beiden Seiten der Grenze kamen dazu in das ehemalige Dorf Paulusbrunn. Es gab viele emotionale Momente und viele Begegnungen, die abgesteckten einstigen Häuser ließen die Dimension des ehemaligen Dorfes ganz deutlich werden.
Schon am Samstagnachmittag strömten Fußgänger und Radfahrer auf das Gelände. Die Wanderausstellung über die Geschichte und das Leben in Paulusbrunn entlang des Böttgerweges, mehrere Informations- und Verpflegungsstationen sowie Führungen rundeten das zweitägige Programm ab. Der „Bayerisch-tschechische Verein für Freundschaft und Zusammenarbeit“ aus Tachov mit Lukáš Kosina an der Spitze, unterstützt durch die Gemeinde Obora, und der Verein Via Carolina - Goldene Straße mit Projektleiterin Ida Pětioká hatten enorme Anstrengungen unternommen. Pavel Procházka war für die Lokalisierung der Gebäude und deren Markierung verantwortlich. Die Kirche, das Pfarrhaus, die Schule oder etwa die Kneipe, das Postamt und das Bata-Schuhgeschäft sichtbar zu machen.
Ehemalige Soldaten, Polizisten und Zöllner, Paulusbrunner und deren Nachfahren sowie weitere Interessierte ließen das Dorf wieder lebendig werden. Dazu konnten sie sich bei tschechischen Spezialitäten und Bier austauchen.
Der wichtigste Teil des Programms waren die Diskussionen mit Zeitzeugen und dem Regisseur des Films „Unauslöschlich im Gedächtnis – die Heimat im Böhmerwald“, der nach Einbruch der Dunkelheit in einem improvisierten Sommerkino gezeigt wurde. Mit Anna Plobner, Ferdinand Zwerenz, Emmi Rößler und Traudl Kraus standen vier gebürtige Paulusbrunner Ingrid Leser als Interviewpartner zur Verfügung. Ihre Schilderungen über das Leben in Paulusbrunn und die Umstände der Vertreibung wurden von einer großen Schar von tschechischen und deutschen Besuchern mitverfolgt. Durch die simultane Übersetzung waren ihre Geschichten für alle verständlich. In der sternenklaren Nacht konnte auf dem Gelände auch gecampt werden.
Das Dorf Paulusbrunn, zu Beginn des 18. Jahrhunderts an der alten Handelsstraße gegründet und in dem um 1945 etwa 1500 Einwohner lebten, wurde den Besuchern insbesondere durch Führungen nahe gebracht. Ganze Trauben von Menschen folgten den fachkundigen Ausführungen von Helmut Erndt und Frederike Schwägerl. Bis zu 70 Personen je Führung, jeweils simultan übersetzt von Dolmetscher Alexander Kříž, machten das große Interesse sichtbar.
Zufrieden zeigte sich auch Ida Pětioká als Organisatorin des Vereins Via Carolina – Goldene Straße. Das Ziel, in Zusammenarbeit mit den Zeitzeugen reale Geschichten bestimmter Familien vorzustellen und damit die Identifikation der Besucher mit den Bewohnern des Dorfes und ihrem Schicksal zu fördern, aber durch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit den Weg für die Zukunft zu bereiten, sei mehr als erreicht worden.
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