Ebermannsdorf
08.07.2022 - 13:08 Uhr

Die Comic-Helden der fünfziger Jahre leben

Der Hansrudi Wäscher Fanclub Bayern hat sich in Ebermannsdorf getroffen. Dabei lasen die Comic-Fans nicht nur die neuesten Geschichten von Ritter Sigurd, sondern machten auch eine Stadtführung in Amberg.

„Sigurd“ hieß der kühne, blonde Recke mit dem Schwert in den fünfziger Jahren. Der ritterliche Held hielt mit seinem Kampf gegen das Böse Woche für Woche eine ganze Nachkriegsgeneration in Atem. Leidenschaftliche Anhänger solcher Comic-Figuren gibt es heute noch zuhauf, wie das Treffen eines Fanclubs in Ebermannsdorf zeigt. Aus ganz Bayern sind Mitglieder angereist, auch der Club-Vorsitzende.

Eltern und Lehrer verteufelten damals diese kleinen Streifenhefte als „Schundliteratur“. Hansrudi Wäscher hieß der Zeichner, der „Sigurd“ erfunden hat. Woche für Woche erschienen die Fortsetzungen, auf die die Fans schon sehnlichst warteten. Der Erfinder des germanischen Helden lebt nicht mehr. Aber seine Werke sind begehrte Sammelstücke. „Sigurd“ wurde von anderen Zeichnern übernommen – und erscheint nach wie vor. Manfred Wildfeuer, ein rühriger Kleinverleger aus Kirchdorf im Bayerischen Wald, hält die Comic-Nostalgie am Leben. Natürlich war auch er beim Treffen in Ebermannsdorf dabei.

Seit 25 Jahren gibt es sogar einen Fanclub, den „Hansrudi Wäscher Fanclub Bayern“. Seit seiner Gründung im Jahr 1997 ist Sepp Schrottner aus Ampfing in Oberbayern der Vorsitzende. Eckhardt Walter aus Sulzbach-Rosenberg, inzwischen pensionierter Mathe-Lehrer am Erasmus-Gymnasium, ist ebenfalls eines der acht Gründungsmitglieder. Rund 240 Mitglieder, hauptsächlich aus dem deutschsprachigen Raum Bayern, Österreich und der Schweiz, zählt der Verein heute. Er ist stetig am Wachsen. „Im letzten Jahr sind 21 Mitglieder dazugekommen“, sagt Schrottner mit Stolz. Zweimal im Jahr erscheint auch ein Magazin, mit einem Comic-Teil und vielen Informationen über Hansrudi Wäscher.

Mehrmals im Jahr trifft sich der harte Kern des Vereins, immer auf Einladung eines Mitglieds. Am vergangenen Wochenende war Berthold Oettl aus Ebermannsdorf der Gastgeber für fast ein Dutzend Mitglieder. Natürlich standen die Werke ihres Comic-Zeichners im Mittelpunkt. Oettl hatte aber für die Club-Mitglieder auch ein Sightseeing-Programm zusammengestellt, mit Besuch der Amberger Stadtwache im Wingershofer Tor und einer Führung durch die Altstadt.

Jedes Jahr steht zudem ein größeres Treffen an. „Im Juli ist ein Treffen in Bad Windsheim geplant“, erzählt Schrottner. Ansonsten sieht man sich ja noch regelmäßig auf den großen Comic-Börsen in Köln, Erlangen oder München, ergänzt er. Sie alle eint eine große Gemeinsamkeit: Sie sind Fans von Hansrudi Wäscher und seinen Helden wie „Sigurd“, „Falk“, „Tibor“ oder „Nick“.

2016 starb der Comic-Zeichner im Alter von 88 Jahren. Geboren und aufgewachsen in der italienischen Schweiz kam er 1944 mit seinen Eltern nach Deutschland. In den 50er-Jahren machte der Absolvent der Kunstgewerbeschule dann sein Hobby zum Beruf, zeichnete Comic-Geschichten. Wäscher hatte von Beginn an ein Faible für das Mittelalter und für Rittergeschichten. Sein erster Held „Sigurd“ gewann besonders bei den Jugendlichen eine immer größer werdende Fan-Gemeinde.

Ein anderer von ihm erfundener Held, „Nick, der Weltraumfahrer“, schaffte es tatsächlich in den Orbit. 1993 umkreiste er nämlich zehn Tage lang die Erde. Der deutsche Astronaut Ulrich Walter, Fan von Hansrudi Wäscher, hatte ein Comic-Heftchen mit an Bord der Raumfähre „Columbia“ genommen.

„Wäscher war ein unheimlich guter Geschichten-Erzähler und sehr filigraner Zeichner“, beschreibt Schrottner den Hintergrund dieser erfolgreichen Comic-Serie. Und ein cleverer Geschäftsmann dazu. Denn immer, wenn es am spannendsten war, wurde die Geschichte abgebrochen. „Versäumt das nächste Heft auf keinen Fall“, hieß es dann und man musste eine Woche warten. Das Schönste an den Geschichten war, dass sie sich durch ihren Humanismus auszeichneten und nahezu immer gewaltfrei endeten.

 
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