Warum sollte jeder für sich alleine kämpfen, wenn man gemeinsam viel mehr erreichen kann und zukunftssicher wird? Wenn man mit den Führungskräften der vier Feuerwehren aus der Gemeinde Edelsfeld (Landkreis Amberg-Sulzbach) spricht, klingt es sehr logisch. Und auch einfach. Logisch ist der Zusammenschluss von vier kleineren Feuerwehren zu einer großen. Einfach ist er nicht. Das wird beim Treffen im Feuerwehrhaus Edelsfeld klar. Nicht alle Mitglieder in den vier Wehren unterstützen das Vorhaben: Einige haben sogar angekündigt, dann aussteigen zu wollen.
In vielen Gemeinden wäre so ein Zusammenschluss sicher von Vorteil. Aber das ist ein heißes Eisen, das lieber keiner anpacken will – jede Feuerwehr hat ihre Geschichte, Tradition und ihren Stolz: Daran will keiner rühren, insbesondere die Politik wagt sich an dieses Thema nicht heran. Bei einem Gespräch im Feuerwehrhaus Edelsfeld erklären die jungen Führungskräfte der vier Wehren, wie sie das Unmögliche möglich machen wollen. Der Kern ist: Die Aktiven aus den vier Gemeinde-Feuerwehren Edelsfeld, Weißenberg, Sigras und Steinling werden in einer Wehr vereint. Die Tradition jeder einzelnen bleibt trotzdem erhalten, denn die vier Feuerwehrvereine sollen auch nach der Fusion fortbestehen.
Auslöser: Das neue Fahrzeug
Als es 2015 in Edelsfeld um die Neuanschaffung eines Feuerwehrautos ging, kamen die Verantwortlichen in ihren Gesprächen darauf, dass sie mit dem Kauf des neuen Fahrzeugs auch die Zukunft der vier Feuerwehren in der Gemeinde planen sollten, erklärt Markus Luber: "Weil es tagsüber immer schwieriger wird, genügend Leute für einen Einsatz zusammenzubekommen", sagt der Kommandant der FFW Edelsfeld. Dieses Problem haben alle vier Wehren. Es ist inzwischen ganz typisch für Landkreis-Gemeinden, in denen viele Feuerwehr-Aktiv tagsüber nicht greifbar sind, weil sie auswärts arbeiten.
Die Idee, sich zusammenzuschließen, war in Edelsfeld gar nicht so neu: Mit der Jugend, bei den Atemschutzgeräteträgern und auch bei Übungen tun sich die vier Wehren schon seit längerem zusammen, berichtet Sebastian Riedl, Kommandant der FFW Weißenberg. Dazu kam das Wissen, dass altersbedingt in den nächsten drei, vier Jahren viele Kräfte aus dem aktiven Dienst ausscheiden werden, sagt Markus Luber: Ob dann noch alle genügend Leute in ihren Reihen haben? Wenn das nicht der Fall ist, bedeutet das das Aus für die betroffene Feuerwehr. Luber sieht es pragmatisch: Würde es so weit kommen, hätte man keine Wahl. "Aber jetzt ist es für uns noch möglich, selbst was zu machen."
Nicht ganz einfach
Ganz einfach ist so eine Fusion nicht, das gibt der Edelsfelder Kommandant offen zu: "Es gibt jeder etwas auf. Aber jeder, der normal denkt, weiß: Es funktioniert in Zukunft einfach nicht mehr." Trotzdem sei viel Überzeugungsarbeit nötig gewesen. Nicht alle Mitglieder sind begeistert. "Es gibt welche, die sagen, das können wir doch nicht machen. Aber es gibt auch die, die sagen, es geht nicht anders", so fasst es Dominik Graf, der Kommandant der FFW Sigras, zusammen. 2019 stimmten alle vier Wehren einzeln ab: 70 Prozent waren für die Fusion. Mit einem Ja habe er gerechnet, aber "dass es so eindeutig ausgefallen ist, hat mich überrascht", gibt Wolfgang Schober, der stellvertretende Kommandant der FFW Steinling, zu.
Vielleicht war eine Zusicherung besonders wichtig: "Wir fassen die Feuerwehr-Vereine nicht an", betont Markus Luber, der weiß: "Bei vielen gab es die Sorge, jetzt geht mein Verein kaputt". Das ist nicht der Fall, die vier Vereine bleiben, jeder für sich, erhalten. Nur die aktiven Mannschaften schließen sich zu einer zusammen. Die Grundsatz-Entscheidung ist getroffen, die Umsetzung soll spätestens bis 2024 erfolgen: Dann soll nämlich auch das neue Feuerwehrhaus stehen.
Neues Feuerwehrhaus
Das alte Edelsfelder Gebäude sei inzwischen "extrem sanierungsbedürftig", betont Dominik Graf. Mit den neuen baulichen Vorschriften, die der Sicherheit der Einsatzkräfte dienen, wäre hier nichts mehr zu machen gewesen. Hinzu kommt, dass das Feuerwehrhaus ungünstig mitten in einem Wohngebiet steht – das funktioniert auf Dauer nicht mehr. "Wir hätten definitiv ein neues Gebäude gebraucht", auch ohne Fusion, sagt Markus Luber. Jetzt wird neu gebaut, beim Altenheim, die Planungen dafür laufen laut Luber. "Wenn das neue Haus bezugsfertig ist, erfolgt der Zusammenschluss." Das alte Edelsfelder Gerätehaus wird abgerissen, die drei anderen bleiben in Besitz der FFW-Vereine erhalten – als Gemeinschaftshäuser, die auch andere Vereine nutzen können.
Das erste gemeinsame Projekt ist aber schon jetzt verwirklicht – das neue Löschgruppenfahrzeug (LF) 10. Das erste wasserführende Fahrzeug der Edelsfelder, das das bisherige, 32 Jahre alte LF 8 ersetzt, wird jetzt schon gemeinsam bei Übungen genutzt. Ohne die Fusion wäre eine Neuanschaffung in der Größe nicht möglich gewesen, meint Luber. Die Edelsfelder werden in die neue Wehr zwei Fahrzeuge einbringen, Sigras und Steinling je eines. Das alte Feuerwehrauto der Weißenberger wird ausgemustert.
Neuer Name
Wie wird die neue, vereinte Feuerwehr heißen? Das sei noch nicht entschieden, sagt Luber. "Aber es wird irgendwas mit Edelsfeld sein." Auch die Zahl der Kommandanten ist noch nicht festgelegt – zwei, oder vielleicht doch drei? Relativ sicher scheint zu sein, dass nicht alle Mitglieder den Weg in die Zukunft mitgehen. "Wir werden definitiv einige von der Mannschaft verlieren", weiß Dominik Graf aus entsprechenden Rückmeldungen. Bei den jungen Kräften müsse man damit nicht rechnen – sie kennen das Miteinander jetzt schon aus gemeinsamen Aktivitäten. Graf und seine Kollegen hoffen nun, dass das neue, große Fahrzeug und das moderne künftige Feuerwehrhaus Neuzugänge anlocken. Und mit anderen Feuerwehren, die über ähnliche Schritt nachdenken (müssen), sprechen die Edelsfelder gerne über ihre Erfahrungen – über die, die sie auf dem Weg zur Fusion bisher gemacht haben und auch über die, die noch folgen werden.
Feuerwehr in der Oberpfalz in Zahlen
- Feuerwehren: 1019
- Feuerwehrleute: 42.934, davon 6566 Frauen
- Feuerwehr-Anwärter: 8322
- Werks- und Betriebsfeuerwehren: 16 mit rund 450 Feuerwehrleuten
- Berufsfeuerwehr: Eine mit 124 Feuerwehrleuten
- Quelle: Feuerwehren in Bayern, Jahresbericht 2020
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