(ubb) Es ist noch ruhig auf dem Campingplatz am Gaisweiher. Die ersten Saisonurlauber genießen die warme Frühlingssonne. Sachte treibt der Wind einige Blätter über das Wasser des Sees. "Idylle pur" prägt sich unweigerlich ins Gedächtnis. Auf der kleinen Bank vor einem der drei Wohnfässer lässt es sich aushalten. Ich nehme mein E-Book zur Hand. Wie passend, zufällig lese ich "Schweigend steht der Wald" von Autor Wolfram Fleischhauer. In diesem Buch spielt Flossenbürg eine Rolle.
Richtig gehört: Auf dem Campingplatz Gaisweiher kann man in einem Fass wohnen. Flossenbürg hat sich die netten Behausungen im September 2018 angeschafft. "Jetzt bin ich ein Hobbit", denke ich. Vor mir der See, um mich die stille Natur, die Sonne scheint. Was will der Mensch mehr?
Wie Diogenes
Dem schönen Erlebnis gehen neugierige Fragen voraus. "Was ist ein Wohnfass? Und wie schläft es sich da?" Tanja Schwanitz vom Touristenbüro im Rathaus Flossenbürg klärt mich auf, dass die Wohnfässer gemietet werden können und der Campingplatz Anfang Mai bereits geöffnet hat. Weil er das ganze Jahr über nicht schließt. Gepackt ist rasch, für eine Nacht braucht es wenig. Viel Platz ist eh nicht auf 4,45 mal 2,35 Meter. Das "Ausmaß" eines Fasses beträgt gerade mal neun Quadratmeter, rund versteht sich. Nun heißt es, Minimalismus zu üben wie Diogenes in der Tonne.
Anders in Flossenbürg, wo ein Leben im Fass nahezu an Luxus grenzt. Tanja Schwanitz übergibt mir den Schlüssel, inklusive digitalen Schlagbaum-Service mit eingeloggtem Autokennzeichen. "Sie nehmen das rechte Fass. Viel Spaß", wünscht sie. Unten am Seeufer sehe ich die drei Fässer. Sehr gespannt schließe ich meines auf. Zwei Holzbänke links und rechts, dahinter ein Alkoven. Mehr gibt es nicht, alles ziemlich überschaubar. Kein Platz für Rucksack und Co.? Doch! Unter der Bett-Koje befindet sich ein geräumiger Stauraum.
Purer Luxus
Wenig später bin ich ehrlich überrascht. Die kleine Behausung ist aus der Sicht eines minimalistischen Campers purer Luxus. Es gibt elektrisches Licht, eine Heizung und vier Steckdosen. Der Handy-Akku wandert zurück ins Auto. Nachdem sich die Eingewöhnungsphase auf derart winzigem Raum relativ rasch erledigt, beschließe ich eine See-Umrundung. Sonnenstrahlen drängen goldig durch lichte Baumwipfel, Enten dösen auf einem Stein, ein paar Meter weiter erstreckt sich der Gaisweiher in voller Größe. Die Fotokamera klickt und klickt.
Tiefenentspannt geht's zurück zur Tonne, wo wieder das Bänkchen zu Beschaulichkeit ruft. Es ist Spätnachmittag, ich habe mich wohnlich eingerichtet. Was heißt, es liegt einiges herum auf den Bänken und im Alkoven. Das ist okay, schließlich habe ich Urlaub und Aufräumen hält bekanntlich nur vom Wesentlichen ab. Leider ist es zum Baden zu kalt, das Seeufer wäre nur drei Schritte entfernt. Einzig was fehlt: Wer sich für Ferien im Fass entscheidet, sollte einen Liege- oder Campingstuhl für Draußen mitbringen. Das Holzbänkchen ist für den Dauerbetrieb zu hart.
Leseabend
Am Abend wird es frisch. Zeit, das Wohnen im Fass zu testen. Mein Abendbrot, Käse, Obst und ein irisches Guinness, esse ich auf einem ausziehbaren Tisch. Wie praktisch auf kleinstem Raum. Ich werde heute einen Leseabend einlegen. Gegen Mitternacht nach dem halb ausgelesenen Buch und Stunden in totaler Einsamkeit fallen träge die Augen zu. Dazu muss ich betonten, dass Einsamkeit hier weder ein Dauerzustand ist, noch gewollt. Im Sommer ist der Campingplatz Gaisweiher bestens ausgelastet und von quirligem Leben erfüllt.
Einsamkeit tut aber auch gut. Wer abtauchen will, liegt mit der Buchung eines Fasses außerhalb der Ferienzeit genau richtig. Kaum zu glauben, nur 40 Kilometer von Zuhause weg beginnt das Urlaubsfeeling. Ich fühle mich sauwohl, die Tiefenentspannung hält an. Dann ein kleiner Adrenalinkick. Ein Weg bleibt nachts nicht erspart: die sanitären Anlagen. Diese sind (Gott sei Dank) nur wenige Meter entfernt. Draußen ist es stockdunkel, am Seeufer gurrt eine Ente. Ängstlich taste ich mich ums Eck, atme erleichtert auf. Die Campingplatzlaternen bleiben nachts auf Dauerbetrieb.
Glücklich wie ein Baby
Ein bisschen Kletterei ist nötig in die Schlafkoje. Aber keine Sorge, Altersgruppen von zwei bis 72 Jahren kommen problemlos in die Federn. Im duftigen Bett (im Preis inbegriffen) schlafe ich glücklich wie ein Baby. Gegen vier Uhr morgens wird es kalt. Es ist derart still, dass ich vorsichtig an meinen Ohren rüttele. Nein, niemand wird taub über Nacht. Wo war wieder der Lichtschalter? Genau, direkt am Kojen-Eingang. Der Aktivator für die Heizung ist auch vom Bett aus erreichbar. Ich wage einen Blick hinaus. Über dem See glitzern der Mond und die Sterne. Jetzt von Romantik pur zu schwärmen kommt kitschig? Aber es ist so. Schön, seufze ich und penne weiter.
Um 8 Uhr kitzelt mich die Morgensonne wach. Gut geschlafen? Keine Frage! Dieses Fass ist ein Kuschelnest zum Verlieben. Und von wegen Diogenes-Minimalismus. Der griechische Philosoph wäre vor Neid erblasst, hätte ihm jemand gesagt, dass sein berühmter Schlafplatz zwei Jahrtausende später als "Luxus-Tonne" für Abenteuer zweckentfremdet wird.
Ganzjährig nutzbar
Nachdem öfter Wanderer sowie Rad- und Motorradfahrer um einen Schlafplatz für eine Nacht am Campingplatz angefragt haben, investierte Flossenbürg für die Wohnfässer 21 000 Euro. Platz ist in jedem Fass für vier Personen, allerdings dann mit eng begrenztem Wohnraum.
Eine Nacht kostet 28 Euro, plus pro Person 6,50 Euro zusätzlich. Strom wird extra berechnet. Am modern aufgestellten Campingplatz Gaisweiher gibt es 100 Dauerstellplätze, viele freie Stellplätze und einen Zeltplatz.
Zum See haben Wanderer, Spaziergänger und Badegäste freien Zugang. Neu ist ein supercooler Wasserspielplatz für Kinder.
Die Anlage ist ganzjährig nutzbar. Mehr Informationen erteilen das Tourismusbüro Flossenbürg (Telefon 09603/92060) oder der Campingplatz (Telefon 09603/644, E-Mail campingplatz-gaisweiher[at]t-online[dot]de). (ubb)
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