Die Gedenkfeier zum Volkstrauertag in Freihung wurde mit einem Gottesdienst in der katholischen Pfarrkirche begonnen, den Pfarrer Benny Joseph und der evangelische Pfarrer Matthias Weih zelebrierten. In seiner beeindruckenden Predigt erinnerte Pfarrer Weih zunächst an die 17 Millionen Kriegstoten aus dem Ersten Weltkrieg, die zerstörten Orte und verwüsteten Landstriche. Zwei Jahrzehnte später sei Hitler an die Macht gekommen: „Die Nazidiktatur und der Zweite Weltkrieg waren die Folge.“ Allein in den letzten zehn Monaten dieses Kriegs seien 2,6 Millionen deutsche Soldaten gestorben.
Pfarrer Weih sprach in seiner Predigt davon: „Jeder will doch aufstehen, wenn er hingefallen ist. Nach falschen Richtungsentscheidungen kann doch jeder lernen.“ So selbstverständlich sei das aber beim Menschen nicht. Ein Pferd, einmal durchgegangen, könne man wieder einfangen. Der Mensch als „durchgegangenes Pferd“ sei scheinbar nicht zu stoppen: „So dumm können Menschen sein! Sie rennen in ihr Verderben.“ Wirtschaftlicher Aufschwung als „Zuckerbrot“, die „Peitsche“ in Form von Verhaftung und Folter und „Scheuklappen“, die die eigene Welt scheinbar als heil und richtig erscheinen lassen, Pflichterfüllung und den Gegner als „Untermenschen“ bezeichnen, dazu eine Bevölkerung, die sich wegduckt, habe es möglich gemacht, dass in zwei Kriegen 120 Millionen Menschen mit ihrem Leben dafür bezahlten. Er fragte die Kirchenbesucher: „Müssen wir uns damit auseinandersetzen? Ist es Zeit zu vergessen?“ Der Ukraine-Krieg, der Krieg im Nahen Osten zeige, dass wir uns alle diesen Fragen stellen müssen, denn: „Die Menschen rennen erneut sehenden Auges in den Abgrund. Warum sind Worte von Mahnern wirkungslos? Von wem lassen wir uns noch was sagen?“
Er appellierte an die Kirchenbesucher: „Fragt euch, wo laufe ich mit Scheuklappen durchs Leben? Wo stumpfe ich ab?“ Dabei erinnerte er auch an oft jahrzehntelang schwelende Konflikte in Familien. Mit einem Appell beendete Pfarrer Weih seine Predigt: „Öffnet verschlossene Türen. Reicht einander die Hand der Versöhnung. Macht Euch mit aller Kraft auf den Weg des Friedens.“
Trauermarsch zum Kriegerdenkmal
Dem anschließenden Trauermarsch zum Kriegerdenkmal mit dem Trommler Christoph Müller schlossen sich Bürgermeister Uwe Köng, der Bezirksvorsitzende des Volksbundes Oberpfalz, Richard Glombitza, und LTC Gauvin mit dem 18th CSSB und dem 702nd EOD der US Army, die Soldaten- und Reservistenkameradschaften, das Europäische Jugendprojekt Oberpfalz mit Fahnen für Deutschland, Tschechien, USA und Europa, die Feuerwehren der gesamten Marktgemeinde, viele Vereine und die Bevölkerung an.
Richard Glombitza stimmte die Anwesenden am Ort des Gedenkens nachdenklich, wenn er zu Beginn seiner Ansprache davon betonte: „Es ist wieder Krieg in Europa. Wir jedoch wollen hier ein Zeichen setzen für ein friedvolles und respektvolles Miteinander. Wir wollen einstehen für Frieden, Freiheit und Demokratie. Kriege und Gewalt können niemals und nirgendwo eine Lösung sein. Das sollten wir aus den beiden Weltkriegen mit seinen Millionen von Kriegstoten gelernt haben.“ Mahnen und Erinnern sei wichtiger denn je. Der Volkstrauertag als Gedenktag sei erstmals 1922 vom Volksbund als Folge des Ersten Weltkriegs initiiert worden. Veteranen und Angehörige hätten sich an der Gründung beteiligt. Der Staat sei damals wegen des verlorenen Krieges und der wirtschaftlichen Situation nicht in der Lage gewesen, sich um die Suche nach Vermissten, Kriegstoten und das Anlagen von Kriegsgräbern zu kümmern. Dies sei die ureigenste Aufgabe des Volksbundes seit seiner ersten Stunde. Ferner betätige sich der Volksbund in der Jugend-, Schul- und Bildungsarbeit als weltweit einziger Kriegsgräberdienst. Friedensarbeit und Völkerverständigung sei das Ziel. Die Erinnerungskultur sei ein weiteres wichtiges Tätigkeitsfeld. Hervorzuheben sei hier das Europäische Jugendprojekt Oberpfalz, das diese Ziele in hervorragender Weise umsetze.
Glombitza erinnerte an die horrenden Verluste von Menschenleben in den Weltkriegen auf allen Seiten: „Darunter viele junge deutsche Soldaten, die gewissenlos als Kanonenfutter verheizt wurden als der 2. Weltkrieg längst verloren war.“ Das Kriegsende habe die sinnlose Gewalt und Tyrannei der Nationalsozialisten beendet und habe die Befreiung und Frieden für viele in Europa über Jahrzehnte bedeutet. „Was aber haben wir nun aus diesem bisher folgenreichsten Konflikt der Menschheitsgeschichte angesichts der schrecklichen Bilder aus dem Kriegsgebieten Ukraine, Israel und Gaza gelernt?“ fragte Glombitza dann. Krieg, Gewalt und Unterdrückung könnten niemals die Lösung von Konflikten sein, das sollten wir in Europa gelernt haben. Die Kriegsgräber seien Orte des Erinnerns und der Mahnung zugleich. Längst seien es Enkel und Urenkel, die Fragen stellen würden, denen ein Grabkreuz oder Name auf einer Stele viel bedeuten würden. Derzeit laufe, trotz Krieg in der Ukraine und politischen Spannungen mit Russland, in Weißrussland die Notausbettung von 2000 deutschen Soldaten. Hunderte von Erkennungsmarken seien aufgefunden worden. Abschließend sagte Glomitza: „An die zahllosen Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft wollen wir heute erinnern und wir wollen uns vor allen verneigen.“
Texte und Musik
Marina Scheffler und Timo Häusler vom Europäischen Jugendprojekt trugen dann in deutscher und englischer Sprache einen Text zum Totengedenken vor, der endete mit: „Wir trauern mit allen, die Leid tragen um die Toten und teilen ihren Schmerz. Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern, und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zuhause und in der ganzen Welt.“
Musikalisch umrahmt wurde die Gedenkfeier vom Posaunenchor Thansüß und dem Projektchor, bestehend aus dem Schützenchor Seugast und dem Kirchenchor Freihung, unter anderem mit dem Lied: „Die Antwort weiß ganz allein der Wind“. Es folgten die Kranzniederlegungen begleitet mit dem Musikstück „Das Lied vom Kameraden“, gespielt vom Posaunenchor. Gemeinsam wurde die Nationalhymne gesungen. Zusammen mit Pfarrer Benny Joseph beteten alle zusammen das „Vaterunser“. Bürgermeister Uwe König bedankte sich abschließend bei allen, die diese würdige Feier mitgestaltet hatten und lud zu einem anschließenden Empfang ins Gemeindezentrum ein.
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