Es kann regnen oder schneien. Für den Bau des Nahwärmenetzes Gebenbach-Atzmannsricht spielt das Wetter keine Rolle. Die Bagger sind da, die ersten Gräben Richtung Gebenbach aufgerissen. Jetzt geht es los. Auch sonst erweist sich das ehrgeizige Projekt einer Bürger-Genossenschaft als robust. Dass nach der Klage vor dem Bundesverfassungsgericht keine Gelder mehr aus dem Klimafonds der Bundesregierung fließen dürfen, ficht die Initiatoren nicht an. "Die Förderung steht", sagt der Aufsichtsratsvorsitzende der Genossenschaft, Professor Dr. Hans Bäumler. "Es zahlt sich jetzt aus, dass wir so schnell gewesen sind."
Ein kleines Wunder
Die Schnelligkeit, die dieses Millionen-Projekt an den Tag legt, stellt ein kleines Wunder dar. Denn von der Idee bis zum Baubeginn sind gerade einmal eineinhalb Jahre vergangen. Der Vorstandsvorsitzende der Genossenschaft, Norbert Arnold, erinnert an eine "denkwürdige Versammlung" im August 2022. "Damals hat alles angefangen, aber wir waren noch völlig planlos." Die Ausgangslage hat sich bald geändert. Drei Monate später wurden die Vorstellungen schon konkreter. Die Genossenschaft mit 35 Mitgliedern gründete sich. Im Januar 2023 gehörten dann schon 102 Mitglieder der Vereinigung an. Was sie auszeichnet: Sie ziehen an einem Strang.
Nur so war es möglich, dass zwischenzeitlich alle Formalitäten erledigt, Genehmigungen eingeholt, Gelder aufgetrieben, Fachwissen gesammelt, Planer und Baufirmen gefunden wurden. 102 Genossen unter einen Hut zu bringen, Skepsis zu überwinden, Vertrauen einzufordern und Entscheidungen herbeizuführen - das ist die ideelle Arbeit, die in dem Projekt steckt. Norbert Arnold sprach von mehr als 2000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit, die geleistet wurden. Ein Glücksfall für die Nahwärme-Enthusiasten war es, dass mit Landwirt Sebastian Kraus jemand hinter der Idee steht, der das Herzstück der gesamten Anlage liefert: ein hochmodernes regeneratives Speicherkraftwerk, dessen Ursprung eine bestehende Biogasanlage ist. Am Speicherkraftwerk, das sich auf halben Weg zwischen Gebenbach und Atzmannsricht befindet, laufen die Bauarbeiten schon länger. Es ist kurz vor der Fertigstellung.
1000 Kubikmeter Heißwasser
Kraus setzt in seiner Anlage Bakterien ein, um aus Mist, Gülle oder Mais hochwertiges Gas zu gewinnen. Mit diesem Gas betreibt er zwei Motoren mit einer elektrischen Gesamtleistung von 3120 Kilowattstunden. Die Motoren werden pro Woche an 30 bis 40 Stunden mit dem größten Strombedarf im Netz eingeschaltet. Damit diese Leistung konstant abgerufen werden kann, sind Speichermöglichkeiten vorgesehen. Mit der erzeugten Energie wird auch Wasser erhitzt. Kraus hat dafür einen riesigen Behälter mit einem Fassungsvermögen von 1000 Kubikmetern errichten lassen. Die Arbeiten hierfür sind schon fast abgeschlossen.
"Das Wasser ist schon drin", erzählt er. "In den nächsten Tagen kommt die Dämmung." Der Hochbehälter wird rundherum in eine 30 Zentimeter dicke Schutzhülle eingewickelt. Das heiße Wasser pumpt Kraus künftig über das Nahwärmenetz an die angeschlossenen Haushalte. Mit am Netz hängen Kindergarten und die Schule, Rathaus und weitere öffentliche Einrichtungen in Gebenbach. Wenn nichts Unvorhergesehenes dazwischenkommt, wird die heiße Quelle schon im Mai 2024 sprudeln.
Am kirchlichen Segen soll es nicht scheitern. Pfarrvikar Christian Preitschaft bespritzte die bereitliegenden Leitungsrohre zum Baubeginn mit Weihwasser. Auch die beiden Vertreter der Firma, die für den Breitbandausbau zuständig ist, bekreuzigten sich. Sie lassen das Glasfaserkabel mit der Nahwärmeleitung gleich mitverlegen.
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