Wer sich unter Ausstellungen oder Präsentationen im Museum einen langweiligen und monotonen Abend vorstellt wurde bei den "Alten Stadtansichten in Bildern" eines Besseren belehrt. Im Rahmen der Sonderausstellung "Für die Nachwelt bewahrt" stellte Kulturmanagerin Birgit Plößner 200 Fotos, Postkarten und Zeichnungen vor, die bisher nur wenigen bekannt waren.
Dabei kam ein ständiges Geraune und Flüstern von den knapp 60 Besuchern im bis zum letzten Platz gefüllten Vortragsraum. Die alten Aufnahmen sorgten immer wieder für Erinnerungen. Es gab auch spontane Überraschungen, wenn man sich selbst, Verwandte oder Bekannte auf den Bildern fand. Ein Besucher entdeckte beispielsweise die eigene Tochter im Kinderwagen auf einer alten Fotografie von der Alten Amberger Straße.
Datierung
Plößner erklärte, was Museumsarbeit, deren Schwierigkeit und Reiz ausmacht an einem Beispiel aus dem frühen 20. Jahrhundert. Ein undatiertes Bild zeigte Soldaten in der typisch bayerischen Uniform auf der heutigen Unteren Torstraße. Der Wasserturm war darauf bereits im Hintergrund zu sehen ebenso das Gasthaus Daubenmerkl. Deren Baujahre sind bekannt, so dass Plößner das Foto auf die nach 1911 aber vor 1914 datieren kann, da mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs die bayerischen Uniformen ersetzt wurden. Plößner selbst spricht von historischer Detektiv- und Ermittlungsarbeit.
Dass man wie ein echter Detektiv mit seiner Einschätzung auch mal daneben liegen kann, bewiesen ihr die vielen Gäste. Die vermutete Jahreszahl eines Foto des Stadtrats wurde gleich durch Zurufe korrigiert. Warum? Nun der Bürgermeister auf dem Bild war zum geschätzten Zeitpunkt noch gar nicht Rathauschef. Bilder vom ersten Bürgerfest hätten nach Einschätzungen auch das Maibaumfest sein können – Es wurde gelacht, gestaunt, gerätselt und die Besucher schwelgten viel in Erinnerungen.
Offene Fragen
Wo später der TuS-Sportplatz war, marschierten während der NS-Zeit Soldaten auf. Das erste Foto der Fußballmannschaft von 1922 sorgte für Heiterkeit. Einige Aufnahmen konnte auch Plößner trotz ihrer Recherchen örtlich nicht zuordnen, was die Gäste zu Experten werden lies. Einige Fragen konnte das Publikum auflösen, war sich aber manches mal auch uneinig oder gar ratlos.
Das Archiv des Kulturmuseums umfasst circa 15.000 digitalisierte Aufnahmen. Weitere 2000 warten in Schachteln auf die Bearbeitung. Dennoch appelliert Plößner an die Bevölkerung, alte Fotoalben zu durchstöbern und die Fotos zur Digitalisierung zur Verfügung zu stellen. Gerade Innenaufnahmen alter Gaststätten und Geschäften sowie Straßen und Häuser, die nicht gerade Rathaus, Marktplatz und Wasserturm sind, seien gefragt.
Kultur- und Militärmuseum Grafenwöhr
- Geöffnet: Dienstag bis Donnerstag und Sonntag, 14 bis 17 Uhr
- Eintritt: Erwachsene 4 Euro, Kinder und Jugendliche 2 Euro, Familienkarte 10 Euro
- Führungen: Nach Vereinbarung auch außerhalb der Öffnungszeiten unter Telefon 09641/925606
- Nächster Bildervortrag: "Ansichten Truppenübungsplatz" am 8.2. um 19 Uhr
- Sonderausstellung: "Für die Nachwelt bewahrt" bis 12. März
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