Hahnbach
23.04.2024 - 16:37 Uhr

Handwerker sprechen bei Werkstattgespräch über ihre Probleme

Fachkräftemangel, Bürokratie, Schwarzarbeit: Dem Handwerk brennen viele Themen unter den Nägeln. Bei einem Werkstattgespräch tauschten sich Unternehmer und Politiker aus.

Zu einem Werkstattgespräch, bei dem es vorrangig um Sorgen und Probleme mittelständigen Handwerks ging, hatte die Schreiner-Innung Amberg-Sulzbach in die Betriebsräume der Standecker GmbH & Co KG eingeladen. "Bürokratie, Fachkräftemangel, Lobbyisten und Betriebsnachfolge machen uns derzeit große Sorgen", erklärte Karl Standecker. Niemand dürfe in Abrede gestellt werden, dass Handwerker Partner sind, auf die Verlass sei und die qualitativ hochwertige Arbeit abliefern, sei es für Einzelpersonen oder die Gesamtwirtschaft. Für sich nahm Standecker in Anspruch, dass er Metaller, Rollladen- und Fensterbauer, Bürokaufmann, Rechtsanwalt, Psychologe, Planer, Chemiker, Physiker, Statiker, Designer, Ideengeber und Finanzberater sein müsse, um seine Arbeit als selbständiger Handwerkmeister bewältigen zu können.

Ein etwaiges Widerrufsrecht bei Handwerkerleistungen führe beim Auftraggeber zu Irritationen, die Berufskraftfahrerqualifikation und die Führerscheinkontrollpflicht bei Mitarbeitern bürde dem Betriebsinhaber zahllose Kontrollen auf. Kritik übte Standecker am immer größeren Einfluss von Lobbyisten auf politische Entscheidungen und da sei es an der Zeit, dass die Politik was dagegen unternehme. Erst in jüngster Zeit habe die Gasindustrie rund 40 Millionen Euro in Lobbyarbeit investiert, etwa 1,5 Millionen Euro hätten die Deutsche Umwelthilfe, Greenpeace und der BUND ausgegeben, nur im fünfstelligen Bereich finanziere das Handwerk Lobbyarbeit.

Für mehr Eigenverantwortung

Zu dem Werkstattgespräch sind auch jede Menge Politiker gekommen: Landtagsabgeordneter Harald Schwartz (CSU), der stellvertretende Landrat Michael Rischke (SPD), Landtagsabgeordnete Laura Weber (Grüne), FDP-Kreisvorsitzender Fabian Bischof, Hans Martin Grötsch (Freie Wähler), Franz Badura (ÖDP) und Sebastian Wanner (Die Linke). Und alle hatten etwas zu sagen.

"Heute traut sich doch keiner zu, etwas zu entscheiden", erklärte etwa Schwartz. Denn jeder müsse damit rechnen, dass sein Vertragspartner sofort die Gerichte bemühe. Die Vielfalt von Regularien käme nicht aus der Politik, so der CSU-Politiker, sondern von den Fachverbänden. Rischke vertrat die Ansicht, dass nicht der Arbeitgeber dafür verantwortlich sei, ob sein Kraftfahrer eine gültige Fahrererlaubnis besitzt, das liege eigentlich im Verantwortungsbereich des Mitarbeiters. Weber sprach sich für mehr Eigenverantwortung aus, um der Überregulierung Einhalt zu gebieten. Eventuell könne mit zunehmender Digitalisierung der seit Jahren diskutierte Bürokratieabbau forciert werden.

"Wir Deutschen überregulieren dann noch vielfach, was aus Brüssel kommt", bedauerte der FDP-Vertreter Fabian Bischof. "Seit ich in der Politik aktiv bin begleitet mich der Bürokratieabbau, aber immer mehr Bürokratie habe vielfach ihre Ursache in nicht immer praxistauglicher Gesetzgebung, die umgehend überarbeitet werden sollte", so Grötsch. Im neuen bayerischen Landtag seien die Freien Wähler mit 15 Handwerkern vertreten und denen traue er praxistaugliche Entscheidungen zu. Traurig sei, so Grötsch, dass vielfach die Meinung von Lobbyisten mehr gefragt sei, als die der Experten.

Nach Tarif bezahlen

Badura sieht die Überregulierung damit begründet, dass vieles schief läuft und niemand sich verantwortlich fühlt. Er bemängelte fehlende Korrespondenz innerhalb der Ministerien: "Von denen hat noch nie einer eine Säge in der Hand gehabt.“ Die Folge sei eine Flut vieler schwachsinniger Regularien. Für das Handwerk seien nur wenig Lobbyisten tätig, so Wanner. Und wer mehr Geld in die Hand nehme, habe einfach auch mehr Einfluss auf Entscheidungen.

Fachkräftemangel und Schwarzarbeit waren weitere Themen, die den Politikern vorgehalten wurden. Mit Steuerbefreiung von Überstunden könnte Schwarzarbeit eingedämmt werden, so Schwartz. Aus der Handwerkerrunde kam der Vorwurf, dass ein durch regelmäßige Arbeit erzieltes Einkommen die möglichen Sozialleistungen nicht wesentlich übersteige, worauf Wanner konterte, dass die Arbeitgeber nur den gewerkschaftlichen Forderungen nach angemessenem Lohn nachkommen müssten. Günstigen Industriestrom auch für den Mittelstand forderte Grötsch und Steuerentlastungen für Arbeitnehmer seien der beste Anreiz, dass sich Arbeit auch lohnt.

"Wir brauchen qualifizierte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt", erklärte Fabian Bischof schließlich. Außerdem sollten mehr Schulabgänger bereits in den Schulen besser über die Chancen eines handwerklichen Berufs aufgeklärt werden. Auch Weber sprach sich dafür aus, mit bezahlten Praktika Anreize zu geben, sich über einen handwerklichen Beruf zu informieren. Diese Meinung vertrat auch Sebastian Wanner. Vorsicht sei geboten, argumentierte der Schreiner Richard Siegler, denn wenn ein 13-jähriger Schüler ein Praktikum absolviert, stehe der Vorwurf der Kinderarbeit schnell im Raum.

 
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