Der Verkehr auf der B299 zwischen Hessenreuth und Erbendorf rollt wieder. Drei Jahre war dort kein Durchkommen wegen des Ausbaus der Straße. Die neue umgelegte Strecke wurde am Freitagmittag für den Verkehr freigegeben - wenn auch nur provisorisch. Denn auf der insgesamt 4,6 Kilometer langen neuen Straße fehlt noch eine von vier Brücken, die sogenannte Fauna-Brücke.
Um diese Baustelle wird der Verkehr noch über eine Behelfsstraße gelenkt. Baudirektor Stefan Noll vom Staatlichen Bauamt Amberg-Sulzbach, verantwortlich für den Brückenbau, weist darauf hin, dass sich Fahrer unbedingt an die Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h im Bereich der Brückenumfahrung halten sollten. Die Behelfsstraße ist zwar sechs Meter breit, allerdings recht kurvig und teils steil - "fast wie die alte Straße". Besonders bei Nebel sei Vorsicht geboten.
Fertigstellung bis 2023
Die Fauna-Brücke sei laut leitenden Baudirektor Roman Beer und Stefan Noll ein Novum in der Region. "Sowas haben wir in der Form hier in der Region noch nicht gebaut." Es ist die größte der insgesamt vier Brücken, mit dem Bau wurde Anfang Oktober 2021 begonnen. Die begrünte Brücke, über die der Wildwechsel stattfinden soll, wird voraussichtlich im Frühjahr, spätestens Ende Mai 2023 fertiggestellt.
"Das sollte zügig über die Bühne gehen", informiert Baudirektor Tobias Bäumler. Der Verkehr fährt dann 50 Meter „wie durch einen Tunnel“. Die Stützweite beträgt 18 Meter. Verbaut werden im nächsten Jahr 2700 Kubikmeter Beton und 500 000 Kilogramm Stahl. Die für das Brückenbauwerk liegen bei knapp 5 Millionen Euro.
Fast 40 Jahre Vorgeschichte hatte die Baustelle am Hessenreuther Berg, erinnert CSU-Bundestagsabgeordneter Albert Rupprecht am Freitag bei der Eröffnung der Trasse. "Es wurde lange diskutiert." Ein maßgeblicher Wegbereiter für dieses Großprojekt sei der ehemalige Tirschenreuther Landrat Wolfgang Lippert gewesen. Ausschlaggebend für die Umsetzung sei gewesen, dass sich vor rund zehn Jahren alle Beteiligten an einen Tisch gesetzt hatten - Straßenbauamt, Naturschützer, Politiker, Anwohner -, die Pläne aus den Schubladen holten Kompromissbereitschaft zeigten.
Sicherer und komfortabler
Besonders der Eingriff in die Natur sollte so verträglich wie möglich gestaltet werden, betont Rupprecht. Grund für den Ausbau seien auch die vielen Unfälle gewesen, die auf dem Hessenreuther Berg passierten. Die Unfallhäufigkeit lag fünf Mal höher als auf anderen Straßen Bayerns. Natürlich koste laut Rupprecht der Ausbau der Infrastruktur viel Geld, doch dieser sei besonders im ländlichen Raum zwingend notwendig. Baudirektor Tobias Bäumler, Bereichsleiter Straßenbau, betonte, dass die neue Strecke deutlich verträglicher konzipiert wurde als die ursprüngliche Straße. Sie sei komfortabler, sicherer und zeitgemäßer. "Die Planer haben alles rausgeholt."
Die Kosten seien mit 21 Millionen Euro komplett im Rahmen geblieben, ergänzt Baudirektor Gerhard Kederer. Für ein wenig Verzögerungen habe der nasse Sommer gesorgt. "Wenn uns der Regen nicht gebremst hätte, hätten wir einen Monat früher hier stehen können." Vor dem Umbau des Teilstücks waren 1700 Fahrzeuge pro Tag auf der Straße unterwegs. "Diese Anzahl wird sicher noch steigen", prognostiziert Kederer. Denn nun sei die B299 über den Hessenreuther Berg auch für Lastwagen sicher befahrbar.
Auch Albert Nickl, stellvertretender Landrat von Neustadt/WN, erinnert an die lange Vorgeschichte: "Es war ein langes Hü und Hott, ob das überhaupt umsetzbar ist." Durch die neue Trasse rückten die Landkreise Neustadt und Tirschenreuth noch näher zusammen. Dem stimmt Landrat Roland Grillmeier zu. Der verdeutlicht zudem: "Ohne gut ausgebaute Straßen ist der ländliche Raum tot." Natürlich müsse auch der Öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden, doch dieser allein könne nie die Lösung für ländliche Regionen sein.
Keine Weltreise mehr
Pressaths Bürgermeister Bernhard Stangl spricht das Vierstädtedreieck Eschenbach-Grafenwöhr-Pressath-Kirchenthumbach an: "Der Weg in den Westen war immer frei." Nach Erbendorf sei es - vor allem in den vergangenen drei Jahren- eine Weltreise gewesen. Die Strecke sei jetzt kürzer, schneller und einfacher zu bewältigen. Die neue Straße sei nicht nur eine Verkehrsverbindung zwischen Pressath und Erbendorf, sondern stärke auch die Städtebeziehung. "Wir waren wie abgeschnitten", sagt dazu Erbendorfs Bürgermeister Johannes Reger. Er freut sich, dass sich dies nun ändern wird. Besonders für die vielen US-Soldaten, die in Erbendorf wohnen, erleichtere die B299 das Pendeln nach Grafenwöhr, merkt Reger an. Er selbst habe viele persönliche Erinnerungen an die alte Straße, besonders an Einsätze als Feuerwehrmann.
Weitere Großbaustellen in Planung
Auf den Abschluss der Baustelle am Hessenreuther Berg folgen weitere Großbaustellen im Landkreis Tirschenreuth: "Langweilig wird uns nicht", berichtet Kederer. Als nächstes wird die Umgehungstrasse bei Plößberg Ende Mai 2022 fertig. Dann steht die Ortsumgehung Waldershof für 32 Millionen Euro an. Für die B299 durch Waldsassen ist traf kürzlich der Planfeststellungsbeschluss ein. Die Süd-Ost-Umgehung um Tirschenreuth ist noch in der Planungsphase. "An den Bau ist hier noch nicht zu denken."
Der Ausbau der B299 in Zahlen
- Gesamtkosten: 21 Millionen Euro
- Baulänge: 4,6 Kilometer
- Fahrbahnbreite: 7,5 Meter
- Vier Brückenbauwerke
- Neigung: maximal 9 Prozent (vorher 19 Prozent)
- Höhenunterschied: 157 Meter (von 538 bis 695 Meter)
- Insgesamt 250.000 Kubikmeter Erde bewegt.
- 64.000 Quadratmeter Asphaltschicht
- 5,6 Kilometer Entwässerungsleitungen
- Knapp 8 Hektar naturschutzfachliche Kompensationsflächen
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