Franz Dorfner (66) ist es nach eigenen Worten relativ leicht gefallen, die Leitung der Brauerei an seinen Sohn Sebastian zu übergeben. Er macht kein Hehl daraus, dass er sich über den reibungslosen Ablauf der Unternehmensnachfolge freut. Sebastian Dorfner hatte schon im Alter von 15 Jahren bei der Veltins-Brauerei im Sauerland ein Schülerpraktikum absolviert. Er wollte fernab der Heimat einen komplett anderen Betrieb in einer noch dazu anderen Größenklasse kennenlernen und grundsätzlich herausfinden, ob Bierbrauen etwas für ihn sein könnte.
Motiviert dazu war er ohnehin durch die Historie der elterlichen Brauerei und die Aussicht, sie in der achten Generation fortzuführen. Nach seinem Abitur am Gregor-Mendel-Gymnasium Amberg studierte er in Weihenstephan Brau- und Getränketechnologie. Während und nach seinem Studium arbeitete er in verschiedenen Brauereien in Bayern. Anschließend war er als Unternehmensberater in Rosenheim tätig. Nach seiner Zeit des Wanderns und Fortbildens war er nun bereit, in den elterlichen Betrieb einzusteigen und die Familienbrauerei fortzuführen. Als leidenschaftlicher Hobby-Brauer kann er jetzt sein Hobby zum Beruf machen und dabei auf ein starkes, zehnköpfiges Team an tüchtigen Mitarbeitern aufbauen – angefangen vom Braumeister über Brauer, Lehrling bis hin zu den Bürokräften und Bierfahrern.
Rückgang wegen Corona
Als Grundlage für eine erfolgreiche Zukunft entwickelte er zusammen mit seiner Familie, den Mitarbeitern und Kunden ein Unternehmensleitbild. Auf dieser Basis möchte er den Betrieb trotz trotz aller aktuellen Schwierigkeiten durch die Corona-Krise weiterentwickeln. Deren Auswirkungen treffen die Brauerei schmerzlich. Durch den Ausfall vieler Feste und den Rückgang der Gastronomie musste man einen Absatzrückgang von ca. 1000 Hektoliter verkraften, das entspricht einem Viertel des ursprünglichen Jahresbierabsatzes. Sebastian Dorfner hofft, in diesem Jahr wieder voll durchstarten zu können. Derzeit braut man rund 3000 Hektoliter Bier, eine Menge, die umgerechnet 600 000 Flaschen oder ganz grob der Füllung eines 25-Meter-Schwimmbeckens entspricht. Das Sortiment umfasst zehn ständige Sorten und diverse Saisonbiere. Beliebteste Sorte, so Sebastian Dorfner, ist das 1812 Original, ein helles Lagerbier, das nach altem Rezept hergestellt wird. Als seinen persönlichen Favoriten nennt er allerdings das unfiltrierte Kellerbier, das wie frisch aus dem Lagerkeller schmeckt.
„Die letzten Jahre haben gezeigt, dass vermehrt regionale Brauspezialitäten gefragt sind. Genau diese handwerklich hergestellten Produkte können wir mit unseren ausgezeichneten Bieren bieten. Somit können wir einen Beitrag zu einer kleinteiligen, vielfältigen und regionalen Brauwirtschaftsstruktur in unserer Gegend leisten“, so Sebastian Dorfner. Mit gut 15 Brauereien im Umkreis von 25 km gibt es vor Ort eine Brauereidichte, die ihresgleichen sucht und die hohe Qualität der hiesigen Biere unterstreicht. „Biertrinker aus Oberbayern beneiden uns um diese Vielfalt und Qualität. Umso mehr macht es mir Spaß zu dieser regionalen Kultur dazugehören zu dürfen“, erzählt der neue, junge Chef.
Drei-Generationen-Bier
Trotz vieler Ideen und Visionen greift Sebastian Dorfner gern auf Altbewährtes zurück. So möchte er für das Frühjahr ein Drei-Generationen-Bier brauen, das mit den langjährigen Erfahrungen seiner Oma Rita Dorfner und seinem Vater Franz Dorfner gemeinsam entwickelt wurde. Die Expertise der sechsten, siebten und achten Generation der Familienbrauerei sollen somit in einem Sondersud verewigt werden, über den aber noch keine Details verraten werden. Sowohl hier als auch zukünftig steht der Vater Franz seinem Sohn gerne mit Rat und Tat zur Seite.
Die Geschichte der Schlossbrauerei Hirschau
Seit Gründung der Brauerei vor ca. 210 Jahren befindet sich diese im Besitz der Familie Dorfner. Am 20. Oktober 1812 erwarb Andreas Dorfner das private Braurecht. Das Bierbrauen wurde in der Familie bereits vorher im Rahmen des Kommunbraurechts ausgeübt. Das von ihm angekaufte Pflegschloss wurde 1817 zur Brauerei umgebaut. Sein Sohn Florian Dorfner übernahm 1825 die Brauerei. Er wurde zudem als Bürgermeister und Landtagsabgeordneter sowie Mitstifter des Hirschauer Krankenhauses bekannt. 1863 erhielt Johann Sebastian Dorfner von seinem Onkel die Brauerei. 1874 vererbte er sie an seinen Sohn Josef Vitus Dorfner. Ab 1914 leitete Franz Karl Dorfner die Brauerei. Nach seinem Tode 1943 übernahm seine Frau Magdalena Dorfner bis 1955 diese Aufgabe. Franz Dorfner erhielt die Brauerei 1955. Seine wichtigste Entscheidung führte 1967 zum vollständigen Neubau der Brauerei. Nach seinem Tod 1980 führte seine Frau Rita Dorfner die Brauerei bis 1993. Ab 1994 leitete Franz Dorfner die Geschicke der Brauerei, seit 1. Januar 2022 tut dies sein Sohn Sebastian Dorfner
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