Hirschau
10.03.2021 - 14:39 Uhr

Festspielverein Hirschau: Statt um die Welt vors „Königlich Bayerische Amtsgericht“

Eigentlich wollte das Ensemble des Festspielvereins 2020 seine Besucher auf eine große Reise mitnehmen: „In 80 Tagen um die Welt“. Wegen Covid-19 verschob man das Abenteuer erst auf 2021, dann auf 2022.

Auf das Bühnenbau-Trio des Festspielvereins wartet in den kommenden Wochen jede Menge Arbeit (von links): Roland Fritsch, Ludwig Koller und Erhard Ackermann. Die Kulissen für das „Königlich Bayerische Amtsgericht“ müssen gefertigt werden. Bild: u
Auf das Bühnenbau-Trio des Festspielvereins wartet in den kommenden Wochen jede Menge Arbeit (von links): Roland Fritsch, Ludwig Koller und Erhard Ackermann. Die Kulissen für das „Königlich Bayerische Amtsgericht“ müssen gefertigt werden.

Stattdessen geht es heuer vors Königlich Bayerische Amtsgericht. Die Vielzahl der durch die Corona-Pandemie verursachten Vorschriften machte bei Regisseur Dieter Held und seiner Truppe ein Umdenken nötig. Insbesondere die begrenzte Zahl der Darsteller und Statisten verhinderte die Aufführung des Stücks nach dem spektakulären Abenteuerroman von Jule Vernes. Bei den Aufführungen hätten 52 Darsteller mit Sprechrollen und 8 Statisten auf der Bühne gestanden.

Bei der Suche nach Alternativen mit deutlich geringerem Personalaufwand entschied man sich schließlich für drei Episoden aus der beliebten Fernsehserie "Königlich Bayerisches Amtsgericht". Ausgewählt wurden die Einakter „Der Pfarrergockel“ und „Der Parasit“ aus der ersten und das Stück „Die Trompete“ aus der zweiten Staffel. „Der Pfarrergockel“ und „Der Parasit“ werden zusammenhängend gespielt, nach einer Pause dann „Die Trompete“. Insgesamt werden nur etwa 20 Schauspieler und Statisten auf der Bühne agieren. Gerichtssaal und Wartezimmer werden nur minimal besetzt. Für diese Rollen sucht der Festspielverein noch bis zu acht Statisten, die sich lautstark zu diversen Szenen während der Gerichtsverhandlungen äußern sollen.

Vergeben hat Regisseur Dieter Held bereits die Sprechrollen. Den Amtsgerichtsrat August Stierhammer gibt mit Christian Gnan ein versierter und erprobter Schauspieler, der nicht nur beim Festspielverein Bühnenerfahrung gesammelt hat, sondern auch beim Theaterverein Ehenfeld und beim Ovigo-Theater Oberviechtach. Ludwig Schmid verkörpert den Wachtmeister Blasius, Edgar Kraus den Gerichtsschreiber Hechtl beziehungsweise Haberkorn, Erwin Zach den Staatsanwalt und Mathias Erlbacher den Ökonomierat Josef Fäustl. Die Rolle der angeklagten Pfarrersköchin Ursula Attenberger übernimmt beim „Pfarrergockel“ Corinna Falk. Roland Fritsch steht als Angeklagter beim „Parasit“ vor dem Kadi, und Maximilian Stein muss sich beim Stück „Die Trompete“ vor Gericht verantworten. Jede Menge Arbeit wartet auf die drei Bühnenbauer Roland Fritsch, Erhard Ackermann und Ludwig Koller. Sie sollen die Kulissen und Requisiten für den Gerichtssaal, das Wartezimmer und die Stube von Ökonomierat, Guts- und Brauereibesitzer Joseph Fäustl fertigen.

Die Bühnenproben sollen am Donnerstag, 27. Mai, starten. „Bis dahin muss der Text sitzen“, so Regisseur Dieter Held. Geplant sind acht Aufführungen. Die Premiere ist für Freitag, 16. Juli, um 20 Uhr auf der Freilichtbühne des Mälzerei-Theaters vorgesehen. Weitere Spieltermine sind: Samstag, 17. Juli; Mittwoch, 21. Juli; Freitag, 23. Juli; Samstag, 24. Juli; Mittwoch, 28. Juli; Freitag, 30. Juli; Samstag, 31. Juli. Beginn ist jeweils um 20 Uhr. Als Ausweichtermin ist Sonntag, 1. August, vorgesehen. Um flexibel auf die dann aktuellen Corona-Bedingungen reagieren zu können, gibt es Eintrittskarten zum einheitlichen Preis von 15 Euro ausschließlich an der Abendkasse.

Das Königlich Bayerische Amtsgericht ist eine zwischen 1969 und 1972 entstandene 53-teilige Fernsehserie des ZDF, die Gerichtsszenen in einem Amtsgericht im fiktiven Ort Geisbach in den Jahren 1911/12 beschreibt. Die ersten 26 Folgen wurden ab Januar 1969 ausgestrahlt. Eine zweite Staffel von ebenfalls 26 Folgen startete im Oktober 1970 mit großem Erfolg. Die letzte Folge wurde im Januar 1972 ausgestrahlt.

Die Fälle sind meist originell und idealisieren „die gute, alte Zeit“ des Königreichs Bayern vor 1914 unter der Regentschaft des Prinzregenten Luitpold. Der Autor Georg Lohmeier war Befürworter der Wiedereinführung der Monarchie in Bayern. Besonderes Markenzeichen der Serie ist der Amtsrichter August Stierhammer, der manchmal eigenartige und listige Methoden der Prozessführung an den Tag legt. Er wurde von Hans Baur gespielt.

Der Text des Vorspanns, den einst Gustl Bayrhammer sprach, ist zum Klassiker geworden: „Es war eine liebe Zeit, die gute, alte Zeit vor anno 14. In Bayern gleich gar. Damals hat noch Seine Königliche Hoheit der Herr Prinzregent regiert, ein kunstsinniger Monarch, denn der König war schwermütig. Das Bier war noch dunkel, die Menschen war’n typisch, die Burschen schneidig, die Dirndl sittsam und die Honoratioren ein bisserl vornehm und ein bisserl leger. Es war halt noch vieles in Ordnung damals. Denn für Ordnung und Ruhe sorgte die Gendarmerie und für die Gerechtigkeit das Königliche Amtsgericht.“

Die Handlung der Gerichtsszenen folgt einem wiederkehrenden Schema. Nach anfänglicher Aufregung und hochkochenden Emotionen auf der Anklagebank und im Zuschauerraum löst sich unter der strengen, bisweilen augenzwinkernden Verhandlungsführung des erfahrenen Vorsitzenden aufgrund eines Drehs alles in Wohlgefallen auf. Meist, nachdem der eine oder andere Schwindel aufgeflogen ist. Gleich darauf verträgt man sich wieder, alles war nicht so böse gemeint, und die Gemüter haben sich längst wieder beruhigt.

Beim Abspann ist nochmals die markante Stimme Gustl Bayrhammers zu hören: „Das Leben geht weiter, ob Freispruch oder Zuchthaus, auch in der guten, alten Zeit – und auf die Guillotin' hat unser alter Herr Rat eh’ niemanden geschickt … Eine liebe Zeit, trotz der Vorkommnisse – menschlich halt. Und darum kommt es immer wieder zu diesen Szenen – im Königlich Bayerischen Amtsgericht.“

Bildergalerie
Hirschau21.07.2019
Reichlich Bühnenerfahrung hat Christian Gnan. Er schlüpft beim „Königlich Bayerischen Amtsgericht“ in die Rolle des Amtsgerichtsrats August Stierhammer. Bild: u
Reichlich Bühnenerfahrung hat Christian Gnan. Er schlüpft beim „Königlich Bayerischen Amtsgericht“ in die Rolle des Amtsgerichtsrats August Stierhammer.
Dieter Held steht dieses Mal nicht selbst auf der Festspielbühne. Er führt Regie beim „Königlich Bayerischen Amtsgericht“. Archivbild: u
Dieter Held steht dieses Mal nicht selbst auf der Festspielbühne. Er führt Regie beim „Königlich Bayerischen Amtsgericht“.
 
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