1972 war das Jahr der großen Gebietsreform in Bayern. Die Neugliederung der Gemeinden machte auch vor Hirschau nicht Halt. Ehenfeld hatte sich 1971 in der sog. „Freiwilligkeitsphase“ der Stadt angeschlossen. Am 1. Januar 1972 wurden die Einwohner von Steiningloh, Urspring, Krondorf, Burgstall (alle vorher Gemeinde Mimbach) und Krickelsdorf (vorher Gemeinde Großschönbrunn) Bürger der Stadt. Die seit dem zweiten bayerischen Gemeindeedikt im Jahr 1818 eigenständige Gemeinde Weiher löste sich zum 31. März 1972 auf. Die Ortsteile Weiher, Kricklhof, Sargmühle und Scharhof schlossen sich Hirschau an, die Ortsteile Haidhof und Haidmühle Schnaittenbach. Mit dem Scharhof kam das „Filetstück“ der Weiherer Ortsteile zu Hirschau. Befand sich doch dort mit dem Kaolinwerk der Gebr. Dorfner ein wichtiger Arbeitgeber und potenter Steuerzahler.
Zwei Steuer-Gemeinden
Weiher bestand im Prinzip aus „drei Richtungen“, wie Georg Kraus – der letzte Weiherer Bürgermeister (1960 bis 1972) – es in seinen handschriftlichen Notizen nennt: 1. Weiher-Kricklhof, 2. Mühlbach-Siedlung und 3. Ortsteil Haid mit Scharhof. 50 Jahre nach der Eingliederung ist es durchaus interessant, in den Aufzeichnungen von Georg Kraus nachzulesen, der bei seiner letzten Wahl zum Bürgermeister 95,8 Prozent der Stimmen erhielt. Er schreibt u.a.: „Die Gemeinde Weiher war die einzige in der Oberpfalz, die aus zwei getrennten Steuergemeinden bestand. Diese Entstehung kam so: Vor rund 180 (heute 200) Jahren bestand die Steuergemeinde Scharhof aus 4 einzelnen Höfen, dem Scharhof, Haidmühle, Haidhof (damals Hirschhütte) und Sargmühle (damals Sachmühle). Diese kleine Gemeinde war schon damals nicht existenzfähig. Sie stellte den Antrag, nach Schnaittenbach eingemeindet zu werden. Schnaittenbach lehnte den Antrag ab. Ebenso abgelehnt wurde der Antrag auf Eingliederung nach Hirschau. Die Gemeinde Weiher, bestehend aus Weiher und Kricklhof, nahm die Scharhöfer auf.“
Hätten die Schnaittenbacher oder Hirschauer auch nur im Traum daran gedacht, dass auf dem Scharhof 1894/1895 ein Kaolinwerk entsteht, hätten sie sicher anders entschieden. Kraus schreibt weiter: „Durch die große steuerliche Einnahme von später wurde natürlich das Kaolinwerk Dorfner zu einem begehrten Objekt. Es kam zu Streit und Prozessen. Der erste Landrat nach dem 2. Weltkrieg (Dr. Martin Winkler) holte sich den Scharhof nach Schnaittenbach. Er war ja Schnaittenbacher. Als alleiniger Herrscher ging das ohne Widerspruch durch. Erst Jahre später (1955) wurde diese undemokratische Maßnahme durch meinen Vorgänger, Bürgermeister Georg Reindl, Weiher, mit einem langwierigen Prozess wieder aufgegriffen. Weiher bekam die Gemeindeteile wieder zugesprochen.“
Gericht entscheidet
Der VII. Senat der Bundesverwaltungsgerichts hatte mit Spruch vom 18. Dezember 1958 festgelegt, dass die am 1. Januar 1946 verfügte Auflösung und Zerstückelung der Gemeinde Weiher rechtswidrig war und die Gemeinde Weiher wieder in den alten Grenzen existiert. Georg Kraus: „Erst 1966-1967 wurde das Urteil unanfechtbar gemacht. Hätte ich die Sache damals mit meinem Gemeinderat nicht zu Ende geführt, wäre das bedeutende Kaolinwerk für allemal nach Schnaittenbach gekommen. Bei der Gemeindeeingliederung nach Hirschau stimmte der Gemeinderat in der maßgebenden letzten Sitzung (23. Februar 1972) mit 7 Fürstimmen und 2 Gegenstimmen für Hirschau.“ Neben Bürgermeister Kraus (Am Mühlbach) gehörten dem Gremium damals an: August Stauber, Martin Birner (beide Dorf Weiher), Hans Gres, Franz Daller, Hermann Flierl, Hans Schertl (alle Am Mühlbach), Alfons Heindl (Haidhof) und Hermann Heindl (Scharhof). Letzterer war Gemeindeschreiber und fungierte bei der Sitzung als Schriftführer.
Die Hirschau-Befürworter führten u.a. die besondere Verflechtung des Scharhof zu Hirschau an, die dadurch zum Ausdruck komme, dass von 295 Mitarbeitern der Firma Dorfner 228, also 77 % der Belegschaft, in Hirschau bzw. der Gemeinde Weiher wohnen. Firmeninhaber Hermann Dorfner lebe ebenfalls in Hirschau. Rund 80 % der Weiherer Gemeindebürger wohnten in den Gemeindeteilen Weiher, Kricklhof, Sargmühle, Am Mühlbach und Scharhof.
Weiher gehöre außerdem seit dem 1. Januar 1964 zum Standesamt-Bezirk Hirschau. Abschließend heißt es: „Der freiwilligen Auflösung der Gemeinde wird nur zugestimmt, wenn dem vollen Willen des Gemeinderats, den dieser in seinen Beschlüssen vom 30.12.1971 und vom 26.1.1972 festgelegt hat, entsprochen wird.“ Für eine Eingliederung nach Hirschau sprach zudem, dass die Kinder aus dem Dorf Weiher seit 1958 die Volksschule in Hirschau besuchten. 1961 war der Schulverband Hirschau-Weiher gegründet worden. Letztlich kamen die Ortsteile Weiher, Kricklhof, Sargmühle und Scharhof nach Hirschau, die Ortsteile Haidhof und Haidmühle nach Schnaittenbach.
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