Deutschland und die Welt
08.04.2019 - 18:39 Uhr

Israel hat die Wahl, Netanjahu hat sie nicht

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu steht wegen Korruptionsvorwürfen unter Druck und kämpft um sein politisches Überleben. Dabei gefährdet er auch den Ausgleich mit dem Palästinensern. Ein Kommentar von Alexander Pausch.

Kommentar von Alexander Pausch
Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu. Bild: Mindaugas Kulbis/AP/dpa
Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu.

Israel steht wieder einmal am Scheideweg. Bei der Parlamentswahl an diesem Dienstag entscheidet sich nicht nur wer künftig regiert, sondern auch, welche Chance eine Zwei-Staatenlösung noch haben kann. Wenige Tage vor der Wahl ist der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf die Forderung der Rechten eingeschwenkt und kündigt jetzt die Annexion von Teilen des Westjordanlandes an.

Ein Gebietstausch, wonach die großen israelischen Siedlungsblöcke Israel zugeschlagen werden und die Palästinenser stattdessen andere Gebiete bekommen, war Teil aller Friedenspläne, die in den vergangenen Jahrzehnten vorgelegt worden waren. Von Verhandlungen ist zwar schon lange nicht mehr die Rede. Und: Eine einseitige Annexion der Siedlungblöcke würde alle Chancen auf eine Wiederaufnahme zerstören.

Sollte ein Mitte-Rechts-Bündnis unter Netanjahu an die Macht kommen, würde es diese Gespräche auch nicht mehr aufnehmen wollen. Unter Palästinensern gibt es längst Stimmen, die sich für eine Ein-Staatenlösung aussprechen, einen Staat mit den Israelis. Im Oktober 2018 unterstützten schon 29 Prozent der Palästinenser eine derartige Friedenslösung.

Netanjahu steht unter Druck wie nie. Dem 69-Jährigen drohen in drei Fällen Anklagen wegen Korruption. Die Vorwürfe bestreitet er. Aber um sicherzugehen braucht Netanjahu ein politisches Amt und eine Mehrheit im Parlament. Nur so kann er Immunität erhalten.

Deshalb spricht alles dafür, dass Netanjahus Vorstoß mehr als Wahlkampftaktik ist, um den Vorsprung, den sein Herausforderer Benny Gantz hat, doch noch zu verringern. Ministerpräsident Netanjahu bietet den Rechten das, was sie für ihre Unterstützung wollen: die Annexion der Siedlungen.

 
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