Eva Decker wurde kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs in Braunschweig geboren und ist in Diddersen bei Braunschweig aufgewachsen. Die Pfarrerstochter hat Arzthelferin gelernt und hat 1965 in Marburg an der Lahn an der Hebammenlehranstalt an der Uniklinik ihre zweite Ausbildung als Hebamme begonnen. Zwei Jahre später trat sie im Kreiskrankenhaus in Gelnhausen bei Frankfurt am Main ihre erste Stelle in diesem Beruf an.
14 Entbindungen pro Nacht
Als in Frankfurt Höchst zwölf neue Hebammen gesucht wurden, bewarb sie sich und fing dort an. "Dort habe ich richtig Geburtshilfe gelernt und meinen bereits verstorbenen Mann Jochen Decker (damals Assistenzarzt) kennengelernt", erzählt sie. Bis zu 14 Entbindungen in einer Nacht seien dort keine Seltenheit gewesen, erinnert sie sich an diese acht Jahre, die sie dort zugange war. 1970 wurde Hochzeit gefeiert, 1971 kam der erste Sohn Jochen zur Welt. Die nächste Station führte die junge Familie nach Marktoberdorf im Allgäu, wo Sohn Tim und Tochter Katharina geboren wurde. 1978 ging die Familie dann nach Kemnath, wo die Söhne Martin und Julian das Licht der Welt erblickten. Heute gehören auch fünf Enkel zur Familie.
1982 eröffnete Dr. Jochen Decker die erste gynäkologische Praxis in Kemnath und hatte Belegbetten im Krankenhaus. Im Jahr 2000 starb Jochen Decker. Eva Decker arbeitete als Hebamme in Kemnath von 1985 bis 1991, als das Haus geschlossen wurde. Ihre nächste Station war das Krankenhaus Tirschenreuth, wo sie bis 2014 tätig war. Längst könnte sie den Ruhestand genießen. Aber das wäre nicht Eva Decker. Stattdessen ist sie als selbstständige Hebamme auch heute noch im Geschäft und macht Wochenbettbesuche.
Zum Patchworken kam sie eher zufällig. Wer fünf Kinder erziehen muss, tut das in der Regel zu Hause. Zwar verlangen die kleinen Racker einem alles ab, aber im häuslichen Umfeld lässt sich dann noch noch ein Hobby verwirklichen. "Meine Kinder hatten alle bunte Bettwäsche, die irgendwann einmal ihren Dienst getan hatte." Eva Decker hat sich damit einfach mal an der Patchworktechnik, die sie in der Theorie kannte, versucht. "Ich habe das einfach mal ausprobiert und machte eine Decke für das Hundekörbchen." Es funktionierte und von da an war sie gefesselt von diesem Kunsthandwerk. Sie absolvierte einen Oberflächengestaltungskurs, las Fachliteratur und bildete sich mit der Methode "Learning by doing" weiter. Das Nähen hat sie von ihrer Mutter gelernt und war darin so perfekt, dass sie ihr eigenes Brautkleid selbst angefertigt hat.
Kein Stoff sicher
Es gibt keinen Stoff, der vor Eva Decker sicher ist. So verwandelte sie einmal sogar eine Altardecke in eine schicke Bluse. Oberstes Gebot für den Erfolg beim Patchworken oder Quilten sei akurates Zuschneiden, wofür man immens viel Zeit benötige. Nehme man die sich nicht, gehe die Arbeit irgendwann ganz sicher schief. Ihre Werkstatt hat sie im Keller eingerichtet. Als Tisch für die großen Decken und Wandbehänge dient eine Tischtennisplatte.
Mittlerweile hat sie jede Menge Decken zu Hause, hergestellt aus Batikstoffen. Anfängern rät die versierte Patchworkerin, lieber Baumwolle zu benutzen, weil sich diese nicht unter die Nähmaschine schiebt. Ihre Stücke schickt Decker per Post nach Düsseldorf, wo sie von Nina Reingruber gequiltet werden. Ihre „Rohstoffe“ – Nähmaschinen und Zubehör – bezieht sie meist in einem Nürnberger Laden. Auch in München und Augsburg kennt sie zwei Läden, die bedruckte Stoffe verkaufen. Richtig viel sei im Internet zu finden, womit sie aber eigentlich nichts am Hut hat. Deshalb muss einer ihrer Söhne ran, wenn es etwa darum geht, aus mehr als 5000 Tierstoffen auszuwählen und zu bestellen.
Eigene Färberei
„Es ist erstaunlich, wie viel Fantasie man entwickelt, wenn man irgendetwas erreichen will“, sagt Decker. Rund 175 Euro kostet ihr das Rohmaterial für eine Decke oder einen Wandbehang. Quilten lässt sie außer Haus, weil eine gute Quiltmaschine mit lebenslanger Garantie nicht unter 16 000 Euro zu haben ist. Die Stoffe färbt Eva Decker selbst, zum Beispiel mit Kaliumpermanganat oder Zwiebelschalen. „Das ist immer eine Mordssauerei“, stellt sie fest.
Alles beginnt stets mit einem Quadrat. An einer aufwendigen Decke sitzt sie bestimmt 160 Stunden, im Normalfall immer noch 60 bis 80 Stunden. Inspiriert wird sie zum Beispiel von Florentiner Fußbodenmustern in alten italienischen Kirchen. Auch draußen in der Natur oder im eigenen Garten findet sie Farben und Formen, die sich mit Stoff hervorragend imitieren lassen. Sie arbeitet ausschließlich aus „Spaß an der Freude“. Zu Hause liegen immer bis zu 20 Decken herum. Aber auch weit über die Region hinaus sind ihre Arbeiten bekannt. So hängt zum Beispiel in einer Kirche in Ostfriesland ein aufwendiger Quilt. Ritter, Rosen, Hühner, Französische Bulldoggen, die kleine Raupe Nimmersatt, gestaltet als Comicseite, oder ein Eulenpaar zieren ihre Werke. „Wenn ich mit einer neuen Idee schwanger gehe, mache ich, egal wie spät es ist, Frühstück und gehe meist noch im Schlafanzug in den Keller, um entsprechende Stoffe auszusuchen. Im Keller gibt es zwei Räume, die randvoll mit Stoffen sind. Dann folgt das Zuschneiden und danach beginne ich zu nähen.“



















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