"Radioaktivität zum Anfassen im Alltag und in der Umwelt" - so lautete der Titel eines Vortrags, den der ehemalige Mathe-, Physik- und Informatiklehrer Rudolf Geipel aus Regenstauf im Schützenheim Mähring hielt. Mit von der Partie waren auch Vertreter des Gelebten Museums sowie der Mineraliensammlung in Mähring. Die rund 50 Zuhörer erlebten auch einige ungefährliche Versuche. Impulsgeber für die Veranstaltung war die Sonderausstellung "Uran am Grenzkamm", die noch bis Juni im Gelebten Museum zu sehen ist.
Rudolf Geipel informierte, dass es auf der Welt rund 450 Kernkraftwerke gebe. Für den Prozess der Kernspaltung werde ein Atomkern in zwei oder mehr Bruchstücke gespalten, was eine große Menge an Energie freisetze. Gefragter Rohstoff sei Uran, in dem viel Energie stecke. Eine Anlage in Obninsk (Russland) sei 1954 weltweit die erste gewesen, die Strom in ein öffentliches Netz eingespeist habe.
Natürlicher Kernreaktor
Einen natürlichen Kernreaktor mit einer Laufzeit von 500 000 Jahren habe es jedoch bereits vor rund 1,7 Milliarden Jahren in Gabun im heutigen Westafrika gegeben. "Dieser Naturreaktor ist eine Uranlagerstätte, in der durch natürlich entstandene Urankonzentration eine nukleare Kettenreaktion einsetzte", erklärte Geipel. Ihre Unschuld verloren habe die Kernkraft mit der Erfindung der Atombombe. Hinzu gekommen seien in der Negativbilanz später die größten anzunehmenden Unfälle (kurz: GAU) in Tschernobyl und Fukushima.
In Joachimsthal im Erzgebirge sei 1565 von Johannes Kentmann das Uranmineral Pechblende beschrieben worden, so benannt von Bergleuten wegen seines pechartigen Aussehens. Die Verbindung Uranoxid in der Pechblende habe 1789 der Apotheker und Chemiker Martin Heinrich Klaproth aus Berlin nachgewiesen. Benannt habe er es nach dem kurz zuvor entdeckten Planeten Uranus. Erst im 19. Jahrhundert sei jedoch die eigentliche Entdeckung der Radioaktivität gelungen. Der Franzose Becquerel sowie das Ehepaar Curie erhielten wenig später dafür den Physik-Nobelpreis, wie Geipel informierte.
Ständig präsent war an dem Abend ein akustisches Signal. Verantwortlich dafür waren mitgebrachte Spezialgeräte für die Messung von Radioaktivität. Die sogenannten Geiger-Zähler (Geiger-Müller-Zählrohre) gaben einen charakteristischen Ton von sich, sobald der Experte verschiedene Mineralien sowie weitere Anschauungs-Objekte dagegenhielt. Die Intervalle der Impulse waren mal mehr, mal weniger eng getaktet, was im Publikum durchaus erste Vermutungen über die Strahlung auslöste.
Strahlendes Schnupftabak-Flakon
Einen besonderen Eindruck hinterließ ein von einem Gast aus Plößberg präsentiertes Museumsstück. Ein kanariengelbes Schnupftabak-Glasflakon aus böhmischer Fertigung brachte bei der Messung stattliche 2539 Impulse pro Minute auf den Zähler. Besonders in der Biedermeier-Zeit seien Uran-Verbindungen mit ihrer färbenden Wirkung bei der Glasherstellung sehr populär gewesen, wie Geipel berichtete. Die Stärke der Strahlung ergebe jedoch nur relativ schwache Werte. "Gefährlich ist, wenn sich Alpha- oder Beta-strahlende Atome durch organische Säuren von Getränken oder Speisen aus dem Uranglas herauslösen und sich durch den Verzehr beispielsweise im menschlichen Körper absetzen. Aus Urangläsern trinken oder aus Uranschalen speisen sollte man lieber nicht", betonte Geipel.
Ansonsten bestehe bei Uranglas keine Gefahr der Kontamination, da die Strahlung nicht wesentlich höher sei als die natürliche Strahlung in der Umgebung. Gefährlich werde Uran erst durch das Hinzukommen weiterer Faktoren, wie der Referent erläuterte. Mitgebracht hatte Geipel neben Mineralien und Fossilien auch Badezimmerfliesen im schicken Retro-Stil der 1970er Jahre aus der Toskana oder eine kleine Porzellanfigur in Form eines Hundes aus einer namhaften Manufaktur aus Bayern. Sie alle waren mit einer Uranglasur versehen, die allerdings im Gegensatz zu Uranglas nicht unter einer UV-Leuchte fluoreszierte.
Der Referent ging auch auf die Arten von radioaktiver Strahlung ein. Alpha-Strahlung könne kein Papier durchdringen, Beta-Strahlung könne bereits durch wenige Millimeter Aluminium abgeschirmt werden. Bei Gamma-Strahlung hingegen sei die Strahlungsreichweite sehr hoch. Davor schützen könne man sich durch dicke Bleischichten. Beim Schutz vor ungewollter Strahlung spiele die 5-A-Regelung eine große Rolle: Abstand vergrößern, Abschirmung verstärken, Aufenthaltsdauer verkürzen, Aktivität vermindern, Aufnahme in den Körper vermeiden.
Positive Aspekte
Strahlung habe aber auch positiven Einfluss auf das Leben. "Denken wir nur an die Errungenschaft der Röntgen-Technik, die Wilhelm Röntgen 1895 auf den Weg brachte", so Geipel. Unterschiedliche Aspekte gebe es auch beim Radon. Das radioaktive chemische Element mit dem Elementsymbol "Rn" und der Ordnungszahl 86 im Periodensystem der Elemente habe seinen Namen vom lateinischen Begriff "radus", was Strahl bedeutet. Radon komme vermehrt in Gebieten mit hohem Uran- und Thorium-Gehalt im Boden vor. Weil das Mutternuklid Radium im Dunkeln leuchte, habe es in den 1920er Jahren auch hier eine gewisse "Radium-Mode" gegeben, wie der Referent mit Abbildungen von skurrilen Zimmerlampen aus dieser Zeit verdeutlichte. Von der positiven Seite des Edelgases Radon oder genauer gesagt Rn-222 berichtete er ausführlich in Zusammenhang mit der Anwendung als natürliches Heilmittel in der Kurmedizin - wie etwa im Sibyllenbad. In der notwendigen Regelmäßigkeit angewandt, habe es viele wünschenswerte Auswirkungen auf den menschlichen Körper.
Die Zuhörer zeigten sich angetan von den Ausführungen. "Diesen spannenden Vortrag fand ich richtig klasse", meinte ein 16-jähriger Schüler. Als "didaktisch überaus wertvoll" bezeichnete Rudolf Geipel die Sonderausstellung "Uran am Grenzkamm". Mehr Informationen zum Inhalt und die Öffnungstage finden sich im Internet (www.daszwoelfer.de).
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