Früher haben die Gäste dort gebadet. Heute bestaunen sie Kunst aller Art im Badehaus Maiersreuth (Bad Neualbenreuth im Landkreis Tirschenreuth). Die über 30 Jahre alte Badehalle ist hell, die Sonne scheint durch die großen Fenster. Am Eingang befindet sich, wie für ein Schwimmbad typisch, ein kleines rotes Kassierer-Häuschen. Mittig liegt das blau geflieste Becken, über das sich ein großes rotes Rohr schlängelt. Es harmoniert mit der hölzernen Decke und den hölzernen Fensterrahmen. Hinter den Fenstern erstreckt sich eine grüne Außenanlage, die ehemalige Liegewiese mit kleinem Teich, früheren Spinden und Sanitäranlagen. Nebenan steht ein über 100 Jahre altes Schulgebäude. Es ist weiß, mit rot geziegeltem Dach.
Für diesen authentischen Eindruck erhielt das Badehaus Anfang Juli den Staatspreis für bayerische Kreativorte. Der Preis wurde an Projekte vergeben, bei denen Kunst und Kreativwirtschaft erfolgreich verbunden werden. Er ist mit 10 000 Euro dotiert. "Das war schon toll. So einen Preis zu erhalten, ist ja auch etwas Besonderes. Das gibt Auftrieb für mehr", meint Schriftführerin Annette Spreitzer vom Verein Badehaus Maiersreuth schmunzelnd. Die Freude ist bei den Vorsitzenden und der Schriftführerin noch deutlich spürbar.
Kunst auf dem Land
Neben dem guten Erhalt und dem besonderen Charakter der Anlage ist auch die Präsenz von Kultur durch das Badehaus im ländlichen Raum ein ausschlaggebender Grund gewesen, dass das Kunstprojekt den Preis erhielt. Bei dem 85-Seelen-Dorf Maiersreuth scheint es beinahe wie ein Wunder, dass ein Projekt wie das Badehaus überhaupt existiert. Trotz finanzieller Förderung durch den Bund und das Amt für ländliche Entwicklung, wäre der Erhalt des Badehauses ohne den Verein Badehaus Maiersreuth, der hinter dem Projekt steht, nicht möglich gewesen. "Das ist ihr Haus, das Haus der Maiersreuther, und das wäre wahrscheinlich ohne unsere Initiative abgerissen worden", unterstreicht die Vorsitzende des Vereins, Susanne Neumann.
Viele Maiersreuther verbänden viel mit dem Badehaus, ergänzt sie. Denn in den 1970er Jahren gab es den ersten Versuch in der Nordoberpfalz, in Neualbenreuth, ein Thermal- und Heilbad zu etablieren. Allerdings scheiterte das Projekt. Doch die Neualbenreuther gaben nicht auf und im angrenzenden Maiersreuth wurde ein deutlich kleineres Badehaus auf Probe eröffnet. Das 1911 erbaute Schulhaus diente als Kurmittelhaus, daneben lag die neue Schwimmhalle. Die Resonanz der Besucher war so positiv, dass die Kapazitätsgrenze des Bades bald erreicht war. Wohl auch, weil es eine echte Besonderheit für die Menschen in Maiersreuth und der weiteren Umgebung war. Daraufhin wurde das größere Sibyllenbad in Neualbenreuth eröffnet. Dank kontinuierlichen Wartungen des Schwimmbads in Maiersreuth, war es für den Verein möglich, die Schwimmhalle Jahre später fast ohne bauliche Veränderungen mit Kunstprojekten wieder zu beleben.
In der Vergangenheit war beispielsweise der Künstler Daniel Spoerri im Badehaus mit einer Installation zu Gast. Über dem befüllten Schwimmbecken hängte Spoerri über 700 "Hagelstecken" auf und kreierte so eine begehbare Installation zum Thema "Wanderstöcke". In der laufenden Ausstellung (seit 15. August) des Badehauses gibt es zu einer Kunstinstallation in der Schwimmhalle auch eine im Außenbereich des Badehauses. Die Ausstellung von Axel T Schmidt läuft unter dem Namen "Wasser schwimmt!" und unterstreicht so die Nähe zum Muggelbach, der sich neben dem Badehaus entlangschlängelt. Aus dem Bach stammt das Wasser, mit dem die Maiersreuther Feuerwehr das Becken für die Ausstellung befüllte, erklärt der Künstler. Anschließend wurde das Becken mit schwarzem Schaumglas bedeckt. Im Außenbereich steht eine Konstruktion aus Holz und Stahl, die eine Welle darstellen soll, erzählt Schmidt begeistert.
"Begegnungen sind wichtig"
Neben der Kunst liegt der Schriftführerin noch etwas anderes am Herzen: "Was auch ganz wichtig ist, sind die Begegnungen." Sie selbst ist keine Künstlerin und trotzdem seien die Begegnungen mit Kreativen und vor allem die der Künstler untereinander unfassbar bereichernd für sie. Langfristig möchte das Badehaus sich als Kunst-Ort etablieren und über die Oberpfalz hinaus eine Anlaufstelle für Künstler aus ganz Deutschland, Österreich, der Schweiz und anderen europäischen Ländern werden. Im kleinen Maiersreuth soll eine internationale Kunststätte entstehen.
Abgesehen davon, dass das Badehaus demonstrieren will, dass es auch Kulturstätten auf dem Land geben kann, ist es dem Haus wichtig, den Kunstbegriff zu erweitern und zu zeigen, dass Kultur verschiedenste Disziplinen verbinden und zusammenfassen kann. "Ich kann mich noch genau daran erinnern, als ich in jungen Jahren sah, dass Kunst nicht nur ein Bild ist, sondern auch etwas Dreidimensionales und etwas räumlich Erfassbares sein kann", meint Susanne Neumann begeistert. Neben dem Badehaus bespielt der Verein Badehaus Maiersreuth in Waldsassen und Neustadt Schaufenster mit Schauspielaufführungen und temporären Ausstellungen. Das OVIGO-Theater brachte im Badehaus sein Projekt "Fingierte Grenzen – Aktion Kamen" als Generalprobe und Auftaktveranstaltung auf die Bühne. Außerdem gibt es immer wieder Konzerte im Badehaus.
Beziehung zum Badehaus
Die Vorsitzende des Vereins wünscht sich, dass auch jüngere Generationen noch eine Verbindung zum Badehaus haben – zusammen mit den Menschen, die vor 30 Jahren als Badegäste nach Maiersreuth kamen. Deshalb ist das Badehaus Teil des Neualbenreuther Ferienprogramms und bietet Projekte für junge Kreative. Dieses Jahr gestalten die jungen Künstler ihre eigene Leinwand, passend zur Stimmung eines Liedes. So verbinden viele Generationen ungewöhnliche Erlebnisse mit dem Projekt Badehaus.
Neben allem, was im Haus passieren soll, wird auch die Außenanlage des Badehauses neu hergerichtet. Neumann unterstreicht, dass im Außenbereich Installationen und Skulpturen geplant sind. Auch hier soll der ursprüngliche Charakter der Anlage nicht verloren gehen. "Wir haben hier noch einiges vor", betont sie und schaut sich zufrieden im Gelände hinter der Schwimmhalle um. Dort befindet sich ein kleiner, kreisrunder, roter, gummierter Gymnastikplatz. Er wirkt erstaunlich gut in Schuss, genauso wie die Kneipp-Anlage wenige Meter entfernt, die gerade saniert wird. Das Wasser schimmert ein wenig grünlich und die Sonne reflektiert an den Metall-Armaturen des Kneipp-Beckens. Große Steine am Ufer des Bachs laden zum Verweilen ein. Es ist still, nur der Muggelbach plätschert und Vögel zwitschern. Das Gefühl von Ruhe und Urlaub ist 30 Jahre nachdem der letzte Badegast das Gelände des Maiersreuther Badehauses verlassen hat, geblieben.
Projekte Badehaus Maiersreuth
- Noch bis 11. September: Zweiteilige Ausstellung "Wasser schwimmt!" von Axel T Schmidt im Badehaus
- 11. bis 18. September: Installation von Barbara Anna Husar mit einem Heißluftballon am Dorfanger Maiersreuth
- ab 2023: Stipendien für Künstler, um für mehrere Wochen in Maiersreuth leben und arbeiten zu können
- ab 2023: Workshops für Künstler und Amateure in verschiedenen Kunstrichtungen; auch Yoga-Kurse
- Gesamte Saison: bespielte Schaufenster in Waldsassen, Weiden und Neustadt
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