Die Idee eines Heizwerks in Kastl geht schon auf die Jahre um die Jahrtausendwende zurück. Zuerst wollte man einen Kommunalbetrieb errichten, scheute aber die hohen Investitionskosten. Erst als 2016 Johannes Hüttner aus Lengenlohe und seine Familie in ein Hackschnitzelheizwerk investieren wollten, kam Bewegung in die Sache. Als Standort war zuerst ein Gelände in der Nähe des jetzigen Feuerwehrzentrums ins Auge gefasst worden. Trotz eines hohen Abluftkamins wäre aber dann das Lauterachtal bei Inversionswetterlage mit einer Dampf- und Abluftwolke „gesegnet“ gewesen, sodass man sich für den Standort am Klosterberg oberhalb der Volksschule entschieden hat. Hier ist bei jeder Wetterlage für den Abzug des Wasserdampfs und der Abluft gesorgt.
Nachdem man das Heizwerk gebaut und den Hackschnitzelbunker mit Verbrennungskessel installiert hatte, der für einen Normalbetrieb auch im Winter ausreicht, verlegte man rund sechs Kilometer Wärmeleitungen im Gemeindegebiet von Kastl. So wurden alle kommunalen Gebäude, das Seniorenheim und auch die kirchlichen Einrichtungen bis auf den Pfarrhof und die Klosterkirche angeschlossen. Auch rund 50 Privathaushalte einschließlich dem Forsthof beziehen ihren Wärmebedarf vom Heizwerk.
Ein besonderer Glücksfall sei, dass der Freistaat Bayern die Kastler Klosterburg mit ihrem enormen Wärmebedarf zur Polizeifachhochschule umbaut und deshalb an das Kastler Heizwerk angeschlossen hat.
Derzeit ist der Wärmebedarf aufgrund der Coronakrise gering. Bei Vollbetrieb der Polizeifachhochschule mit rund 140 Personen braucht aber alleine die Klosterburg rund ein Drittel der Heizleistung des Heizwerks. Diese Tatsache bereitete Johannes Hüttner und seinem Sohn Bernhard vor allem beim Gedanken an den Winter großes Kopfzerbrechen. So standen beide vor der Entscheidung, trotz der vorherigen Millioneninvestitionen, einen zweiten großen Hackschnitzelkessel ins Heizwerk einzubauen oder eine andere günstigere Lösung zu suchen.
Biogasanlage die Lösung
Den Hüttners gehört auch der Hof und die Biogasanlage in Richt zwischen Reusch und Winkl, wo mit drei großen Blockheizkraftwerken das Biogas und die Energie selbst verbraucht oder ins Stromnetz eingespeist wird. Allerdings produzieren die drei 12-Zylinder-Motoren mit zusammen fast 1400 PS Leistung jede Menge Abwärme, die bisher zum Trocknen der Hackschnitzel verwendet wurde. So kam man auf die Idee, mit der „kostenlosen“ Abwärme des Kühlwassers der Blockheizkraftwerke das Heizwasser fürs Kastler Heizwerk vorzuheizen und sich den Einbau eines zweiten Kessels zu sparen.
Im vergangenen Jahr verlegte man dann eine rund viereinhalb Kilometer lange Heizwasserleitung von Richt bis nach Kastl. Das heiße Wasser wir mit einer Zulaufpumpe in Richt mit 85 Grad eingespeist und kommt in Kastl im 25.000 Liter Boiler mit 80 Grad an. Hier wird es vom Hackschnitzelkessel auf 85 Grad, der Abgabetemperatur fürs Wärmenetz, erhöht. Der Rücklauf des „kalten“ Wassers nach Richt erfolgt ebenfalls mit einer Pumpe. So wurde keine zusätzliche Wärmequelle gebraucht, sondern eine vorhandene genutzt: Die Biogasanlage.
Viele Hausanschlüsse geplant
Für 2020 wäre eigentlich der Anschluss von einigen Anwohnern in Kastl geplant gewesen, erzählte Johannes Hüttner. Corona und die Kapazität der Tiefbaufirma haben das aber vermutlich um ein halbes Jahr verschoben. Vor allem die Häuser im Überschwemmungsgebiet der Lauterach wären vordringlich, da sie bei Einbau einer neuen Ölheizung mit kostenintensiven Sicherungsmaßnahmen rechnen müssen. Auch habe sich die Sachlage geändert, der Anschlussnehmer der Wärmeleitung habe jetzt Anspruch auf staatliche Förderung, wenn eine alte Ölheizung verschwindet. Jedenfalls „stapeln“ sich im Heizwerk die neuen Boiler mit Wärmetauscher für rund 5000 Euro je Stück. Zum Vergleich: der Wärmebedarf für ein Einfamilienhaus kostet im Jahr durchschnittlich 1500 bis 2000 Euro – Tendenz wegen der kommenden CO2-Steuer auf Heizöl steigend. Ein Anschluss an das Wärmenetz kostet in etwa gleich viel. Je nach Wärmeabnahme, da Boiler und Wärmetauscher nur geleast werden. Wer allerdings eine neue Heizung braucht, der spare enorm. Deshalb sei das Heizwerk in Kastl eine Erfolgsgeschichte – für den Betreiber, die Bevölkerung und die Umwelt.
















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