Das Marktredwitzer Kanalnetz ist über 150 Kilometer lang, und es gibt um die 5000 Schächte und Gullideckel in der Stadt. Bei hoher Auslastung laufen 420 Liter Abwasser pro Sekunde in die Kläranlage. In 24 Stunden können somit bis zu 36 Millionen Liter verunreinigtes Wasser in die Abwasserbehandlungsanlage einfließen. Die mechanischen und biologischen Reinigungsstufen benötigen aber sehr viel Energie. Bis zu 1500 Kilowattstunden Strom werden pro Tag benötigt, um Kot, Urin und Abwasser wieder in einen Rohstoff zu verwandeln, der bedenkenlos in die Kössein eingeleitet werden darf. Dieser Energiebedarf der Anlage soll zukünftig in einem modernen Blockheizkraftwerk (BHKW) erzeugt werden.
Zwei riesige Schnecken, eine Art Drehleiter aus Metall, schrauben das Abwasser am Zulauf des Klärwerks auf ein höheres Niveau. "Diese Technik hat eine hohe Förderleistung und kann auch grobe Verunreinigungen fördern, ohne zu verstopfen", erklärt Umweltingenieur Michael Schneider vom Kommunalunternehmen der Stadt Marktredwitz. Ohne das Anheben des Niveaus wäre es nötig, die komplette Kläranlage tiefer zu bauen. Im nächsten Arbeitsschritt fischt ein Rechen die gröbsten Teile wie Klopapierfetzen oder Holzstücke aus dem Abwasser. Das ausgesiebte Material wird gepresst und später in einer Müllverbrennungsanlage thermisch verwertet. Dies ist der erste Arbeitsschritt, bei dem Energie aus den Abwässern gewonnen wird.
Falls größere Mengen Öl in den Abfluss gelangen, würden wir die Verunreinigung hier am Becken schnell feststellen und könnten die Schadstoffe zurückhalten
Im nächsten mechanischen Reinigungsschritt werden Öle, Fette und Sand aus dem Wasser entfernt. In einem Sandfangbecken werden organische Partikel in der Schwebe gehalten, während die schweren Teilchen absinken. Ein fast sechs Meter langer Schieber befördert den Sand nach und nach aus dem Becken. Nach der Reinigung kann dieser Rohstoff wieder im Tiefbau verwendet werden. Würden die jährlich angespülten gut zehn Tonnen Sand im Wasser bleiben, könnten sie die Pumpen beschädigen. "Gottseidank hatten wir in der jüngeren Vergangenheit keine größeren Öl-Unglücke in Marktredwitz. Falls größere Mengen Öl in den Abfluss gelangen, würden wir die Verunreinigung hier am Becken schnell feststellen und könnten die Schadstoffe zurückhalten", sagt der Leiter des Klärwerks, Abwassermeister Michael Traznik.
600 Kubikmeter Gas
Im Vorklärbecken entsteht nun der Hauptbestandteil des späteren Energieträgers: Klärgas. Organischer Schlamm setzt sich ab, wird weiterbearbeitet und in die Faulbehälter transportiert. Der Faulschlamm gibt, ähnlich wie in einer Biogas-Anlage, Faulgase frei. Dieses Gas wird in einem der Blockheizkraftwerke der Kläranlage verwertet. Ein Verbrennungsmotor wandelt die täglich entstehenden 600 Kubikmeter Gas in elektrische Energie und Wärme um.
Testbetrieb
Ein neu angeschafftes Blockheizkraftwerk, das sich aktuell im Testbetrieb befindet, soll die Effizienz weiter steigern. Der gesamte Wärmebedarf des Klärwerks soll gedeckt werden. In Verbindung mit zwei Photovoltaikanlagen könnte die Kläranlage dann ihren kompletten Energiebedarf selbst produzieren. Das wären immerhin 1500 Kilowattstunden am Tag. Dies ist ungefähr so viel Energie wie der Durchschnittsverbrauch eines Deutschen im ganzen Jahr.
Die Belüftung des Belebungsbeckens hat einen besonders hohen Bedarf an elektrischer Energie. "Nach der Erneuerung der Anlage mit modernen Schraubgebläsen wurde der Verbrauch halbiert", erklärt der Leiter des Klärwerks. Nun werde die Belüftung automatisch gesteuert - abhängig von der Belastung des Wassers und von der Menge an notwendigem Sauerstoff. Trotzdem seien diese Gebläse die größten Verbraucher auf dem Areal. Sie seien aber nötig, damit die Bakterien bei dieser biologischen Reinigungsstufe ihre Arbeit optimal verrichten können.
Das Wasser im Nachklärbecken ist eigentlich so gut wie sauber. Nur Mikroplastik und Medikamentenrückstände lassen sich nicht so einfach entfernen. Nachdem der Restschlamm abgesunken ist, kann das saubere Wasser bedenkenlos in die Kössein geleitet werden.
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