Der Leiter der PI Nabburg, Erster Polizeihauptkommissar Günther Vierl, und dessen Stellvertreter, Polizeihauptkommissar Stefan Weinberger, sprechen gegenüber Oberpfalz-Medien bei der Bilanz für das Jahr 2020 von "Licht und Schatten". Als Lichtblicke bezeichnen sie die Rückgänge bei den Gewalt- und Rohheitsdelikten, insbesondere bei der einfachen und gefährlichen Körperverletzung. Diesen Rückgang im Vergleich zu 2019 führen die beiden Polizeibeamten auf das Schließen von Diskotheken zurück. Feste sehen sie nicht mehr als die hauptsächlichen Keimzellen beispielsweise für Schlägereien an.
Einen Anstieg exhibitionistischer Handlungen von 1 auf 2 oder beim einfachen Diebstahl um sechs Fälle stufen sie als normale Schwankungen ein. Dem Plus beim einfachen Diebstahl steht ein Minus beim schweren Diebstahl – darunter fällt ein abgesperrtes Fahrrad, das gestohlen wird – gegenüber. Sanken im Coronajahr 2020 bundesweit die Wohnungseinbrüche, sagt Günther Vierl kurz und knapp: "Bei uns nicht." Ganz im Gegenteil: Im Bereich der PI, der elf Gemeinden von Wernberg-Köblitz bis Fensterbach einschließt, bekamen zehn Wohnungsbesitzer mehr als noch im Jahr 2019 ungebetenen Besuch.
Dieser Schatten legt sich auf die Bilanz, aber es gibt noch mehr Schattenseiten. Diese wirft die virtuelle Welt auf die reale. Der Anstieg von 210 Prozent im Bereich der Sexualdelikte lässt zunächst fast den Atem stocken. In absoluten Zahlen ausgedrückt ist es eine Zunahme um 20 Taten von 42 auf 62. Das Gros machen die Verbreitung pornografischer Schriften mit 45 Fällen (+33) und des sexuellen Missbrauchs mit acht Fällen (+6) aus. "Diese Delikte resultieren hauptsächlich aus der Verbreitung pornografischer Inhalte in sozialen Medien", heißt es von Polizeiseite. Günther Vierl wird konkreter und spricht von zwei Tatzusammenhängen. Zum einen erhielt die Polizei einen Hinweis von einer ausländischen Ermittlungsbehörde, zum anderen flog eine Schülergruppe auf, die sich pornografische Bilder geschickt hat. Dieses Verbreiten einschlägiger Bilder unter Jugendlichen komme häufiger vor. Stefan Weinberger will dies nicht entschuldigen, ergänzt aber: "Die Jugendlichen wissen oft nicht, was sie verbreiten." Für Günther Vierl hängt der Anstieg dieser Delikte mit der Nutzung sozialer Medien zusammen. Die Erreichbarkeit pornografischer Schriften und Bilder sei leichter geworden, sowohl für Pädophile als auch für Schüler.
Eine ähnliche Entwicklung nach oben zeichnet sich beim Betrug ab. Dieser verlagere sich zunehmend ins Internet. Das Plus gegenüber 2019 von 78 auf 92 Anzeigen sei dem Internethandel geschuldet. Ware werde gekauft, vorab bezahlt und nicht geliefert. Betrügerisch unterwegs seien Einzelpersonen genauso wie Fake-Shops, die laut Günther Vierl inzwischen hochprofessionell aufgezogen sind. Stefan Weinberger geht davon aus, dass die Betrügereien im Internet weiter zunehmen werden. Die Ermittlungstätigkeit verschiebe sich. Doch nicht alle gingen raffiniert vor, mancher Betrug sei der Leichtgläubigkeit der Menschen geschuldet. "Der Glaube ans Schnäppchen wischt den gesunden Argwohn weg", bringt es Stefan Weinberger auf den Punkt. Davor sei keine Altersgruppe gefeit, , aber das neueste I-Phone oder ein Thermomix seien eben nicht für einen Apfel und ein Ei zu haben.
Corona habe nicht automatisch für Mehrarbeit gesorgt, denn die Verstöße hätten im Dienstbereich nicht überhand genommen. "Die Leute waren im Großen und Ganzen recht vernünftig." Auch die Fälle häuslicher Gewalt seien unverändert geblieben. "Wir sind hier aber auf Hinweise angewiesen", macht Stefan Weinberger deutlich. Das treffe auch bei den Corona-Verstößen zu. Hinweise auf geöffnete Gaststätten hätten nur in einem Fall in Wernberg-Köblitz zu einer Anzeige geführt. Alle anderen seien im Sande verlaufen, sagt der PI-Leiter. Hie und da hätten mal mehrere junge Leute in einem Gartenhaus gefeiert. Hinweise habe es öfters gegeben, aber nur wenig Verstöße, fasst Günther Vierl zusammen. Es sei noch kein Corona-Verstoß, wenn mehrere Leute auf einer Fläche gesehen würden.
"Die Leute waren im Großen und Ganzen recht vernünftig."
"Der Glaube ans Schnäppchen wischt den gesunden Argwohn weg."
Kriminalstatistik 2020
- Straftaten insgesamt: 978 (-26 im Vergleich zu 2019)
- Gewaltkriminalität: 31 (-14)
- Rohheitsdelikte:152 (-61)
- Sexualdelikte: 62 (+42)
- Einfache Körperverletzung: 72 (-33)
- Diebstahl: 227 (+6)
- Wohnungseinbruch: 11 (+10)
- Betrug: 92 (+14)
- Straßenkriminalität: 134 (+8)
- Rauschgiftkriminalität: 89 (-42)
- Verstöße gegen das Waffengesetz: 6 (-5)
- Aufklärungsquote: 69,5 Prozent (Bayernschnitt: 68,1)
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