Nabburg
23.12.2019 - 16:35 Uhr

Oberpfälzer warten auf doppelte Bescherung

Bei den Herrles in Matlock kommt am 24. das Christkind. Die Familie hofft aber auf eine zweite Bescherung am Morgen des ersten Weihnachtsfeiertages. Die Oberpfälzer aus Nabburg freunden sich gerade mit den britischen Weihnachtsbräuchen an.

Der Kamin spielt in Großbritannien an Weihnachten die entscheidende Rolle. An der prallen Anregung eines Marktes wird sich Familie Herrle nicht orientieren. Bild: exb/Harald Herrle
Der Kamin spielt in Großbritannien an Weihnachten die entscheidende Rolle. An der prallen Anregung eines Marktes wird sich Familie Herrle nicht orientieren.

Im Frühjahr folgt Harald Herrle seiner Frau und seinem Sohn nach England nach. Herrles Frau hat dort einige Wochen vorher eine lukrative Arbeitsstelle angenommen. Der ehemalige Vorsitzende der Nabburger Feuerwehr gibt die Wohnung in Schmidgaden und seinen Job als Wirtschaftsförderer des Landkreises Amberg-Sulzbach auf. Die Familie bezieht ein typisches englisches Reihenhaus in der Kleinstadt Matlock. Ein Heimatbesuch ist über Weihnachten nicht geplant.

Zu dem dezent eleganten Schmuck (rechts) kommen rechtzeitig zur Nacht auf den 25. Dezember noch eine Girlande und die obligatorischen Socken für die Geschenke. Bild: exb/Harald Herrle
Zu dem dezent eleganten Schmuck (rechts) kommen rechtzeitig zur Nacht auf den 25. Dezember noch eine Girlande und die obligatorischen Socken für die Geschenke.

Geschenke per Post

Lichterketten sind ein Muss. Es geht durchaus üppiger und bunter. Bild: exb/Harald Herrle
Lichterketten sind ein Muss. Es geht durchaus üppiger und bunter.

Christmas Pudding

"Die Geschenke für unsere Lieben in Deutschland haben wir frühzeitig besorgt und mit der Post aufgegeben", lässt Harald Herrle Oberpfalz-Medien wissen und schildert britische Advents- und Weihnachtsbräuche. So gibt es zwar Adventskränze, sie sind aber längst nicht so verbreitet wie in Deutschland. Die wenigsten Briten kennen die Bedeutung der vier Kerzen.

Der klassische Weihnachtsschmuck sind Ilex und Eukalyptus. Misteln gibt es, siesind aber in den USA beliebter. Die Wohnungen werden in der Regel mit Türkränzen und Girlanden an den Treppengeländern geschmückt. Da jede Wohnung eine Art Kamin (fireplace) hat, und dieser Weihnachten eine zentrale Rolle spielt, wird er besonders festlich dekoriert. Die vorweihnachtliche Schmuck-Saison beginnt pünktlich am 1. Dezember. Viele Briten stellen bereits Christbäume auf. Die Herrles lassen sich mit dem Dekorieren und dem Christbaum Zeit bis kurz vor dem Fest.

Weihnachtsmärkte locken mit Glühwein und warmen Cider. Knacker mit allem oder gebrannte Mandeln sucht man vergeblich. Die Märkte sind einer Winter-Kirwa oder Warendult vergleichbar. Händler bieten Kleidung, Lederwaren oder Schmuck feil. Fahrgeschäfte, wie Geisterbahn und Karussell, sind Teil des Weihnachtsmarktes. Das Pendant zur Knackersemmel mit allem heißt Hog Roast eine Art Sau vom Spieß, traditionell mit stückiger und würziger Apfelsoße. Döner, Pizza und Burritos sind inzwischen international, dazu kommen indische Spezialitäten wie Samosas. Ein besonderer Event, den auch Harald Herrle nicht verpasst hat, ist "Christmas-Light-Switch-On". Das erste Einschalten der Weihnachtsbeleuchtung durch den Bürgermeister mit Countdown wird angezählt und groß gefeiert.

Nabburg15.02.2019

Der Adventskalender hat im Vereinigten Königreich 25 Türchen, weil Bescherung erst am 25. Dezember ist. "Dafür stellt man am 24. abends einen Teller Kekse und ein Glas Milch bereit." "Father Christmas" oder "Santa" bringt dann über Nacht die Geschenke, durch den Kamin natürlich. Dort hängen große Socken. Diese sind dann gefüllt, dafür aber Milch und Kekse weg und Teller sowie Glas leer.

Weihnachten UK Bild: Petra Hartl
Weihnachten UK

Zu essen gibt es in England statt Gans traditionell Truthahn mit Rosenkohl und Würstchen im Speckmantel und zum Nachtisch Christmas Pudding - ein im Wasserbad erwärmter Brotkuchen mit Trockenfrüchten. Am zweiten Weihnachtsfeiertag werden die Reste verputzt. Die Weihnachtszeit ist dann schlagartig vorbei. Heilig-Drei-König oder auch den Christbaum bis Lichtmess stehen lassen zählen dort nicht zur Weihnachtstradition.

Die Herrles scheren da etwas aus: "Wir werden trotzdem am 24. Dezember das Christkind kommen lassen, wie wir das gewohnt sind. Essen werden wir nichts Aufwendiges. Und vielleicht finden auch wir am ersten Weihnachtstag morgens noch eine Kleinigkeit in den Socken, den wir aufhängen." "Ich kann in den ganzen Konsumtempeln aber nicht erkennen, dass sich hier irgendjemand bei Geschenken zurück hält", lässt der "Neuengländer" Herrle angesichts des _Brexits wissen. Er hat aber den Eindruck gewonnen, dass die Weihnachtszeit im UK (United Kingdom) weniger religiös ist. Die verschiedenen Glaubensgemeinschaften würden Gottesdienste anbieten. Eine Krippenszene kennt auf der Insel aber keiner. Krippen werden eigentlich nicht aufgestellt.

"Womit ich mich auf keinen Fall anfreunden werde", verspricht Harald Herrle, "ist der ganze bunte Kitsch, den es hier an Weihnachten gibt. Und dass ein fertig geschmückter Plastikbaum, der den Rest des Jahres in einer staubdichten Schachtel ruht, sehr verbreitet ist". Auch die von oben bis unten mit Lichterketten, Rentieren und allerlei farbenfroher Blinkerei überzogenen Häuserfronten sind nicht nach seinem Geschmack. Er mag es dezenter mit weniger Kitsch.

Christkindlmärkte gleichen einer Winter-Kirwa, aber es bisschen weihnachtliche Live-Musik braucht es schon. Bild: exb/Harald Herrle
Christkindlmärkte gleichen einer Winter-Kirwa, aber es bisschen weihnachtliche Live-Musik braucht es schon.
Der Nikolaus-Kaktus könnte auch in der zurückhaltenderen bayerischen Weihnacht seinen Platz finden. Bild: exb/Harald Herrle
Der Nikolaus-Kaktus könnte auch in der zurückhaltenderen bayerischen Weihnacht seinen Platz finden.
 
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