Dutzende Kilometer mit dem Fahrrad etwa über den Bocklradweg, über die Berge der Oberpfälzer Mittelgebirge oder mit den Wanderschuhen durchs Waldnaabtal – da braucht man eine Stärkung. Nur schade, dass einige Ausflugsziele im Landkreis Neustadt/WN so selten geöffnet haben, finden Leser und wenden sich an Oberpfalz-Medien. "Wie soll der Tourismus hierher kommen, und Fuß fassen, wenn so mit den Öffnungszeiten umgegangen wird?", kritisiert einer. Mit Recht?
Anja Schreglmann vom Hexenhäusl in Eschenbach versteht die Aufregung nicht und bestätigt: "Ja, wir haben ab 17 Uhr auf." Dafür aber Dienstag bis Sonntag, in der Gastronomie normale Öffnungszeiten. "Unser Verpächter ist die Stadt. Die schaut schon, dass wir nicht einfach auf- und zumachen, wie wir lustig sind."
Ein weiterer Gastronom aus dem östlichen teil des Landkreises Neustadt findet deutlichere Wort: "Sollen wir sieben Tage die Woche durcharbeiten?" Ist es also nur die persönliche Wahrnehmung von Einzelnen, dass die Lokale entlang der Oberpfälzer Rad- und Wanderwege nur selten geöffnet haben?
Ganz anderer Aufwand
Robert Drechsel bestätigt diesen Eindruck. Er ist der Vorsitzende der Kreisstelle Weiden-Neustadt des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes. "Unsere Wanderwege haben hochrangige Auszeichnungen, aber über 30 Kilometer gibt es unter der Woche keine Einkehr." Verschiedene Gaststätten, gerade tief im Wald, öffnen tatsächlich nur an zwei oder drei Tagen die Woche. Aber: "Man muss erst einmal so viele Leute hinbringen, dass sich das Öffnen rentiert." Und gerade die gepachteten Gaststätten stehen auf der Kippe. "Früher haben die meisten Wirte in ihren Gasthäusern gewohnt und dort auf Gäste gewartet", erklärt er. "Auch da gab es mal Tage, an denen sie nur 50 DM Umsatz gemacht haben." Doch für Pächter, die erst anfahren, Personal organisieren und bezahlen müssen, ist ein Tag mit so niedrigem Umsatz quasi nicht möglich. Der Knackpunkt sei das Personal, und die Pandemie habe die Situation zugespitzt.
Die Zahlen bestätigen das: Im Zuständigkeitsbereich der Agentur für Arbeit Weiden verlor die Branche von 2019 bis 2021 ganze 18 Prozent der Fachkräfte. Ein Leser schlägt nun vor, wenn man anständig zahlt, findet man Personal. "Das stimmt so nicht", widerspricht Drechsel. Auch in der Gastronomie arbeite keiner unter dem Mindestlohn, meist nicht mal unter 15 oder 16 Euro die Stunde. "Um höhere Löhne zu zahlen, müsste man die Preise erhöhen." Die Einkaufspreise seien sowieso enorm gestiegen.
Schnitzel für 18,90 Euro?
Die Preiserhöhungen belasten auch die Wirtin der Schlosswirtschaft Unterwildenau, Heidi Riebl: "Wenn wir dem Gast ein Schnitzel für 18,90 Euro hinstellen, sagt der doch, wir haben sie nicht mehr alle." Nach den Einschränkungen während der Corona-Pandemie stellt sie das vor die nächste Herausforderung. Ist das den ganzen Aufwand wert? Sie und ihr Mann kümmern sich größtenteils selbst um das Geschäft. "Eigentlich ist die Wirtschaft ein Hobby, aber wir haben keine Freizeit mehr." Selbst an den Tagen, an denen der Betrieb geschlossen ist, sitze sie im Büro. Ihr Mann hat einen anderen Beruf. "Wir müssen Prioritäten setzen, es ist einfach zu viel zu tun für uns." Deshalb habe die Schlosswirtschaft derzeit von Freitag bis Montag geöffnet.
Drechsel, der selbst das Wirtshaus "Zum Alten Schuster" in Weiden führt, sieht die Politik in der Pflicht, gerade bei Kleinstbetrieben die gesetzlichen Vorgaben zu lockern. "Der steuerliche Aufwand ist jeden Tag gleich, ob geöffnet ist oder nicht. Und es ist der gleiche wie für BMW, nur dass die dort 150 Angestellte haben, die sich ausschließlich darum kümmern. Die Wirte müssen das alles selbst und nebenbei schultern." Dazu kämen weitere Auflagen, wie die Auflistung der Allergene oder die Kontrolle der Kühlschränke. All das koste Nerven, Zeit und Anstrengung. Und man benötige dafür Personal. "Eigentlich ist der Personalmangel nicht größer als früher. Der Bedarf ist nur gestiegen."
Personalprobleme entzerren
Doch Drechsel macht auch Hoffnung. Es gebe Wege, das Personalproblem zu entzerren. Einer davon ist über die Öffnungszeiten. "Ich kenne auch große Betriebe, die ein Wochenende im Monat geschlossen haben." Um das einzuführen, brauche es nur ein paar Vorreiter. Und auch ein Umdenken in Sachen Preiserhöhung kann gelingen. "Wenn man einen Braten nicht unter 10 Euro anbieten kann, verkauft man vielleicht etwas weniger. Dafür aber gewinnbringend."
Selbst die Angestellten, die etwa Lebensmittelläden während der Pandemie abgeworben haben, könne man wieder zurückholen. "Das geht vielleicht nicht von heute auf morgen. Wenn man sofort jemanden braucht, wird man auf Granit beißen." Aber wenn man sich vier oder sechs Wochen Zeit gebe, würde man die richtige Besetzung für die Posten finden, da ist sich Drechsel sicher. Und wenn er in seinem eigenen Gasthaus wirklich keinen findet, der mithelfen kann, setzt er auf Selbstbedienung.
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