Nicht nur Einzelhändler oder Gastronomen leiden unter den Lockdown-Vorschriften, die hiesigen Brauereien sind ebenfalls stark betroffen. Wir haben uns bei einigen Bierbrauern im Landkreis Neustadt und in der Stadt Weiden umgehört.
- Brauhaus Floß
Ludwig Koch, Chef des Flosser Brauhauses, rechnet für 2020 im Bereich Gastronomie und Feste mit einem Umsatzrückgang von 40 Prozent. Diese Einbußen konnten durch einen Zuwachs beim Verkauf von Flaschenbier nur teilweise kompensiert werden, räumt der Braumeister ein. Sein 2015 gegründeter Betrieb habe zwar "relativ zügig" finanzielle Soforthilfe bekommen, bei der sogenannten Novemberhilfe jedoch nur eine Abschlagszahlung. Die Beantragung weiterer Zuschüsse laufe. Kurzarbeit für die insgesamt drei Vollzeitkräfte und sechs geringfügig Beschäftigten hat Koch nicht angemeldet.
Mehr ärgert ihn, trotz eines funktionierenden Hygienekonzepts für die Bierstube, die bisher immer mittwochs und einmal im Monat an Wochenenden geöffnet war, "über Monate hinweg hängengelassen" worden zu sein. Ausschank und Bewirtung seien schließlich Teil des Konzepts. Zehn Hektoliter Fassbier musste Koch bereits entsorgen, fünf weitere stünden wohl noch an. Auch für 2021 rechnet der Geschäftsführer nicht mit Festen, hofft allerdings auf Lockerungen. In jedem Fall seien wieder einige Spezialaktionen in Planung.
- Brauerei Molter Irchenrieth
"Kreativ bleiben und sich der Situation anpassen" lautet auch das Credo von Lino Molter, Chef der Brauerei Molter in Irchenrieth, die seit September 2020 in der Branche mitmischt. "Wir haben mitten in der Krise angefangen", der Betrieb mit insgesamt drei Mitarbeitern sei daher nicht ganz so stark betroffen gewesen wie andere Brauereien. Molter konzentriert sich hauptsächlich auf die Flaschenproduktion und füllt kaum Fässer ab. Vier Gaststätten stehen jedoch auf der Lieferliste, die auch nach der Krise weiter mit den Irchenriethern zusammenarbeiten wollen.
"Wir haben mitten in der Krise angefangen."
In den sieben Monaten habe die Brauerei einen "super Start" hingelegt und sich auch schon eine "große Stammkundschaft" gesichert. Dennoch sei er auf den kommenden Sommer angewiesen, betont Molter. Das Geschäft sei wegen des Kaufs von Flaschen und Kästen "sehr investitionslastig, man muss sehr weit in die Zukunft planen". Kurzarbeit und Finanzspritzen habe er nicht beantragt. Und etwas Positives kann Molter der Krise abgewinnen: Durch Corona sei bei den Kunden vermehrt regionales Bewusstsein spürbar, meint er.
- Heberbräu Kirchenthumbach
"Der Bierabsatz war eh schon seit Jahren rückläufig, Corona hat das noch beschleunigt", sagt Renate Ritter, Prokuristin bei Heberbräu in Kirchenthumbach. Die 1902 gegründete Brauerei wurde 2003 von Franz Sporer reaktiviert und ist ein Mischbetrieb aus Brauerei, Gastronomie, Getränkegroßhandel und Getränkeautomaten-Service. "Dadurch gab es gewisse Fördermaßnahmen vom Staat nicht. Das war lange ein Problem und wurde erst jetzt geklärt, dass Gastronomie auch mit hineinfällt", berichtet Ritter. Bisher gab es für Heberbräu Soforthilfe, aber nicht für die Brauerei sondern für die Gaststätte. Weitere finanzielle Unterstützung sei beantragt.
Insgesamt hat Heberbräu rund 20 Mitarbeiter, der Großteil davon im Getränkegroßhandel. Kurzarbeit sei nicht erforderlich gewesen, da das Personal beispielsweise im Dienstleistungsbereich eingesetzt werden konnte, informiert die Prokuristin. Nachdem die Kirchenthumbacher kürzlich 6000 Liter Fassbier wegschütten mussten, gilt die Hoffnung nun einem ähnlichen Sommer mit Lockerungen wie 2020. Ansonsten wagt Ritter keine Prognose, dafür bräuchte es "den Blick in die Glaskugel". Auf jeden Fall werde aber das Geschäft im regionalen Handel ausgebaut, Direktverkauf und Heimdienst gebe es bereits, und die Stammkunden hielten dem Betrieb die Stange.
"Der Bierabsatz war eh schon seit Jahren rückläufig, Corona hat das noch beschleunigt."
- Private Landbrauerei Scheuerer Moosbach
Fehlende Feste und geschlossene Gaststätten machen auch der Privaten Landbrauerei Scheuerer in Moosbach zu schaffen. Damit seien rund 20 Prozent des Jahresumsatzes weggebrochen, schätzt Inhaber Ulrich Scheuerer. Allerdings konnte die Brauerei die Verluste durch einen neuen Kunden, der bayerische Biere deutschlandweit vermarktet, und eine Zunahme im Heimservice gut kompensieren. Scheuerer musste sogar zwei neue Fahrer einstellen, Kurzarbeit für die insgesamt zehn Mitarbeiter war damit kein Thema. Die Soforthilfe floss schnell, für das Bräustüberl habe es kürzlich Geld gegeben. Weitere finanzielle Unterstützung vom Staat habe der Betrieb nicht beantragt.
"Wer einen funktionierenden Heimdienst hat und in den Märkten gut vertreten ist, wird auch durch diese Krise kommen."
Für Scheuerer ist die Absatzstruktur entscheidend: "Wer einen funktionierenden Heimdienst hat und in den Märkten gut vertreten ist, wird auch durch diese Krise kommen." Eine Prognose für das Jahr sei schwierig, aber die Gaststätten werden irgendwann wieder aufsperren. Vor allem die Außengastronomie werde bei schönem Wetter ein Nutznießer sein, meint der Moosbacher. Feste würden aber wohl bis auf Weiteres nicht stattfinden können, vermutet er.
- Püttner Bräu Schlammersdorf
"Es gibt uns schon seit 200 Jahren, aber ich habe das Gefühl, wir fangen wieder von vorne an", sagt Christine Püttner von der Püttner Bräu in Schlammersdorf. Viele Fragen seien offen: Gibt es wieder Feste? Was passiert, wenn es in der Gastronomie wieder losgeht? Wie wird sich der Rohstoffmarkt entwickeln? Derzeit gebe es einfach "extrem viele Unbekannte".
Der Familienbetrieb belieferte bisher Gastronomie, Handel und Feste. Ein wichtiges Standbein war auch die eigene Brauereigaststätte. Der Absatz von Flaschen und Kästen habe 2020 zwar zugenommen, dafür blieb der Umsatz in den Wirtshäusern aus und der Bereich Fassbier brach weg. Die zehn Mitarbeiter seien aktuell in Kurzarbeit. Die Soforthilfe sei im vergangenen Mai schnell gekommen, für weitere Unterstützung laufe noch die Antragsphase. Das Geld werde dringend benötigt: "Wir müssen jetzt einkaufen."
"Wir lassen uns nicht unterkriegen."
Wie Molter setzt auch Püttner auf regionales Einkaufsverhalten. Beim Abholservice "haben uns die Kunden extrem unterstützt", spricht die Schlammersdorferin ihrer treuen Klientel ein Kompliment aus. Daher ist ihr auch vor der Zukunft nicht bange: "Wir sind von Grund auf optimistisch, wir lassen uns nicht unterkriegen. Die fünfte Generation steht schon in den Startlöchern, wir gehen davon aus, dass es uns weiterhin gibt."
- Brauerei Gambrinus Weiden
Der Lockdown im März 2020 und die folgende Absage von Festen führten bei der Brauerei Gambrinus zu Engpässen, informiert Geschäftsführer Steffen Hartmann. Aber die Soforthilfe sei schnell und ohne Probleme über die Bühne gegangen. Im Sommer habe sich die Situation dann etwas entspannt, "aber nicht auf Vorjahresniveau". Der Heimlieferservice sei konstant geblieben, auch daher musste Hartmann die 29 Mitarbeiter nicht in Kurzarbeit schicken.
"Der Heimdienst hält uns über Wasser."
Doch der erneute Lockdown im Herbst und im Dezember habe die Brauerei schwer getroffen. Unter anderem fielen viele Weihnachtsfeiern aus. Januar und Februar seien "von Haus aus schlecht, diesmal aber katastrophal". Ende März musste Gambrinus dann sogar 82 Hektoliter Bier aus 200 Fässern, die für Feste bestimmt waren, vernichten. Auch eine Bäckerei, die kein Zoiglbrot mehr herstellt, fiel als Abnehmer weg. "Der Heimdienst hält uns über Wasser." Unterm Strich habe Gambrinus 2020 "weitaus weniger Bier verkauft", erklärt der Geschäftsführer, jedoch ohne genaue Zahlen zu nennen.
Für die kommenden Monate möchte und kann Hartmann keine Prognose wagen. Er hofft allerdings, dass die Kunden den regionalen Brauereien treu bleiben "und uns dadurch ermöglichen, am Leben zu bleiben". Und vielleicht könnten das Weidener Volksfest und die Kirwa stattfinden. Dennoch werde die erste Jahreshälfte 2022 "wohl eher bescheiden bleiben", schätzt der Gambrinus-Geschäftsführer. 2023 wolle man dann wieder voll durchstarten. "Wir haben 2020 überstanden. 2021 hoffen wir, dass es besser wird. Dann muss Alltag einkehren, sonst wird die Luft dünn."
Bayerisches Bier: Absatz gesunken
- Etwa 30 Prozent des bayerischen Biers werden in Gastronomie abgesetzt
- Absatz 2020 ohne alkoholfreies Bier und Malzbier: 22,8 Millionen Hektoliter (2019: rund 23,8 Millionen Hektoliter)
- Gesamtabsatzminus von 4,1 Prozent
- Deutschland gesamt 2020: 87,1 Millionen Hektoliter (2019: 92,2 Millionen Hektoliter)
- Deutsche Brauwirtschaft insgesamt: 5,5 Prozent Absatzminus
- Thüringen erreicht als einziges Bundesland 2020 ein Plus von 179.283 Hektolitern gegenüber Vorjahr
Quelle: Bayerischer Brauerbund, München
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