Am Horizont einst stolze Burgen

Neustadt an der Waldnaab
18.06.2020 - 10:10 Uhr

Der Rastenhof ist das Ziel dieser Wanderung. Sie verläuft auf geschichtsträchtigen Wegen, gesäumt von Ruinen und alten Bildstöcken.

Der Meilenstein des Popel von Lobkowitz wird hier flankiert von der Lobkowitzer Garde. Infotafeln zum Weg und zum Rastenhof erläutern in Deutsch und Tschechisch die Geschichte dieser Strecke durch die Gemeinde Störnstein.

Das Ziel, die frühzeitliche Burganlage Rastenhof, liegt nordöstlich von Neustadt/WN und weist im ersten Moment nicht unbedingt Burg-Charakter auf. Auf dieser Wanderung oder Radfahrt folgen wir dem OWV-Weg der Goldenen Straße von Altenstadt/WN über Neustadt/WN. Der Weg geht über den Marktplatz vorbei am ehemaligen Alten Schloss und dem Lobkowitzer Schloss, heute Landratsamt.

Bis 1806/07 gehörten die beiden Bauwerke den Lobkowitzer-Fürsten in Prag. Wie und wann sie dazu kamen und warum sie verkauft wurden, das ist eine eigene Geschichte. Auf der Wanderung nach dem Wegweiser mit dem "Böhmischen Löwen" gelangen wir am Ortsrand von Neustadt/WN auf den Rastenhofweg. Über eine Brücke geht es weiter. Der alte Weg wird von der Umgehungsstraße Neustadt-Flossenbürg durchschnitten. Das Straßenbauamt Weiden hat am Anfang und am Ende des Brückengeländers einen Goldenen Löwen angebracht.

Urlinie der Goldenen Straße

Altstraßen dürfen wir nicht mit unseren heutigen Straßen vergleichen. Es waren Naturwege, die häufig über Höhen verliefen. Der Weg zum Rastenhof beweist dies, hier trocknete der Boden schnell ab. Er kann als "Urlinie" der Goldenen Straße bezeichnet werden. In einem kleinen Wäldchen, kurz vor dem Ziel, befinden sich Fahrrinnen aus längst vergangenen Zeiten. Die Spuren der schweren Wagen der Kaufleute sind deutlich zu erkennen. Tief haben sie sich in den Boden eingegraben. Wie Rinnen verlaufen sie von Süd nach Nord. Im Herbst und im Winter sind sie besonders gut zu sehen. Nach dem Ortsende von Neustadt/WN geht es leicht bergauf. Nordöstlich taucht die Turmspitze der Pfarrkirche Störnstein auf. Dahinter stand einst die Burg der Störe von Störnstein, die ab 1353 zur böhmischen Krone gehörte. Kaiser Karl IV. übergab sie an seine Pfleger. Sie mussten für ihn den Zoll einnehmen und auch den Schutz der Goldenen Straße bis Bärnau sichern.

Am obersten Punkt der Wanderung sehen wir ebenfalls im Nordosten den Oberpfälzer Wald. Von der einst stolzen Stauferburg in Flossenbürg zeugt nur mehr eine gut sichtbare Ruine. Nicht weit davon: die böhmische Grenze.

Zum Parkstein

Beim Blick zurück und dem Blick nach Südwesten ist bei schönem Wetter deutlich der Parkstein mit seinem Bergkirchlein zu sehen. Auch hier stand einst eine große Kaiserburg. Leider gibt es nur noch einige Mauerreste, die Schweden hatten die Burg zerstört. Welch ein Gefühl musste das für die Menschen vor 650 Jahren gewesen sein, als sie auf diesem Punkt standen? Durch die Nähe der großen Burgen wussten sich die Reisenden auch ein wenig in Sicherheit. Im Winter bläst eiskalt der böhmische Wind von Osten her über die Felder, da ist warme Kleidung an gesagt.

Könige, Kaiser, Fürsten, Mönche, Priester, Kaufleute mit ihren Waren, Künstler, Studenten, aber auch Bettler benutzten den Weg im Mittelalter. Auf alten Handelsstraßen waren aber auch gerne Wallfahrer unterwegs. Der Kaiser selbst zog - so wird berichtet - etwa 52 Mal - von Prag nach Nürnberg. Die Kaufleute wurden von Soldaten des Kaisers immer ein Stück weit begleitet. Im Jahre 1414 kam der böhmische Reformator Jan Hus über den Höhenweg. Sein Ziel war Konstanz, Kaiser Sigismund hatte ihn eingeladen und sicheres Geleit zugesagt. Der Kaiser brach sein Versprechen, Hus sollte nicht mehr zurückkehren. Immer wieder tauchen an einer Wegkreuzung oder entlang des Weges Bildstöcke auf. Eine Steinsäule mit einem Ritter verweist auf den St. Quirinus, einen römischen Soldaten und Patron der Wallfahrtskirche St. Quirin bei Ilsenbach.

Es wird erzählt, dass er zusammen mit seiner Tochter Balbina, aufgrund der Wundertaten des Bischofs Alexander bekehrt, dann als Christ verfolgt und nach grausamen Martern enthauptet wurde. Dargestellt wird er oft als Ritter und einem Schild mit neun Kugeln. Der St. Quirin ist schon seit 1660 Station auf dem Pilgerweg nach Maria Kulm in Westböhmen. Seit der Grenzöffnung gehen den Weg alljährlich Pilger von Weiden über Tirschenreuth nach Maria Kulm.

Popel von Lobkowitz

Neu ist der Meilenstein zu Ehren des Lobkowitzer Fürsten Ladislav II. Popel von Lobkowitz. Er war ein hochgebildeter Adeliger, der mehrere Sprachen sprach. 1558 bekam er die Herrschaft Neustadt-Störnstein als Lehen, später als Erblehen. Aufgestellt wurde der Stein durch die Gemeinde Störnstein auf Initiative des Bärnauer Vereins "Via Carolina-Goldene Straße". Der Steinmetz und Künstler Vojtech Soukok stammt aus Pilsen. Auf einer Seite des Sandsteine steht der Wahlspruch der Familie Lobkowitz: "Asche bin ich, Asche werden ich sein." Asche heißt auf Tschechisch "Popel". Auf der Wanderung taucht plötzlich ein Bildstock auf, der bei genauer Betrachtung auf einen Mord hinweist. Der Knecht des Rastenhofbauers hatte seinen Herrn heimtückisch erschlagen und ausgeraubt.

Den zweiten Teil der Wanderung lesen Sie in der nächsten Ausgabe der OWZ.

Auf der Rückseite der Granit-Säule berichtet die Ehefrau eines Ermordeten von der Untat im Jahre 1854.
St. Quirin, der Patron der Wallfahrtskirche bei Ilsenbach, weist den Pilgern den Weg.
Im Herbst, Winter und Frühjahr sind die tiefen Spuren der einstigen Altstraße besonders gut zu erkennen.
 
 

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