"Die Schützen laden neu durch", titelte Oberpfalz-Medien am 25. Juni und wies ausführlich auf die außerordentliche Mitgliederversammlung am 27. Juni hin. Hier sollte ein Nachfolger für den abberufenen Schützenmeister Albert Kiener gewählt werden, sowie für weitere - durch Rücktritte - vakante Vorstandsämter. Das Interesse war groß: Über 60 Mitglieder fanden sich im AWO-Mehrgenerationenhaus ein. "Wir müssen Leute wählen, die den Schießsport in den Vordergrund stellen", hieß es an den Tischen. Denn man wolle wieder ein attraktiver Verein werden und kein Wirtschaftsbetrieb. Doch nach der Begrüßung durch 2. Schützenmeister Günter Gilch war das Thema "Neuwahlen" durch und die neun Punkte der Tagesordnung spielten keine Rolle mehr. Was war passiert?
Kurz vor Beginn der Versammlung hatte eine Gerichtsvollzieherin des Amtsgerichts Schwandorf zusammen mit Martin Kiener den Saal betreten und ein Schriftstück an Gilch übergeben (siehe Infokasten). "Wir dürfen heute keine Mitgliederversammlung abhalten und auch nicht wählen", erklärte der 2. Schützenmeister der erstaunten Schützenfamilie. In der einstweiligen Verfügung sei auch ein Ordnungsgeld bis zu 250 000 Euro angedroht worden, so dass man die Wahl lieber bis zur Klärung der Umstände verschiebe. "Aber nachdem ihr alle schon mal da seid, wollen wir den Abend zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung nutzen", meinte Günter Gilch.
Oberpfalz-Medien fragte beim Amtsgericht Schwandorf über die Gründe für das kurzfristige "Verbot der Neuwahlen" nach. "Es sollen keine Tatsachen geschaffen werden, bevor die Prüfung gezeigt hat, ob das Vorgehen richtig war", erklärte Direktor Ewald Ebensperger. So werde erst in einem Hauptsacheverfahren darüber befunden, ob die Abberufung des 1. Schützenmeisters und des Schriftführers möglicherweise nichtig ist. Der Amtsgerichtsdirektor bestätigte, dass einstweilige Verfügungen im Vereinsbereich eher selten seien, dagegen bei Gesellschaften im Wirtschaftbereich häufig vorkämen.
Gilch informierte zusammen mit dem kommissarisch eingesetzten 1. Schützenmeister Achim Schallmoser über das, was seit der Versammlung am 10. Juni im Verein passiert ist (wir berichteten). Und auch darüber, dass vieles, wie die steuerlichen Verhältnisse, von den Vorstands- und Beiratsmitgliedern ferngehalten worden seien. "Als wir anfingen nachzubohren, ging der Zoff los", so Günter Gilch. "Jeder kann sich selber Gedanken machen was er davon hält, oder davon zu halten hat", meinte Schallmoser, der die Fakten ohne Bewertung vortrug.
Mark Liebermann monierte die kommissarische Besetzung von Vorstandsämtern, was so nicht in der Satzung vorgesehen sei. "Das wurde immer so gehandhabt", meinte Gilch. Liebermann hatte eine "saubere und schnelle Lösung" parat: Die komplette Abberufung des Vorstands und Neuwahlen für alle Ämter. Gilch erklärte, dazu die Rechtsberatung zu kontaktieren. "Helft uns, damit wir den Schützenverein wieder dahin bringen, wo er war", appellierte Schallmoser an alle, "denn uns verbindet die Kameradschaft und die Liebe zum Schießen".
Wir dürfen heute keine Mitgliederversammlung abhalten und auch nicht wählen.
Jeder kann sich selber Gedanken machen was er davon hält, oder davon zu halten hat.
Ordnungsgeld angedroht
Vom Amtsgericht Schwandorf wurde am 27. Juni auf Antrag von Albert und Martin Kiener eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der der Schützengesellschaft Scharfschützen unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250 000 Euro wegen jeder Zuwiderhandlung untersagt wurde, die auf Donnerstag, 27. Juni anberaumte außerordentliche Mitgliederversammlung abzuhalten. Nach Auffassung des Gerichts war von den Antragstellern ausreichend glaubhaft gemacht, dass die einstweilige Verfügung zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich war, weil die Abberufung des 1. Schützenmeisters und des Schriftführers möglicherweise nichtig ist. Darüber wird in einem Hauptsacheverfahren zu befinden sein.
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