Es war wohl sein letzter regelmäßiger Einsatz als aktiver Bäcker. Der Ehrenobermeister der Bäckerinnung Nordoberpfalz, Alois Spitzer, beendete im Juli seine Tätigkeit als Organisator und Unterweiser in Berufsinformationsveranstaltungen der Bäckerinnung. 64 Jahre lang war Spitzer in den verschiedensten Rollen als Bäcker unterwegs. Über Jahrzehnte hinweg leitete er einen Bäckereibetrieb in Pressath und bildete dort insgesamt 52 Auszubildende aus.
Daneben war er über ebenso viele Jahre hinweg Innungsobermeister, Fachlehrer in der Berufsschule, Unterweiser für Jugendliche aus US-Familien, Mitglied der Tarifkommission des bayrischen Bäckerhandwerks und Mitglied im Ehrenbeirat der BÄKO. Und die Liste der Ehrenämter in Sportvereinen, beim Roten Kreuz oder anderen Einrichtungen wäre mindestens genauso lang.
Ausbildung zum Bäcker 1957
Im Gespräch mit Oberpfalz-Medien blickt Spitzer auf sein Berufsleben und in die großen Veränderungen im Bäckerhandwerk während dieser Zeit zurück. Richtig begonnen hat sein Leben als Bäcker mit Antritt der Berufsausbildung in der elterlichen Bäckerei in Pressath am 1. August 1957. „Das Bäckerblut floss in meinen Adern“, sagt er heute, auch wenn er nach sechs Jahren Augustinus-Gymnasium in Weiden manchmal an den Beruf eines Kirchenmalers gedacht habe. Bereits 1962 legte Spitzer als bisher jüngster Prüfungsteilnehmer bei der Handwerkskammer in Regensburg die Meisterprüfung im Bäckerhandwerk ab.
„Die Backstube von damals ist überhaupt nicht mehr mit der von heute zu vergleichen“, erklärt der 81-Jährige. Gebacken wurde ausschließlich in einem mit Kohle oder Holz beheizten gemauerten Backofen. Deshalb war es in der Backstube im Sommer extrem heiß. „Das Sortiment war überschaubar“, sagt Spitzer mit einem Schmunzeln und zählt unter höchstens zehn Backwarensorten vor allem Schwarz- oder Mischbrot, glatte Semmeln, Mohnspitzeln und leichtes Feingebäck auf. „Brezeln gab es nur von Dreikönig bis zum Gründonnerstag.“
"Revolution in der Backstube"
Das Schwarzbrot bestand ausschließlich aus Anstellgut, Wasser und Mehl. Als Anstellgut diente selbstgezüchteter Sauerteig ohne Backmittel. „Vollkorn, Roggen oder Dinkel waren noch nicht gefragt“, betont Spitzer. Nach dem Krieg seien „Vier-Pfünder“ und sogar „Sechs-Pfünder“ gebacken worden. Vor Weihnachten brachten die Kunden ihren Stollenteig zum Aufbacken in die Bäckerei.
Als „Revolution in der Backstube“ bezeichnet Spitzer die Einführung des mit Öl beheizten Etagen- und Drehofens in den 60er Jahren. Ähnliches gilt für die spätere Installation von Mehlsilos, denn vorher mussten laut Spitzer „Doppelzentner-Mehlsäcke verbunden mit viel Mehlstaub und Rückenbelastungen geschleppt werden“. Und der Fortschritt in der Backstube setzte sich durch Einführung von Kühlanlagen und von sogenannten Gärunterbrechern fort. „Kühlanlagen und Gärunterbrecher brachten mehr Beweglichkeit beim Backen und Arbeitserleichterungen“ blickt Spitzer zurück. Sie ermöglichten es, Produkte vorzubereiten und später erst aufzubacken.
Erleichterung durch Maschinen
Arbeitserleichterungen brachten auch die Teigmischmaschinen, und Schleifmaschinen, die heutzutage in Backstuben oft mehrfach vorhanden sind. „So kann man heutzutage auch in den Tag hinein backen und muss nicht zwingend um Mittenacht beginnen“, stellt Spitzer fest. Zusammen mit seinem ehemaligen Stellvertreter und heutigen Obermeister der Bäckerinnung Nordoberpfalz, Wolfgang Schmid, äußert sich Spitzer zur aktuellen Situation im Bäckerhandwerk.
Das breite Angebot von Getreidesorten aus der Landwirtschaft ermögliche immer mehr Brot- und Gebäcksorten. Vor allem verlange der Verbraucher zunehmend Vollkorn- und Bioangebote. „Mit 320 verschiedenen Brotsorten und 1100 verschiedenen Gebäcksorten ist Deutschland auf diesem Gebiet Weltmeister“, freut sich Spitzer. Den Einsatz von Backmischungen sehen Spitzer und Schmid im Rückzug. Auch sei der gemauerte Backofen in Form des Holzbackofens längst zurückgekehrt.
"Fünfzig Prozent Bürokratie"
Als langjähriger Ausbilder des Bäckernachwuchses stellt Spitzer aber auch fest: „Ausbildungsgrad und Ausbildungsvolumen haben sich für Lehrlinge und Meister wesentlich erhöht.“ Mit Blick auf das allmähliche Aussterben der Dorfbäcker meint er, „die Supermärkte tun uns sehr weh“. Abgeschreckt würden viele auch durch „50 Prozent Bürokratie in der Arbeitszeit“ ergänzt Innungsobermeister Schmid. Im frühen Arbeitsbeginn sieht Spitzer weniger die Ursachen für den Nachwuchsmangel. Denn erstens gebe es den fast überall, und zweitens müsse auch in vielen anderen Berufen in der Nacht oder früh am Morgen gearbeitet werden.
Zur Person Alois Spitzer
- Geboren am 21. November 1939
- sechs Jahre Besuch des Augustiner-Gymnasiums in Weiden
- Beginn der Ausbildung als Bäcker im elterlichen Betrieb in Pressath am 1. August 1957
- Meisterprüfung im Jahre 1962 abgelegt
- Übernahme des elterlichen Betriebs im Jahre 1980, verpachtet ab dem Jahre 2003
- Unterrichtstätigkeit als Fachlehrer von 1996 bis 2012 an der Berufsschule des St. Michaels-Werks Grafenwöhr
- Innungsobermeister seit Mitte der 60-er Jahre, zunächst im früheren Innungsbezirk Kemnath, später bis 2011 bei der Bäckerinnung Nordoberpfalz
- Ehrenobermeister der Bäckerinnung Nordoberpfalz seit 14. November 2011
- zahlreiche Ehrungen, unter anderem Goldener Meisterbrief und Goldene Verdienstmedaille der Handwerkskammer, Goldene Meisternadel, 15-fache Auszeichnung in „Gold“ bei der DLG-Brotprüfung, Wahl zum Ehrenbeirat der BÄKO
- aktiv auch im Sport mit 15 Sportabzeichen in Gold
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