Die "Impfdrängelei" im Schwandorfer Elisabethenheim löste bei vielen Bürgern Kopfschütteln und Protest aus – nach einigen Tagen Schweigens bat Oberbürgermeister Andreas Feller öffentlich um Entschuldigung. Im Januar 2021 waren im Elisabethenheim damals noch nicht priorisierte Personen geimpft worden. Neben den strafrechtlichen Ermittlungen, die bereits im Juni eingestellt wurden, hat die Heimaufsicht am Landratsamt die Vorfälle umfassend überprüft. Am Donnerstag legte das Amt die Ergebnisse öffentlich vor.
Stadt fordert Unterlagen an
"Dem Heimleiter und einer weiteren Leitenden Person, die beide durch einen Rechtsanwalt vertreten waren, wurde mitgeteilt, dass trotz bestehender Widersprüchlichkeiten von ordnungsrechtlichen Maßnahmen im Vollzug des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes abgesehen wird, da die FQA-Heimaufsicht über keine Möglichkeiten verfügt, den Sachverhalt näher aufzuklären. Der achtseitige Abschlussvermerk wurde der Stadt Schwandorf zur eigenständigen Prüfung weiterer Maßnahmen zugeleitet. Diese hat heute weitere Unterlagen bei uns angefordert", teilte Landratsamts-Sprecher Hans Prechtl am späten Donnerstagnachmittag mit.
Etliche „Namens-Doubletten“ auf einer Liste hatten damals den Stein überhaupt erst ins Rollen gebracht. Es stand der Vorhalt im Raum, dass der Heimleiter Angehörige von Beschäftigten habe mitimpfen lassen. "Diesen Fehler räumte der Heimleiter zunächst insofern ein, als er von ,wir‘ sprach und bestätigte, dass die Impfung von 20 Angehörigen zugelassen wurde", so Prechtl. Der Anwalt des Heimleiters habe dies später revidiert und ausdrücklich erklärt, dass der Heimleiter davon nichts gewusst habe.
"Nachdem der Heimaufsicht eine im Internet kursierende Terminliste von Personen, die am 26. und 27. Januar 2021 für eine Corona-Schutzimpfung in der Einrichtung vorgesehen waren, zur Verfügung gestellt wurde und dieser Liste sogar zu entnehmen war, auf welchem Laufwerk sie abgespeichert war, wurde der Heimleiter aufgefordert, eine Liste der zu den Impftagen angemeldeten Bewohnerinnen und Bewohner zu übersenden", so das Landratsamt. Auf diese Aufforderung sei dem Amt mitgeteilt worden, dass es eine offizielle Anmeldeliste beim Impfzentrum nicht gäbe. "Lediglich das Vorhandensein einer heiminternen Liste, welcher Impfwillige zu welcher Uhrzeit geimpft werden sollte, wurde bestätigt", schreibt Prechtl.
Kein Schaden für Bewohner
Bei einer Anlassprüfung der Heimaufsicht am 31. März wurde laut Prechtl festgestellt, dass die Bewohnerinteressen durch die Zulassung von nicht priorisierten Personen nicht verletzt wurden. Alle geprüften Bewohner hatten ein Impfangebot erhalten. "Nachdem das Landratsamt im Mai die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Amberg zur Einsicht erhalten hatte, wurden Widersprüchlichkeiten zu bisher getroffenen Aussagen des Heimleiters und einer weiteren Leitenden Person festgestellt. Beide Personen wurden mit diesen Widersprüchlichkeiten konfrontiert und um Aufklärung gebeten", so Prechtl. Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 14. Juni wurde das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Heimleiter eingestellt. "Die Impfärztin bestätigte erneut, dass nur so viele Impfdosen in die Einrichtung mitgenommen wurden, als zuvor vom Elisabethenheim angefordert wurden. Nicht benötigter Impfstoff würde in der Flasche verbleiben und im Impfzentrum verspritzt", berichtet Prechtl.
Die Stellungnahmen aus dem Elisabethenheim stehen laut Landratsamt zum Teil in Widerspruch zu den Zeugenaussagen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens und den Angaben der Vertreter des Impfzentrums. Die Fragen, wer die im Internet kursierende „Impfliste“ mit genauem Dateipfad (E:\Rezeption\Impftermine) geführt und die Termine vergeben hat, seien seitens des Heimes nicht beantwortet worden. "Trotz Aufforderung wurde diese Liste, da sie als hausintern angesehen wurde, nicht vorgelegt."
Aufgrund der Terminvergabe anhand der Liste ergibt sich laut Prechtl, dass entgegen der Stellungnahme der Heimleitung sowie der Zeugenaussagen der Angehörigen schon vor dem 27. Januar Impftermine an Angehörige von Beschäftigten vergeben worden seien. Die bereits am 26. Januar erfolgte Einplanung von Angehörigen stehe im Widerspruch zu Aussagen des Heimleiters. "Die Aufgabe der FQA-Heimaufsicht besteht darin, zu prüfen, ob die stationäre Einrichtung die Qualitätsanforderungen an den Betrieb nach dem Pflege- und Wohnqualitätsgesetz erfüllt sowie die Würde sowie die Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner vor Beeinträchtigungen zu schützen", stellt der Behördensprecher fest. "Nachdem Bewohnerinteressen durch die Impfung nichtpriorisierter Personen nicht beeinträchtigt wurden, besteht seitens der FQA keine Möglichkeit mehr, die festgestellten Widersprüchlichkeiten aufzuklären. Dies bleibt dem Einrichtungsträger bzw. dem Arbeitgeber der Einrichtungsbeschäftigten vorbehalten". Das bedeutet: Über mögliche arbeitsrechtliche Schritte muss die Spitalstiftung, letztlich also der Oberbürgermeister und der Stadtrat entscheiden.
Kein Beschäftigungsverbot
"Mangels der Möglichkeit weiterer Sachverhaltsaufklärung kommt die FQA, auch in Anbetracht der bestehenden Widersprüchlichkeiten, unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens und Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Anordnung eines Beschäftigungsverbotes bei keiner der beiden Leitungskräfte vorliegen", so Prechtl. Bei der Zulassung von nicht priorisierten Personen zur Impfung handle es sich um ein Fehlverhalten, das nicht den Betrieb der stationären Pflegeeinrichtung an sich betrifft.
Ein Heimleiter müsse nach der Persönlichkeit, seiner Ausbildung und seinem Werdegang die Gewähr dafür bieten, dass das jeweilige Heim entsprechend den Bedürfnissen seiner Bewohner sachgerecht und wirtschaftlich geführt wird, betont Prechtl. "In Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erscheint ein Beschäftigungsverbot aufgrund der Verfehlung bei der Vorbereitung der Impfung, bei der kein Bewohner zu Schaden gekommen ist, als unverhältnismäßig." Der Heimleiter leite seit Jahren die Einrichtung mit 178 Bewohnern, Ordnungswidrigkeiten seien bislang nicht festgestellt werden. Mit einer Wiederholung sei nicht zu rechnen. Da der Heimleiter selbst durch den Vorfall keinen Vorteil erlangt habe, "wäre ein derartiger Eingriff in die Berufsfreiheit durch ein Verbot zur Ausübung der weiteren Tätigkeit als Heimleiter unverhältnismäßig." Die Zulassung nicht priorisierter Personen zur Corona-Schutzimpfung führe daher zu keinen heimrechtlichen Ordnungsmaßnahmen.
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