Musik, Festzug, Vereine, ein riesiges Festzelt, jede Menge Essen und natürlich Bier – die Überlegungen zum großen Brauereifest Mitte September dieses Jahres waren schon weit fortgeschritten, als im April wegen Corona die Notbremse gezogen werden musste. Es wäre eines der großen Jubiläen in diesem Jahr gewesen. Wo findet man schon eine Brauerei, die seit vier Jahrhunderten über das Braurecht verfügt?
Wolfgang Rasel (67), Chef des Traditionsunternehmens in dritter Generation, erinnert sich an die Anfänge der Brauerei-Ägide Rasel in Naabeck. Kurz nach dem 1. Weltkrieg kaufte sein Großvater Hans Rasel das Schlossgut Naabeck im Süden von Schwandorf von einem Immobilienmakler. Zu jener Zeit spielte die seit 1620 existierende Brauerei noch eine eher untergeordnete Rolle, im Vordergrund stand die Landwirtschaft.
Von meinem Vater habe ich unternehmerischen Mut geerbt, von meiner Mutter, der Ärztin Dr. Erika Rasel, Menschlichkeit und Kontaktfreude.
Erste Blüte vor rund 65 Jahren
Zu einer ersten Blüte wurde das Unternehmen von Wolfgang Rasels Vater Hans-Jörg und dessen Bruder Eberhard geführt. Die beiden hatten in den Fünfzigern die zündende Idee, Bierwägen einzusetzen, um den Naabecker Gerstensaft an den Privatkunden zu bringen – zu einer Zeit, als man sich das Bier üblicherweise aus dem Wirtshaus im offenen Maßkrug nach Hause holte. „Meinem Vater gelang die Umstrukturierung zu einem modernen Brauereibetrieb,“ bilanziert Rasel und nennt als weiteren wichtigen Schritt die Belieferung von Abholmärkten seit den siebziger Jahren.
1986 bricht dann die Ära des heutigen Brauereibesitzers an. Wolfgang Rasel hatte nach seinem Studienabschluss als Diplom-Kaufmann an der Universität Regensburg zunächst in einer großen Steuerberaterkanzlei in München gearbeitet. „Da habe ich Bilanzen für Brauereien erstellt,“ weiß er noch gut. Danach ging er bei einer oberbayerischen Brauerei in den Verkauf, um schließlich in der ersten Hälfte der achtziger Jahre bei „Löwenbräu“ Ländergruppenleiter.
Bald vierte Generation
Der Tod seines Onkels im Jahr 1985 bringt Wolfgang Rasel zurück nach Naabeck. Er beerbt seinen Verwandten in der Betriebsführung und nach dem Tod seines Vaters 1989 übernimmt er als alleine Verantwortlicher die Regie im Unternehmen. „Von meinem Vater habe ich unternehmerischen Mut geerbt, von meiner Mutter, der Ärztin Dr. Erika Rasel, Menschlichkeit und Kontaktfreude," versichert er.
Zwischenzeitlich steht die vierte Generation in den Startlöchern. Mit 70 will der Seniorchef das Unternehmen an seine Tochter Eva (22) übergeben, die derzeit noch studiert. Bis dahin sind hoffentlich auch alle großen Baumaßnahmen über die Bühne gegangen, die dem Traditionsbetrieb mit seinen 42 Beschäftigten die Zukunft sichern sollen.
Mit eigenem Quellwasser
„Was hat unsere Dorfbrauerei, was andere nicht haben?“ Die Antwort: Das Wasser aus einer mitten im Hof gelegenen, 70 Meter tiefen Quelle, das zum Brauen genutzt wird. Von den 1000 Brauereien in Deutschland können keine sieben Prozent mit eigenem Quellwasser arbeiten. Darauf ist man in Naabeck durchaus stolz. Ein wichtiger Grundsatz lautet überdies Frische statt Konservierung. „Wir bekennen uns zu frischem Bier ohne künstliche Haltbarmachung,“ heißt das unternehmerische Glaubensbekenntnis, das man auch in einem Faltblatt nachlesen kann. Dem Brauereiensterben hält Wolfgang Rasel sein anderes Credo entgegen: „Wir müssen immer wieder investieren, um modern zu bleiben, und unser Kapital in den Betrieb stecken.“ (td)
Kommentare
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.