Schwarzenfeld
14.12.2020 - 17:56 Uhr

Stinkefinger auf dem Weg durch die Instanzen

Wer mit dem Zeigefinger droht, muss keine strafrechtlichen Konsequenzen befürchten. Kritisch wird es erst dann, wenn jemand den Mittelfinger ausstreckt. Genau darum drehte es sich in einem durch mehrere Instanzen gehenden Prozess.

Symbolbild: Oliver Berg/dpa

Wer mit dem Zeigefinger droht, muss keine strafrechtlichen Konsequenzen befürchten. Kritisch wird es erst dann, wenn jemand den Mittelfinger ausstreckt. Genau darum drehte es sich in einem durch mehrere Instanzen gehenden Prozess.

Der Wagen vor ihm war ihm wohl zu langsam auf der Autobahn unterwegs. Da soll dann im Sommer 2019 ein Mann aus dem Raum Tirschenreuth der Frau am Steuer des vorausfahrenden Personenwagens beim Überholen seinen Mittelfinger gezeigt haben-und das gleich mehrfach.

Nicht lange danach wurde das Ereignis, geschehen auf der A 93 nahe Schwarzenfeld, aktenkundig. Zu diesem Zeitpunkt konnte aber noch keiner ahnen, dass damit eine Art von kleiner Justiz-Lawine losgetreten wurde.

Der 65-Jährige bekam einen Strafbefehl von der Staatsanwaltschaft, mochte die Geldbuße nicht bezahlen und zog mit Anwalt Dominik Kriegel (Weiden) vor das Schwandorfer Amtsgericht. Dort wurde heuer im September länger verhandelt, wobei dann Aussage gegen Aussage stand. Die Autofahrerin wollte drei oder sogar vier Mal den sie beleidigenden Stinkefinger wahrgenommen haben. Der auf der Anklagebank sitzende Nordoberpfälzer beharrte darauf: "Ich habe mit dem Zeigefinger gemahnt, etwas schneller zu fahren."

Der Prozess in Schwandorf endete mit einem Erfolg für den 65-Jährigen.Die Richterin erkannte Widersprüche und sah sich nicht in der Lage, sie zweifelsfrei aufzuklären. Den daraufhin von ihr formulierten Freispruch aber focht die Staatsanwaltschaft an. Sie wollte den Mann verurteilt sehen.

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Ein Prozess wegen Beleidigung ist vor dem Amberger Landgericht eher die Ausnahme. Jetzt gab es ihn. Vor der Dritten Strafkammer sollte die Sache noch einmal aufgerollt werden. Allerdings sah sich der Kammervorsitzende Peter Hollweck gleich am Beginn zu dem Hinweis veranlasst: "Am Zeigen des Stinkefingers könnte etwas Wahres gewesen sein". Deshalb hielt Hollweck "einen Schuldspruch in dieser zweiten Instanz nicht für ausgeschlossen." Der Wink quasi mit dem Zaunpfahl geschah nach eingehendem Aktenstudium, dem sich der Richter im Vorfeld der Verhandlung gewidmet hatte.

Um allen Beteiligten einen erneuten längeren Prozess zu ersparen, machte der Vorsitzende einen Vorschlag. Er lautete: "Das Verfahren könnte gegen Geldauflage eingestellt werden." So geschah es dann auch nach kurzer Debatte. Der 65-Jährige bezahlt jetzt 400 Euro und damit annähernd jenen Betrag, der ganz zu Anfang des Verfahrens im Strafbefehl stand. Allerdings bekommt er damit keinen Eintrag ins Register.

 
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