"Seit den Tagen Knorr von Rosenroths (+1689) hatte Sulzbach in der Oberpfalz über mehr als zweieinhalb Jahrhunderte hinweg einen ausgezeichneten Ruf als Stadt der 'Schwarzen Kunst'. So war ,Gedruckt in Sultzbach' landauf, landab eine geschätzte Qualitätsmarke", berichtet Markus Lommer im SRZ-Gespräch.
Dies gelte gerade auch für den kirchlichen Bereich und die religiöse Welt überhaupt. Bei seinen historischen Recherchen fand er nun die Bestätigung, dass ein heute noch gern gesungenes katholisches Kirchenlied, das auch sehr gut in die Weihnachtszeit passt, vor fast 350 Jahren in Sulzbach erstmals aus den Druckerpressen kam.
"Das Lied ,Ave Maria zart' besingt in ursprünglich fünf Strophen die Verkündigung Jesu durch den Erzengel Gabriel und seine Menschwerdung. Vier Strophen davon finden sich - in etwas modernisierter Textform - unter der Nr. 527 im aktuellen katholischen Gesangbuch ,Gotteslob'. Dort wird zwar angegeben, dass Text und Melodie 1675 von Johann Georg Braun veröffentlicht wurden, von ,Sulzbach' ist dort aber nicht die Rede. Darauf stößt man erst in der einschlägigen Fachliteratur oder auf speziellen Internetseiten. Oder wenn man sich auf die Suche nach dem Originaldruck begibt", erläutert der Stadtheimatpfleger seine Suche.
Wie er weiter angibt, sei dieser 1675 bei Abraham Lichtenthaler in Sulzbach hergestellte Druck jedoch mittlerweile so selten geworden, dass es nur noch ganz wenige Exemplare davon gibt. Eines davon bewahrt die Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München in ihrem Depot auf. Deren "Abteilung Altes Buch" dankt der promovierte Theologe an dieser Stelle für die Abdruckgenehmigung.
Nach Lommers Erkenntnissen gab der Chorregent von St. Nikolaus zu Eger, Johann Georg Franz Braun (um 1630-1678) wenige Jahre vor seinem Tod in Sulzbach ein später als "Egerisches Gesangbuch" bekanntes Werk in Druck. Braun hatte auch schon 1664, als die frisch gegründete Sulzbacher Druckerei Lichtenthaler noch nicht ganz 'startklar' war, unter dem Titel "Marianischer Psalter" ein Gesangbuch in Eger veröffentlicht. Als dieses vergriffen war, hat er seine Sammlung althergebrachter Lieder um einige selbst verfasste und neu komponierte Gesänge ergänzt. Als Verleger wählte er für die neue Version die renommierte Firma Endter in Nürnberg, welche - wie auch im vorliegenden Fall - zu jener Zeit nicht selten im toleranten Sulzbach drucken ließ, vor allem wenn es sich um katholische Titel handelte.
"Ave Maria zart" ist gemäß Lommers Angaben auf den Seiten 21 bis 23 im ersten von sechs Teilen mit Liedern zum Lauf des Kirchenjahrs (hier: erster Abschnitt "Advent-Gesänger [!]") abgedruckt. "Für wen das Gesangbuch gedacht war, verrät der Titel gegen Ende: ,Aller andächtig-catholischen Christen zum nutzlichen Gebrauch der Herren Schul- und Kirchen-Bedienten allenthalben, bey denen zuhaltenen Gottesdiensten und Wallfahrten, mit annehmlichen Melodeyen, zum Singen und Schlagen, aufs fleissigste gestellet von Johanne Georgio Braun, von Ubthal, Chor-Regente in Eger", zitiert der Stadtheimatpfleger.
Liedstrophen im Gotteslob
1. Ave Maria zart, du edler Rosengart, lilienweiß, ganz ohne Schaden,ich grüße dich zur Stund mit Gabrielis Mund: Ave, die du bist voller Gnaden.
2. Du hast des Höchsten Sohn,Maria rein und schön, in deinem keuschen Schoß getragen, den Heiland Jesus Christ, der unser Retter ist aus aller Sünd und allem Schaden.
3. Denn nach dem Sündenfall wir warn verstoßen all und sollten ewig sein verloren. Da hast du, reine Magd, wie dir vorhergesagt, uns Gottes Sohn zum Heil geboren.
4. Darum, o Mutter mild, befiehl uns deinem Kind, bitt, dass es unser Sünd verzeihe, endlich nach diesem Leid die ewig Himmelsfreud durch dich, Maria, uns verleihe.
Gotteslob 527 (moderne Fassung).
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