Für die große Modenschau im Capitol im Herbst vergangenen Jahres hat Astrid Reyzl fünf alte Brautkleider upgecycelt - eine Idee, die beim Publikum sehr gut ankam. "Die waren alle super-begeistert", sagt die junge Schneiderin und Designerin, der das Atelier Reyzend gehört, und freut sich über dieses Lob gewaltig. Viele fanden Upcycling von Brautkleidern, die teilweise Jahre oder Jahrzehnte nutzlos im Kleiderschrank hängen und für den Altkleidersack oder die Mülltonne doch zu schade sind, eine coole Idee. Den Satz "Ich hätte auch noch mein altes Brautkleid daheim" hörte Astrid Reyzl nach der Modenschau ziemlich oft.
Dass einige dann ihr gutes Stück wirklich bei ihr vorbei brachten, freut Astrid Reyzl ebenfalls. Sie ist überzeugt, dass die nächste Modenschau garantiert kommen wird, wenngleich es noch völlig offen ist, wann das angesichts der Coronavirus-Pandemie sein wird. "Die Leute haben echt fleißig ihre Sachen bei mir abgegeben", erzählt die Fachfrau für Mode.
Zweitverwertung für Deckchen
Entzückt war sie, als eine Dame ihr handbesticktes Leinen und auch Kissenbezüge mit alter Lochstickerei anbot - was sie natürlich dankbar annahm. "Heute legt man sich das eben nicht mehr als Deckchen auf den Tisch", sagt sie. "Aber in Kombination mit einem Brautkleid lassen sich da garantiert hübsche Sachen draus machen." Beeindruckt ist sie, wieviel Zeit die Frauen einst investierten, um in Handarbeit das Leinen oder die Kissenbezüge zu besticken. "Kostbare Stickereien, an denen Frauen früher viele Stunden gearbeitet haben, sind eine ganz andere Hausnummer als industriell produzierte Spitze aus China", macht die Expertin deutlich.
Bei den Brautkleidern, die bei Astrid Reyzl abgegeben wurden, war querbeet alles dabei, teilweise Farbiges. "Es hat ja nicht jeder ganz klassisch geheiratet." Dennoch: Weiß dominiert natürlich. "Viel Stoff, üppig mit Rüschen, aber auch schlicht und ganz brav." Astrid Reyzl schätzt, dass die Brautkleider, die sie nach der Modenschau im Herbst bekommen hat, ab etwa 1960 gefertigt sind. Eines der Stücke ist mega-kurz: ein Minikleid, das gerade so über den Po reicht. Ob sie daraus ein Maxikleid zaubern wird? Astrid Reyzl weiß es noch nicht. "Es wäre auch witzig, es als Minikleid zu lassen - warum nicht?", denkt sie laut nach. Obwohl sie für das eine oder andere Stück durchaus schon Ideen hat, festlegen will sie sich noch nicht. "So wirklich definitiv mache ich das erst, wenn die Modenschau steht und ich die Models dafür habe." Schließlich soll das upgecycelte Werk auch zu seiner Trägerin passen.
Astrid Reyzl hat nicht nur Brautkleider bekommen, sondern auch die dazugehörigen Hochzeits-Geschichten gehört. "Die Damen haben mir erklärt, warum sie sich für dieses oder jenes Kleid entschieden haben, warum es schlicht sein sollte - oder eben kurz." Unisono fanden es alle schön, dass ihrem Brautkleid, das so lange ein nichtbeachtetes Dasein im Kleiderschrank fristet, nun zu neuem Glanz verholfen wird. "Die Option, dass es jetzt noch von irgendwem getragen wird, ist für viele ein schöner Gedanke", weiß Astrid Reyzl. So werde das einst teure und auch wichtige Stück vor der Mülltonne oder dem Einstampfen bewahrt. "Darüber sind die meisten froh." Astrid Reyzl warnt aber auch diejenigen vor, die sich von ihrem gut im Kleiderschrank gehüteten Schatz dann doch trennen: Es könne sein, dass sie es komplett auseinander nehme. Dagegen hatte noch niemand was einzuwenden: Allemal besser für ihr Kleid, als im Schlund des Altkleidercontainers zu verschwinden.
Mundschutz als Mode-Accessoire
In der Coronakrise und den damit verbundenen Lockdown steht die Nähmaschine im Atelier Reyzend in der Altstadt nicht still. „Ich nutze die Zeit, um all das abzuarbeiten, was keine Terminsachen waren“, sagt Inhaberin Astrid Reyzl. Außerdem näht sie Gesichtsmasken, die die Bürger ab 27. April bayernweit verpflichtend in Geschäften und im ÖPNV tragen müssen. Anfangs stattete sie damit nur ihre Familie, Freunde und Bekannte aus, später auch Arztpraxen. Inzwischen hätten sich aber mehr und mehr Kunden gemeldet und sich danach erkundigt. Den Masken, die das Gegenüber schützen sollen, bescheinigt die Schneiderin und Designerin ein erhebliches modisches Potenzial. „Das wird das Accessoire des Jahres werden“, schätzt sie. Hinsichtlich des persönlichen Geschmacks böten sich durchaus Varianten: von einfach bis deluxe (mit Futter), mit Bändchen zum Binden oder Gummiband – und auch abgestimmt auf das Outfit wie beispielsweise Tracht.















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