Sulzbach-Rosenberg
31.03.2023 - 14:34 Uhr

Grüne sehen Bayern von der Klimaneutralität noch weit entfernt

Wenn in zwei Wochen die letzten Reaktoren abgeschaltet werden, endet das Kapitel Atomkraft-Nutzung in der Bundesrepublik. Bei einer Veranstaltung in Sulzbach-Rosenberg diskutierten die Grünen über das, was danach kommt.

von mfh

2011 hat die damalige Bundesregierung den Atomausstieg zum Jahresende 2022 beschlossen. Wegen des Ukrainekriegs und der Energiekrise verlängerte das aktuelle Berliner Kabinett um Kanzler Olaf Scholz die Laufzeiten der Reaktoren bis 15. April 2023. Zwei Wochen vor diesem Stichtag hatten die Sulzbach-Rosenberger Grünen zu einem Vortrag über den Atomausstieg eingeladen. 35 Interessierte hörten im Capitol dem Diplom-Physiker Christian Küppers zu, der seit 1986 Mitarbeiter im Öko-Institut ist und der Strahlenschutzkommission im Beratungsgremium des Umweltministeriums angehört.

Küppers kritisierte nicht nur die Schönfärberei im sprachlichen Umgang mit Atomkraftwerken, zum Beispiel in der Behauptung "Deutschland hat die sichersten Anlagen", sondern auch die Gefahr durch menschliches Versagen dort. Er wies auf den kaum bekannten Störfall von Biblis A im Dezember 1987 hin, bei dem radioaktives Kühlwasser aus dem Sicherheitsbehälter entwichen sei.

Fusionsreaktor in weiter Ferne

Auch zum Thema Fusionsreaktor nahm Christian Küppers Stellung. Tatsächlich produziere diese Technik weniger radioaktiven Abfall. Der Dauerbetrieb einer solchen Anlage liege aber in weiter Ferne. Und der Referent sagte unmissverständlich: "Ich finde es unsinnig, so viele Forschungsgelder in das Projekt Fusionsreaktor zu stecken."

In der anschließenden Diskussion kritisierte die Yogalehrerin und Direktkandidatin der Grünen für die Landtagswahlen 2023, Simone Maaß, jene Länder, die heute noch neue Anlagen bauen und so das Gefährdungspotential ausweiteten. Dagegen fragte der Hirschauer Stadtrat Christian Feja: "Können wir uns die ganze Veranstaltung und Diskussion nicht sparen, weil ja am 15. April die letzten AKWs abgeschaltet werden?"

Rund sechs Prozent des Energiebedarfs in Deutschland kämen bis zum 15. April noch aus Kernkraftwerken, hatte Küppers in seinem Vortrag wissen lassen. Auf die Frage nach dem Weg zu 100 Prozent erneuerbaren Energien und Klimaneutralität bis 2040 versuchte Laura Weber Antworten zu finden. Die Oberpfälzer Spitzenkandidatin der Grünen für die Landtagswahl und Geschäftsführerin der Zeno-Natur GmbH in Floß sagte deutlich: "Wir sind nicht auf dem besten Weg. Um Klimaneutralität zu erreichen, müssen wir über alle Technologien nachdenken, auch über die CO2-Speicherung."

"Wärmewende muss kommen"

Weber gab zu bedenken, das derzeit nur 46 Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden. 20 Prozent des CO2-Ausstoßes würden durch die Bereitstellung von Kälte und Wärme verursacht. Deswegen müsse die Wärmewende kommen. Die Alternativen zu fossilen Energieträgern sah die ehemalige Mitarbeiterin der OTH Amberg zwiespältig. Beim Thema Wasserstoff müsse man Prioritäten für die Industrie setzen, beim Bio-Gas müsse man die Energiebilanz in seiner Gesamtheit berücksichtigen.

Stadtrat Karl-Heinz Herbst monierte in diesem Zusammenhang, dass Oberpfälzer Windräder oft stillstehen und so Kapazitäten vergeudet würden. Ihre Überschüsse könnten doch für die Wasserstoffproduktion genutzt werden. Weitere Fragen und Statements zum Thema Windkraft führten letztlich zu einer Ursache, die Christian Feja mit drei Worten zusammenfasste: "Es fehlt Infrastruktur."

Der Umweltbeauftragte der Stadt Sulzbach-Rosenberg, Peter Zahn, fasste die Veranstaltung in einer eigenen Wertung zusammen: "Wir müssen weg von der Versorgung durch Großstrukturen und hin zu kleinen Versorgungseinheiten. Das sollte man bei der Ausweisung von Neubaugebieten von Anfang an entsprechend berücksichtigen!"

 
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