Neues Ambulantes Zentrum in Sulzbach-Rosenberg und Königstein nimmt Betrieb auf

Sulzbach-Rosenberg
06.04.2022 - 14:49 Uhr
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Das Kommunalunternehmen der Krankenhäuser im Landkreis Amberg-Sulzbach hat ein Ambulantes Zentrum eröffnet. Es soll den Ärztemangel auf dem Land entschärfen. Besonders für die Gemeinde Königsstein ist das eine gute Nachricht.

Das Problem, dass es auf dem Land zu wenig niedergelassene Ärzte gibt, besteht schon lange. Dieser Lage ist sich auch Landrat Richard Reisinger bewusst. "Leider ist es so, dass viele niedergelassene Haus- und Fachärzte im ländlichen Bereich kaum mehr Praxisnachfolger finden können." Um diesem Trend zumindest ein wenig entgegenwirken zu können, haben das St.-Anna-Krankenhaus in Sulzbach-Rosenberg und die St.-Johannes-Klinik in Auerbach, kurz: das Kommunalunternehmen der Krankenhäuser im Landkreis Amberg-Sulzbach, ihr neues Ambulantes Zentrum Anfang April eröffnet. Davon wird nicht zuletzt die Gemeinde Königsstein profitieren, in der rund ein Jahr lang eine Hausarztpraxis leerstand.

Versorgungslücke schließen

Die Schwierigkeiten, junge Ärzte aufs Land oder in die kleine Stadt zu locken, hat sich in den vergangenen Jahren nicht verändert. Reisinger, der auch als Verwaltungsratsvorsitzender der Krankenhäuser im Landkreis fungiert, sagt: "Die hohe Arbeitsbelastung sowie das wirtschaftliche Risiko als selbstständiger Arzt in eigener Praxis entspricht oftmals nicht mehr den Vorstellungen der jungen Mediziner."

Umso notwendiger erscheint in diesem Licht das neue Ambulante Zentrum, das aus zwei Bausteinen besteht. Zum einen gibt es nun eine neurochirurgische Praxis unter der Führung von Marc Wenzl. Diese ist im Erdgeschoss des Fachärztezentrums im St.-Anna-Krankenhaus in Sulzbach-Rosenberg untergebracht. Wenzl wird sich eigenen Aussagen zufolge weiterhin auf Wirbelsäulenerkrankungen konzentrieren. "Die Behandlung von Erkrankungen, Verletzungen oder Verletzungsfolgen an der Wirbelsäule gehört in die Hand erfahrener Spezialisten., die nicht nur die operativen, sondern auch die konservativen Methoden beherrschen", sagt er.

Freiwillig aufs Land

Zum anderen besteht das Ambulante Zentrum aus einer Praxis für Allgemeinmedizin, die zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt. Neben einem Standort im Fachärztezentrum gibt es auch eine Filialpraxis in Königsstein. Besonders letztere schließt eine wichtige Lücke. Der Bereitschaft des Allgemeinmediziners Thomas Rauner ist es zu verdanken, dass die bereits seit einem Jahr geschlossene Hausarztpraxis in Königsstein wiederbelebt wird. Besonders für ältere, weniger mobile Menschen in Königsstein dürfte das eine enorme Erleichterung darstellen.

Die Königsteiner Praxis hat derzeit allerdings nur zwei Tage in der Woche Sprechstunde. Nichtsdestoweniger gebührt Rauner in den Augen des Unternehmens-Vorstands Roland Ganzmann enormer Respekt für seine freiwillige Entscheidung, die Praxis zu übernehmen. "Ich freue mich sehr, dass er sich dazu bereit erklärt hat, für die Aufbauphase des Ambulanten Zentrums sein gewohntes stationäres Krankenhausumfeld zu verlassen."

Konkurrenz für Niedergelassene?

Nun könnte man glauben, dass das neue Zentrum nicht nur Vorteile mit sich bringt, sondern auch Probleme für die bereits ansässigen Fachärzte im Landkreis und in der Stadt Sulzbach-Rosenberg. Warum sollten junge Medizinier überhaupt noch auf die Idee kommen, eine eigene Praxis im Landkreis zu eröffnen und dabei das volle wirtschaftliche Risiko bei hoher Arbeitsbelastung tragen, wenn ihnen als Konkurrenz ein Ambulantes Zentrum gegenübersteht, bei dem die Ärzte ein geregeltes Einkommen haben, ohne unter wirtschaftlichem Druck zu stehen?

Diese Frage hält Krankenhausvorstand Ganzmann für deplatziert. Er erklärt: "Das Kommunalunternehmen versteht sich mit seinem Ambulanten Zentrum explizit keinesfalls als Konkurrenz zu den Niedergelassenen, sondern als kompensatorisches Element ansonsten wegbrechender Strukturen."

Eröffnung nur der erste Schritt

Ganzmann zufolge soll es in erster Linie darum gehen, "Fachärzten der Zukunft" eine Option zu bieten, "zu modernen Rahmenbedingungen an der ambulanten Versorgung der Bevölkerung teilzunehmen". Auch der Geschäftsführer der neuen Einrichtung, Thomas Baldauf, hofft, dass die Eröffnung des Ambulanten Zentrums mit den Standorten in Sulzbach-Rosenberg und Königsstein erst der erste Schritt auf einem langen Weg hin zu einer Zukunft war, in der die Menschen im Landkreis die absolut bestmögliche medizinische Versorgung direkt vor der Haustür bekommen können. Ihm zufolge ist es das Ziel, das "Ambulante Zentrum zu erweitern und damit ein möglichst sicheres Standbein des Kommunalunternehmens in der ambulanten Versorgung zu werden".

Zwar hat er hervorgehoben, dass es bei der neuen Einrichtung keinesfalls um Konkurrenz gehen soll, dennoch ist es Krankenhausvorstand Ganzmann ein Anliegen, die Vorteile des Zentrums für junge Mediziner zu betonen: "Mit unserem Ambulanten Zentrum können wir zeitgemäße Anstellungsverträge ohne wirtschaftliches Risiko für den einzelnen Arzt anbieten." Ein Teil dieses lukrativen Angebots soll es sein, dass Mediziner mit Kindern beispielsweise die Möglichkeit bekommen sollen, flexible Teilzeitmodelle zu nutzen, um einen sinnvollen Ausgleich zwischen Familie und Arbeit auf die Reihe zu bekommen.

Organisatorisches Wirrwarr

Nun ist das Kommunalunternehmen für die Krankenhäuser im Landkreis zwar Träger des Ambulanten Zentrums. Allerdings läuft die Einrichtung nicht unter dem organisatorischen Dach des St.-Anna-Krankenhauses. Dahinter steckt ein komplexes System, das streng zwischen Gründern, Betreibern und vertragsärztlich tätigen Medizinern unterscheidet. Auf Anfrage kann die Pressesprecherin des St. Anna-Krankenhauses, Marie Ehras, etwas Licht ins Dunkel bringen. Sie erklärt, dass die Kassenärztliche Vereinigung für die ambulante Versorgung zuständig ist und nicht in etwa das Krankenhaus St. Anna. Es geht hier insbesondere um vertragsärztliche Leistungen, zu deren Erbringung das Krankenhaus nicht befugt ist. "Etwas vereinfacht ausgedrückt: Das Krankenhaus kann aufgrund der Sektorentrennung keine vertragsärztlichen Leistungen erbringen."

Was allerdings geht und im Fall des neuen Ambulanten Zentrums auch so geschehen ist: Das Krankenhaus "kann aber unter bestimmten Voraussetzungen ein eigenständiges Medizinisches Versorgungszentrum gründen, das dann per sé vertragsärztlich zugelassen werden kann".

Hintergrund:

Ambulantes Zentrum St. Anna

  • Eröffnung: 1. April 2022
  • Geschäftsführer: Thomas Baldauf, stellvertretender Vorstand des Kommunalunternehmens Krankenhäuser des Landkreises Amberg-Sulzbach
  • Standort: Krankenhausstraße 16a, Sulzbach-Rosenberg
  • Bestandteile: neurochirurgische Praxis unter Leitung von Marc Wenzl und allgemeinmedizinische Praxis unter Leitung von Thomas Rauner mit Filiale in Königstein (Bergstraße 1)
 
 

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