Sulzbach-Rosenberg
05.09.2025 - 14:19 Uhr

"Skandal" und Druck auf Söder und Aiwanger: Die Reaktionen zum Rohrwerk-Aus sind heftig

Die mittlerweile dritte Insolvenz des Rohrwerks Maxhütte in Sulzbach-Rosenberg und der Verlust von 300 Arbeitsplätzen schocken nicht nur die Betroffenen. SPD und Gewerkschaft IG Metall üben massiv Kritik – die Reaktionen im Überblick.

Als Insolvenzverwalter Jochen Zaremba am Montag, 1. September, der Belegschaft des Rohrwerks Maxhütte mitteilte, dass nach aktuellem Stand endgültig Schluss ist mit dem 70 Jahre alten Betrieb, dass die restlichen 300 Mitarbeiter in die Freistellungsphase entlassen werden und sich neue Jobs suchen sollen, da löste das Schockwellen aus. Die gingen weit über Sulzbach-Rosenberg hinaus bis nach München. Zahlreiche Pressemitteilungen und Statements erreichten Oberpfalz-Medien – wir fassen sie zusammen.

IG Metall: "Ein Skandal"

Horst Ott, der seit 2023 die IG Metall Bayern als Bezirksleiter führt, nimmt kein Blatt vor den Mund: "Die Schließung des Rohrwerks Maxhütte ist ein Skandal. Die Beschäftigten haben alles gegeben, jetzt werden sie dafür bestraft." Im Namen der Gewerkschaft "verurteilt" der Amberger die "endgültige Schließung [...] aufs Schärfste".

Auch mit dem Agieren von Insolvenzverwalter Zaremba, der einen guten Ruf genießt und das Rohrwerk bei der zweiten Insolvenz 2024 in letzter Sekunde durch den Einstieg des Investors Edwin Eichler retten konnte, ist Horst Ott nicht zufrieden – vor allem mit Blick auf die Azubis spricht er von einem "nicht nachvollziehbarem Vorgehen". "Dass zum Beispiel auch die Auszubildenden mit sofortiger Wirkung freigestellt wurden, ist nicht nur völlig unüblich, sondern rücksichtslos", so Ott.

Der Ausgang sei für die Belegschaft ernüchternd, denn: Die Mitarbeiter hätten trotz aller Krisen loyal zum Unternehmen gestanden, auf Lohn verzichtet und sogar ein Zukunftskonzept ("Grünes Rohrwerk") entwickelt. "Und wie wird es ihnen gedankt? Indem sie auf die Straße gesetzt werden. So geht man nicht mit Menschen um!"

Bayern-SPD: Herr Kohli soll sich bewegen

"Mit tiefer Sorge" verfolge man die Rohrwerk-Entwicklungen in Sulzbach-Rosenberg, lässt der Bayern-Landesverband der SPD verlauten. Die Mitarbeitenden seien "einfach vor die Tür gesetzt" worden. Das sei ein "herber Rückschlag für die Oberpfalz und für die bayerische Industrie insgesamt".

Gänzlich abfinden will sich die SPD aber mit dem scheinbar endgültigen Aus nicht. Von der britischen Mertex-Gruppe und deren Eigentümer Jas Kohli "erwarten" die Sozialdemokraten "Kompromissbereitschaft" und eine "schnelle Lösung zum Wohle der Beschäftigten". Gemeint ist damit wohl, dass Kohli, dem das Rohrwerk-Gebäude (RMH Immobilien GmbH) sowie die Maschinen und Anlagen (RMH Asset GmbH) gehören, auf eine Einigung hinarbeiten soll mit Investor Edwin Eichler, der als Chef des operativen Geschäfts für die Mitarbeiter/das Personal zuständig ist (RMH Produktion GmbH). Denn nur alle drei Gesellschaften zusammen können vernünftig wirtschaften, da sie aufeinander angewiesen sind.

Kohli habe eine "völlig unrealistische und überzogene Kaufpreisforderung" aufgestellt, Eichler somit Gebäude und Anlagen nicht kaufen können, teilte Eichler in einem Schreiben an die Rohrwerker mit, welches Oberpfalz-Medien vorliegt. Welche Ansicht Kohli dazu hat, ist unklar. Er ließ Presseanfragen unbeantwortet.

Die Pressemitteilung ist von Ronja Endres (SPD-Landesvorsitzende), Bettina Moser (SPD-Ortsvorsitzende Sulzbach-Rosenberg), Karl-Heinz König (Ex-Betriebsratschef Rohrwerk) und Anna Gmeiner (SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeit/AfA-Vorsitzende Oberpfalz) unterschrieben. Darin setzen sie auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) unter Druck: "Es reicht nicht, die Entwicklung von der Seitenlinie zu kommentieren und leere Versprechungen zu machen." Die Landesregierung solle "aktiv vermitteln und alles daran setzen, die Arbeitsplätze in Sulzbach-Rosenberg" zu sichern.

Reinhold Strobl: "Aus muss nicht endgültig sein"

Der frühere Bundes- und Landtagsabgeordnete Reinhold Strobl (SPD) hat sich in einem Brief an Ministerpräsident Markus Söder und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger gewandt. In dem Schreiben, das Oberpfalz-Medien vorliegt, zeigt sich Strobl "erschüttert" über das, was Investor Edwin Eichler in einem Brief an die Rohrwerk-Belegschaft als Grund für das Aus mitteilte. Eichler schreibe darin, "dass sich Mertex/Herr Jas Kohli weigert, sich mit ihm über die Nutzung von Anlagen und Gebäuden zu einigen. Mertex habe es sogar abgelehnt, mit ihm über die [...] Kaufpreisforderung überhaupt zu verhandeln."

Strobl, Amberg-Sulzbacher Kreisrat und Stadtrat in seinem Heimatort Schnaittenbach, schlussfolgert: "Diese Auszüge aus dem Schreiben verdeutlichen, dass das Aus des Rohrwerks nicht endgültig sein muss. Hier ist ein politischer Druck durch die Bayerische Staatsregierung dringend nötig." Mit Blick auf die nahtlosen Rohre, die beispielsweise auch für Projekte der Energiewende gebraucht werden, sagt Strobl, das Rohrwerk stelle "gute Produkte" her. Und weiter an die Regierung gerichtet: "Helfen Sie mit, dass dies auch in Zukunft geschehen kann."

SPD-Landtagsfraktion: Aiwanger soll eingreifen

Holger Grießhammer, SPD-Fraktionschef im Landtag, und Nicole Bäumler, SPD-Abgeordnete aus Weiden, bezeichnen in einem Schreiben an die Presse die Rohrwerk-Lage als "dramatisch" und fordern Hubert Aiwanger auf, "seiner Verantwortung gerecht zu werden und sich aktiv für die Rettung der Arbeitsplätze zu engagieren".

"Speziell das Wirtschaftsministerium" solle "alle Hebel in Bewegung setzen, um das Rohrwerk Maxhütte noch zu retten". Mit ihrer Arbeit hätte die Belegschaft "jahrzehntelang zum Wohlstand in Bayern beigetragen". Die Arbeiter, so Bäumler, "erwarten nun zu Recht die Solidarität der Staatsregierung und damit den Beweis, dass ihr die Menschen nicht egal sind." Aiwanger solle "sofort" Kontakt mit "allen beteiligten Parteien aufnehmen, Vermittlungsgespräche [...] führen und alle Eingriffsmöglichkeiten wie wirtschaftliche Anreize oder staatliche Unterstützungsmaßnahmen prüfen."

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Hintergrund:

Die Geschichte des Rohrwerks Maxhütte

  • Entstanden 1954 als Tochter des Stahlwerks Maxhütte
  • Nach der Maxhütten-Insolvenz ging der Betrieb aus der Insolvenzmasse 1998 an die Max-Aicher-Unternehmensgruppe
  • Callista Private Equity übernimmt das Werk 2021
  • Im Dezember 2021 folgt die erste Rohrwerk-Insolvenz
  • 2022 übernimmt die britische Mertex-Gruppe (Jas Kohli)
  • März 2024 erfolgt die erneute Insolvenz
  • Im Juni 2024 übernimmt die Eichler Consulting AG den Produktionsbetrieb (Edwin Eichler)
  • Im Juni 2025 kommt die dritte Insolvenz. Weil bis September kein neuer Investor gefunden wurde und das Insolvenzgeld ausgelaufen ist, wird das endgültige Aus verkündet. Die Mitarbeiter suchen sich derzeit neue Jobs.
 
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