Lengenfeld bei Waldershof
03.02.2021 - 12:16 Uhr

Den tiefen Glauben offen zeigen

Ein sichtbares Charakteristikum der Oberpfalz sind die vielen Flur- und Dorfkreuze. Im katholischen Lengenfeld, einem Ortsteil der Stadt Waldershof, befinden sich nicht weniger als acht derartige Zeichen der Frömmigkeit.

Dorf- und Flurkreuze sind ein Zeichen tiefer Frömmigkeit. Bild: apr
Dorf- und Flurkreuze sind ein Zeichen tiefer Frömmigkeit.

Fünf Kreuze gibt es innerorts sowie drei Flurkreuze. Egal von welcher Richtung man das geschlossene Dorf betritt, von jeder Seite wird man von einem schmucken Kreuz begrüßt. Da der Ort Lengenfeld nicht zersiedelt ist, sondern alle Häuser und Gebäude kompakt zusammen stehen, begleiten die Gebilde auf Schritt und Tritt. Auffällig: Viele der Kreuze stammen aus der Zeit um 1880, wie Inschriften verraten.

Normalerweise entstanden diese Kreuze nach besonderen Ereignissen wie Unglücken oder Naturkatastrophen. Niemand kann aber in dem Dorf derartige Ereignisse anführen. Das Einzige, was bis heute noch bekannt ist, ereignete sich im Jahr 1893: Eine große Feuersbrunst legte fast den gesamten Ort in Schutt und Asche. Aber da waren viele Kreuze schon errichtet.

Aufbauten aus Stein

Wahrscheinlicher erscheint, dass die Bauern – Lengenfeld war zu dieser Zeit ausschließlich ein Agrardorf - zu einem gewissen Wohlstand gekommen waren und dies zum Ausdruck bringen wollten. Die Kreuze bestanden nämlich nicht aus einfachen Hölzern, sondern hatten Sockel und Aufbauten aus Stein.

Hinzu kommt noch ein religiöser Aspekt. Erst 1935 erhielt Lengenfeld eine Kirche. Man war aber bemüht, schon vorher den christlich-katholischen Glauben nicht nur in der Wohnung, sondern auch nach außen zum Ausdruck zu bringen.

Die Kreuze haben alle eine gleiche Grundstruktur. Auf einem Steinsockel – entweder aus einem Stück oder zusammengesetzt - erscheint die Darstellung der Gottesmutter, manchmal sogar unterstützt durch ein Bild oder durch andere Figuren - zum Beispiel Engel - und ganz oben dann der Gekreuzigte. Nimmt man das Dorfkreuz, das an der Einfahrt von der Verbindungsstraße nahe dem ehemaligen Schulhaus steht, dann kann man ganz gut die Jahreszahl 1882 und die Buchstaben J.K. lesen. Die Buchstaben stehen für Josef Kaiser, dem zu dieser Zeit das Grundstück gehörte und der in der Nähe seine Landwirtschaft hatte.

Tadelloser Zustand

Auffallend die Frische der Farben auf den Kreuzen und der tadellose Zustand. Die Spur führt zu Hermann Kaiser, einem waschechten Lengenfelder. Er versteht sich zwar nicht als Heimatforscher, sondern bezeichnet sich als Mithelfer von Josef Besold, der eine umfangreiche Ahnenforschung für die Lengenfelder Bevölkerung betrieben hat. Hermann Kaiser hat ihn dabei unterstützt und weiß heute ganz genau, wo man nachschauen muss, wenn man etwas wissen will.

Er hatte 1990 eine folgenreiche Idee. Die Kreuze - die meisten schon 100 Jahre alt - waren im wahrsten Sinne in die Jahre gekommen und hatten nicht nur Rost angesetzt, sondern waren auch stark verwittert. Hermann Kaiser entschloss sich, alle Kreuze mit Sandstrahl zu bearbeiten. Und siehe da, es kamen Farben zum Vorschein, die man vorher nicht erkennen konnte. Man machte sich daran, unterstützt durch Privatleute, die Originalfarben aufzubringen, so dass heute zum Teil goldglänzende Objekte zu bewundern sind.

In den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts gewann Lengenfeld im Rahmen des Wettbewerbs „Unser Dorf soll schöner werden“ mehrere Auszeichnungen - unter anderem einen zweiten Platz auf Bundesebene. Die Dorf- und Flurkreuze leisteten einen Anteil dazu.

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Wiesau24.01.2021
Ein schmuckes Kreuz steht auch an der Ortseinfahrt von Westen beim ehemaligen Lengenfelder Schulhaus. Bild: apr
Ein schmuckes Kreuz steht auch an der Ortseinfahrt von Westen beim ehemaligen Lengenfelder Schulhaus.
 
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