Tirschenreuth
09.11.2018 - 10:17 Uhr

Der Ersten Weltkrieg in Tirschenreuth

In Tirschenreuth geht am 2. August 1914 der Polizeidiener Anton Iblacker mit einer Glocke durch die Straßen der Stadt und verkündete den Krieg. Welche Auswirkungen der Krieg auf die Stadt hat, weiß Historiker Eberhard Polland.

Im Altarraum der Tirschenreuther Stadtpfarrkirche befand sich bis in die 60er Jahre ein Altar mit den Namen der gefallenen Tirschenreuther des Ersten Weltkrieges. Für Stadtheimatpfleger Eberhard Polland ist es völlig unverständlich, warum ihn der damalige Stadtpfarrer Georg Steiger aus der Kirche entfernen ließ. Bild: pol
Im Altarraum der Tirschenreuther Stadtpfarrkirche befand sich bis in die 60er Jahre ein Altar mit den Namen der gefallenen Tirschenreuther des Ersten Weltkrieges. Für Stadtheimatpfleger Eberhard Polland ist es völlig unverständlich, warum ihn der damalige Stadtpfarrer Georg Steiger aus der Kirche entfernen ließ.

Schon bald nach der Verkündung wurden die Heerespflichtigen zu den Waffen gerufen. Auch im Stiftland waren die jungen Männer begeistert und stolz, für Volk und Vaterland kämpfen zu dürfen. Sie bestiegen singend den Morgenzug nach Wiesau und waren der festen Überzeugung in ein bis zwei Wochen wieder zurück in der Heimat zu sein.

Stimmung schlägt um

Die täglichen Pressemeldungen im "Tirschenreuther Volksboten" unterstützten diese Annahme und bezeichneten den Kriegseinsatz mehr als Abenteuer. Doch schon nach einigen Wochen erschienen erste Verlustlisten gefallener deutscher Soldaten, auch im Lokalteil mehrten sich die Todesanzeigen Tirschenreuther Söhne. Im ganzen Land wurden eiligst Reservelazarette eingerichtet um die zurücktransportierten Verwundeten bestmöglich versorgen zu können. Auch im Tirschenreuther Krankenhaus, das sich damals in der Mühlbühlstraße befand, wurde das obere Stockwerk für diesen Zweck geräumt.

Die Pferde der Bauern waren gleich nach Kriegsausbruch eingezogen worden. Statt wie gewohnt nützliche Arbeit in der Landwirtschaft zu leisten, zogen sie nun schwere Geschütze an die Front. Das hatte zur Folge, dass die Felder nicht mehr bestellt werden konnten und die Lebensmittel knapp wurden. Bereits im Februar 1915 gab es nur noch Brot auf Lebensmittelmarken und Fleisch und Wurst wurden zur Seltenheit. Das Bier wurde verwässert - den Tirschenreuther Zoiglwirtschaften wurde genau vorgeschrieben, wie viel sie noch ausschenken durften. Aber auch alle anderen Materialien, wie Stoffe, Leder, Kerzen oder Seife waren nur noch auf Marken zu bekommen. Selbst die Glocken wurden von den Kirchtürmen heruntergeholt und eingeschmolzen, um daraus Kanonen zu gießen.

Verarmung durch Krieg

Wie im ganzen Land, fehlten auch in den Tirschenreuther Fabriken und Handwerksbetrieben die gelernten Arbeitskräfte. Die Porzellanfabrik und die Fabriken Mehler, Hamm, Bloch & Arnstein aber auch das Dampfsägewerk Hübel & Platzer waren gezwungen ihre Produktion weit herunterzufahren. Keine Arbeit, kein Geld, keine Kaufkraft.

Deshalb war es eine Erlösung, als nach vier langen Jahren und drei Monaten Krieg der ersehnte Frieden verkündet wurde. Allein in Tirschenreuth waren 186 junge Männer zu beklagen. Was damals noch niemand erahnen konnte: Dieser Krieg sollte erst eine Vorstufe für das sein, was etwa 20 Jahre später noch folgte. Der Zweite Weltkrieg, der am 1. September 1939 mit dem Überfall auf Polen begann und sechs Jahre dauerte, forderte am Ende weltweit etwa 55 Millionen Menschenleben.

Hintergrund:

Zum Ersten Weltkrieg:

Am 11. November 1918, wurde in der Nähe von Paris das langersehnte Waffenstillstandsabkommen zwischen Deutschland und den Alliierten unterzeichnet. Damit ging eine kriegerische Auseinandersetzung zu Ende. Die traurige Bilanz wies 9,7 Millionen tote Soldaten und etwa 10 Millionen Tote unter der Zivilbevölkerung auf.

Ausgelöst wurde der Krieg durch die tödlichen Schüsse auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie, am 28. Juni 1914 in Sarajevo. Ein Monat später erfolgte die Kriegserklärung Österreich-Ungarns, mit Unterstützung des Deutschen Kaiserreichs, an Serbien. Die Interessenlagen der Großmächte Russland, Frankreich und England ließen den zunächst noch überschaubaren Lokalkrieg in nur wenigen Wochen zu einem Kontinentalkrieg eskalieren. Mit dem Kriegseintritt der USA 1917 war ein Weltkrieg entflammt.

 
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