Es ist ein Trend, der sich Jahr für Jahr in kleinen, dörflich geprägten Landkreisen beobachten lässt. Ein Trend, der sich seit Jahrzehnten auch im Landkreis Tirschenreuth bemerkbar macht: Die Einwohnerzahlen sinken, und das kontinuierlich. Waren es im Dezember 1999 noch 80.421 Menschen, lebten 20 Jahre später im Dezember 2019 noch 72.046 Einwohner im Landkreis.
Die aktuellen Zahlen, die vom Zensus erhoben und nun veröffentlicht wurden, malen ein trauriges Bild: Von Dezember 2018 bis Dezember 2019 hat sich die Zahl der Bewohner erneut um 458 Personen verringert. Das sind in eben dieser Zeitspanne 0,63 Prozent weniger Einwohner. Die blanke Zahl mag auf den ersten Blick gering erscheinen - doch sie entspricht einem halben Ort wie Falkenberg.
Woran könnte das liegen? Was macht der Landkreis falsch? Nachfrage beim Landratsamt Tirschenreuth. Dort sagt Pressesprecher Walter Brucker, es liege am "normal üblichen Wanderungssaldo" und "insbesondere" an der natürlichen Bevölkerungsentwicklung. Übersetzt bedeutet das: Es sterben mehr Menschen als geboren werden.
Der Landkreis versucht, diesem Trend mit einigen Maßnahmen etwas entgegenzusetzen. Eines der Zauberworte: "Bildungsmanagement". Der Landkreis wolle, so Pressesprecher Brucker, "Leute, insbesondere junge Leute, in unserer Region und für unsere Region qualifizieren." Durch Aus- und Weiterbildungen sollen Fachkräfte für die regionalen Firmen gewonnen werden. Brucker verweist außerdem auf die "sehr vielen touristischen Freizeitmöglichkeiten", die einen attraktiven Lebensraum bieten.
Er spricht von einem "Rückkehrmanagement". Eine Imagekampagne soll dabei helfen. Damit wolle der Landkreis, so Brucker, "junge Menschen, die nach ihrer Ausbildung in Ballungsräumen leben und arbeiten, motivieren, in die Heimat zurückzukehren."
Doch was bedeutet das konkret? Brucker verweist auf Volker Höcht. Er ist Ansprechpartner für die Wirtschaftsförderung des Landkreises. Als promovierter Wirtschaftsgeograf habe er, so Höcht, den demografischen Wandel im Blick. Er nennt die Sterberate im Landkreis Tirschenreuth "gravierend", der Wegzug sei dagegen kaum mehr Thema. "Der demografische Wandel ist seit zehn Jahren ein großes Thema." Der Landkreis Tirschenreuth habe dieses Problem damals als einer der ersten Kreise angesprochen.
Doch warum wird erst jetzt eingegriffen? Höcht sagt, dass es bereits Initiativen wie die IKom Stiftland oder die Steinwald-Allianz gebe. Vor allem der neue Landrat, Roland Grillmeier, wolle das Marketing-Thema angehen. Ob der vorherige Landrat Wolfgang Lippert diese Thematik versäumt hat, kann Höcht nicht beantworten. "So lange bin ich noch nicht hier."
Aktuell arbeiten er und seine Kollegen gemeinsam mit regionalen Firmen an einer Marketingkampagne für den "wirtschaftlich dynamischen" Landkreis. Konkret wolle man junge Familien, junge Fachkräfte in den Landkreis holen und Bindungen zu Schulabgängern aufbauen. Dafür seien Höcht und sein Team mit regionalen Unternehmen im Gespräch.
Ein Blick über die Landkreisgrenzen hinweg könnte Aufschluss bringen, wie man die Vorzüge des Landkreises einem breiten Publikum darlegen kann. Denn dort, im Landkreis Wunsiedel, läuft seit einiger Zeit die erfolgreiche Kampagne "Freiraum für Macher". Natürlich, sagt Höcht, stehe er in engem Austausch mit den Initiatoren. "Wir nehmen da Impulse auf, aber wir wollen unsere eigene Kampagne."
Durch die Corona-Pandemie seien die Planungen allerdings ins Stocken geraten - wann sie anlaufen wird, ist deshalb unklar. Wie genau die Marketingaktion aussehen wird, wollte Höcht noch nicht verraten.
19 Gemeinden verlieren, 7 gewinnen
19 Kommunen haben im vergangenen Jahr Einwohner verloren. Sieben haben hinzugewonnen. Prozentual die größten Verluste gab es in Immenreuth. Dort betrug das Minus 2,36 Prozent. In absoluten Zahlen war die Stadt Erbendorf der größte Verlierer (–52 Einwohner). Im zweistelligen Bereich verloren auch die Orte Bärnau, Falkenberg, Friedenfels, Fuchsmühl, Kemnath, Konnersreuth, Kulmain, Mähring, Mitterteich, Plößberg, Pullenreuth, Reuth, Waldershof, Waldsassen und Wiesau.
Den größten Zuwachs, sowohl prozentual als auch in absoluten Zahlen hat Kastl. Elf zusätzliche Einwohner bedeuten ein Plus von 0,79 Prozent. Etwas zulegen konnten auch Bad Neualbenreuth, Brand, Ebnath, Leonberg, Pechbrunn und Tirschenreuth.
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