Der Vorentwurf für den Bebauungsplan für das geplante Ziegler-Werk im Süden von Tirschenreuth liegt vor. „Natürlich hätten wir beschleunigt mit dünnen Unterlagen ins Rennen gehen können. Aber wir wollten im Vorfeld wissen, welche Anforderungen die Fachbehörden haben und alle Unsicherheiten ausschalten“, erklärte Landschaftsplaner Dietmar Narr vom Büro NRT gegenüber Oberpfalz-Medien. Auch wegen der aufwendigen und umfangreichen Erkundungen hätte die Bauleitplanung ein Jahr länger gedauert als veranschlagt.
Die Ziegler-Group will ab dem Frühjahr 2024 in der Kreisstadt ein Holz-Kompetenz-Zentrum für rund 220 Millionen Euro bauen. Rund 1000 neue Arbeitsplätze sollen entstehen. Das Werk für Fertighäuser soll ein Zentrum für neue ökologische und nachhaltige Technologie werden.
„Es wurde nichts gefunden, was das Projekt komplett infrage stellt“, berichtete Narr in der Stadtratssitzung am Montag, bei der mehr als ein Dutzend Zuhörer anwesend war, darunter Mitglieder des LBV und der BI Engelmannsholz. Dennoch hätten die Ergebnisse Arbeit gemacht. Besonders hob Narr die Situation mit den Feuchtgebieten und Wassersystemen heraus, die Verkehrslenkung sowie die faunistische Prüfung hinsichtlich der artenreichen Tierwelt. In der Sitzung wurden dann die Ergebnisse präsentiert:
Industriegebiet
Das Gelände an der B15 sei schon durch den großflächigen Kaolinabbau durch Lärm, Licht und Abgase vorbelastet. Die Stadt habe nur begrenzt Flächen für eine solche Ansiedlung übrig, es gebe keinen alternativen Standort, betonte Bürgermeister Franz Stahl wiederholt.
Das geplante Industriegebiet ist in zwei Zonen eingeteilt: 20 Hektar im Süden für die Produktionshallen, etwa 10 Hektar im Nordosten mit Musterhaussiedlung, Besucherzentrum, Verwaltung und Forschung. Das Areal sei geprägt durch die Schaffung eines großzügigen grünen Rahmens, heißt es im Bebauungsplan-Vorentwurf. Produktionsbedingt werden die Industriebauten maximal 18 Meter hoch. Die Hallen sind zwischen 15 500 und 75 000 Quadratmeter groß.
Im gesamten Industriegebiet seien rund 400 Parkplätze im Grünband entlang der B15 geplant. 300 Parkflächen im Südosten sind davon für die Mitarbeiter vorgesehen. Bei großem Bedarf an Mitarbeitern sei alternativ auch ein Parkhaus möglich. Etwa 100 Stellplätze im Norden sind für Besucher.
Wassersysteme
Nach aktuellem Planungsstand verläuft zwischen den beiden großen Produktionshallen ein 100 Meter breiter Grünstreifen mit kleinem, unterirdischen Bachlauf. Dieser wurde in Absprache mit dem Wasserwirtschaftsamt zum Erhalt der Feuchtgebiete und Wassersysteme geplant. „Damit wollen wir die Eingriffe in den Wasserhaushalt des Engelmannsteichs und des Moores so gering wie möglich halten“, so der Planer. Um die Hallen herum verläuft die Zu- und Abfahrtsstraße für die Hallen II und III. Um den Grünzug nicht zu unterbrechen, werden die Straßen über Brücken geführt. Trotz der „grünen Lunge“ seien die Flächen ausreichend für das Industriegebiet, verdeutlichte Narr.
Im Zentrum des parkartigen Ausstellungsbereichs im Osten mit der wechselnden Musterhaussiedlung und den Verwaltungsgebäuden soll ein neuer Teich entstehen. Dieser hat als Regenrückhaltebecken nicht nur eine optische Funktion. Das Regenwasser wird dort gesammelt, aufbereitet und dann gedrosselt in den Engelmannsteich geleitet.
Verkehr
Für die Erschließung des Musterhaus-Parks mit Besucherzentrum wird ein Kreisverkehr im Nordosten des Areals gebaut. Dies ist das Ergebnis einer Verkehrsprüfung, bei der drei Knotenpunkte betrachtet und der Einfluss der anvisierten Süd-Ost-Tangente um Tirschenreuth berücksichtigt wurden. Laut Gutachten werden für das Bauvorhaben eine Gesamtzahl von 1745 Fahrten pro Tag erwartet. Diese Zahl basiere auf Annahmen zur geplanten Nutzung. Um die geradlinige Streckenführung nicht zu überfordern, sei ein Kreisverkehr die beste Lösung. Dieser verbindet die B15 mit der Äußeren Regensburger Straße, der Bärnauer Straße und später der geplanten Tangente. Die Umstrukturierung ist mit dem Staatlichen Bauamt Amberg-Sulzbach abgesprochen. Der Lieferverkehr soll künftig über eine Zufahrt von der B15 im Osten laufen. Wie es von der Stadt heißt, gebe es dennoch eine erhebliche Einsparung von Transportwegen, weil die Wege vom Hauptstandort Betzenmühle zum Holzbau-Kompetenz-Zentrum kurz seien. Dadurch würden lange Fahrtstrecken zu weit entfernten Verarbeitern von Restholz vermieden – und somit auch der Schwerlastverkehr durch Tirschenreuth verringert.
Vizinalbahn-Radweg
Durch das geplante Industriegebiet verläuft aktuell der Vizinalbahn-Radweg. Dieser wird verlegt und am westlichen Rad des Werksgeländes herumgeführt – ebenso wie zwei Forstwege, die auch Spaziergänger nutzen. Zudem soll es für „Insider“ einen Durchstich des Radwegs durch das Firmengelände geben, der allerdings mit einer Art Schranke versehen wird.
Flora und Fauna
Bei den umfangreichen Umweltprüfungen wurden Vögel, Fledermäuse, Säugetiere wie Biber oder Haselmaus, Amphibien, Reptilien, Libellen, Tagfalter und Heuschrecken untersucht. Sowohl die Auswahl der Tiergruppen als auch die Anzahl der Untersuchungsdurchgänge – teilweise bis zu sechs Mal – wurden mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt. Die Auswertung der Landschaftsökologen und Biologen habe gezeigt, dass im geplanten Gebiet keine Schutzgebiete oder Biotope vorhanden seien.
Narr räumte ein, dass es im Gebiet einen artenreichen Tierbestand gibt. So etwa eine junge Population von Fledermäusen in Nistkästen, die die Stadt vor über zehn Jahren installiert hat. Eine Maßnahme ist die Umsiedlung der Kolonie in einen anderen Teil des Stadtwaldes. Es wurden bereits neue Nistkästen aufgehängt. "Die Tierwelt braucht auch Zeit, sich umzugewöhnen", schilderte Narr. Als weitere Maßnahme werden 33 Hektar Ausgleichsflächen geschaffen, für die Tierwelt artgerecht umgebaut und aufgeforstet.
Das sagt die Ziegler-Group
Auch für die Ziegler-Group hätten schützenswerte Bereiche höchste Priorität, erklärte Ziegler-Geschäftsführer Andreas Sandner gegenüber Oberpfalz-Medien. Man habe um den Feuchtwald herumgeplant und auch die Ausrichtung der Produktionshalle frühzeitig nach den ersten Erkenntnissen der Untersuchungen geändert, um nahe Biotopflächen nicht zu beeinflussen. Auf die Hälfte der Hallendächer kommen Photovoltaik-Anlagen. Die Gebäude erhalten Holzfassaden, erklärte Sandner. Wo dies nicht möglich sei, soll eine Wandbegrünung her. Auf dem Gelände würden insektenfreundliche Lichter installiert, um die Lichtemission so gering wie möglich zu halten. Zudem sollen auf dem Betriebsgelände über 100 Bäume neu gepflanzt werden. Dem Unternehmen sei wichtig, dass sich das Werk in die Landschaft und die Umgebung optimal einfüge.
Flächenbilanz
- Gesamtfläche: 37,17 Hektar
- Industriegebiet: 30,39 Hektar
- Private Grünflächen: 1,68 Hektar
- Öffentliche Grünflächen: 3,30 Hektar
- Straßenfläche: 1,19 Hektar
- Fuß- und Radwege: 0,59 Hektar
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